Prinzipien der deutschen Rechtschreibung

Hallo zusammen, 

ich muss für eine Hausarbeit verschiedene Schülertexte bezüglich ihrer Kompetenzen im Bereich Orthographie analysieren. Als Grundlage wollte ich den Lehrplan (Mittelschule, Deutsch, 6. Klasse) nehmen, in dem steht "Die Schülerinnen und Schüler nutzen die Prinzipien der deutschen Rechtschreibung (phonologisches, silbisches, morphologisches und grammatikalisches Prinzip) zunehmend sicher". 

Mein Problem ist jetzt, dass ich die Prinzipien, so wie sie im Lehrplan genannt werden, nirgends finden kann. Im Duden für Grammatik werden beispielsweise nur das phonographische Prinzip, das silbische Prinzip und das morphologische Prinzip behandelt. In einem Buch zur Orthographie von Dieter Nerius finde ich dagegen eine ganz anderen Einteilung (Phonologisches Prinzip: unterteilt in phonematisches Prinzip, syllabisches Prinzip und intonatorisches Prinzip; Semantisches Prinzip: unterteilt in morphematisches Prinzip, lexikalisches Prinzip, syntaktisches Prinzip und Textprinzip). Ein grammatikalisches Prinzip finde ich in den ganzen Büchern gar nicht. Außerdem habe ich mich gefragt, ob phonologisch und phonographisch dasselbe bedeutet. Ich studiere leider kein Germanistik und bin daher etwas ahnungs- und auch ratlos. Kennt sich von euch jemand besser mit den Prinzipien aus? 

Vielen Dank und liebe Grüße

Hallo Jessi,
die werden immer wieder anders genannt. Eine gute Aufstellung findest du bei Busch und Stenschke (2014), die haben die ersten drei Prinzipien und das außerdem das syntaktische, das vermutlich mit dem grammatikalischen identisch ist (?).

Phonologisches/phonographisches Prinzip: Grob gesagt, "schreibe wie du sprichst", man leitet die Schreibung aus der Lautung ab.
Silbisches Prinzip: Bei der Schreibung sollen Regularien der Silbe beachtet werden (z.B. Dehnungs-H)
Morphologisches Prinzip: Der morphologische Stamm soll in verschiedenen Schreibungen konstant gehalten werden (z.B. Haus - Häuser, nicht Hoiser o.ä.)
Syntaktisches Prinzip: Wörter und Wortgruppen werden gemäß Verwendung im Satz groß oder klein geschrieben (z.B. Satzanfang schreibst man groß). (siehe Busch/Stenschke 2014:63-69, dort ausführlicher und es werden auch noch weitere Prinzipien aufgeführt)

In diesen Threads wird auch etwas zu Orthographieprinzipien besprochen:

• Unregelmäßige Schreibung (Hexe)
  
• Semantisches Prinzip
  
• "Schbielplatts" - graphematische Prinzipien
  
• Verstoß gegen Prinzipien der Schrift?
  
• s-Schreibung und Graphieprinzipien
  

Vielleicht ist ja etwas Hilfreiches dabei.

Vielen Dank für eure Antworten! Das Buch und die anderen Threads werde ich mir anschauen :)

(14.02.2019, 12:58:38)JessiLa schrieb: Ich studiere leider kein Germanistik und bin daher etwas ahnungs- und auch ratlos.

Kein Problem. wenn Du Fragen hast, z.B. zur Fachterminologie, mit der wir hier um uns werfen, dann frag ruhig. Es ist schwierig abzuschätzen, was wir als bekannt voraussetzen dürfen und was nicht.

(15.02.2019, 10:27:16)janwo schrieb:

(14.02.2019, 12:58:38)JessiLa schrieb: Ich studiere leider kein Germanistik und bin daher etwas ahnungs- und auch ratlos.

Kein Problem. wenn Du Fragen hast, z.B. zur Fachterminologie, mit der wir hier um uns werfen, dann frag ruhig. Es ist schwierig abzuschätzen, was wir als bekannt voraussetzen dürfen und was nicht.

Hallo Jan, 

ich bin bis jetzt davon ausgegangen, dass weder phonologisch und phonographisch noch morphologisch und morphematisch dasselbe bedeuten. In der Literatur wird einmal von einem phonologischen Prinzip und einmal von einem phonographischen Prinzip (genauso morphologisch und morphematisch) gesprochen. Werden die Prinzipien wirklich nur anders genannt (wenn ja, wieso?) oder gibt es einen inhaltlichen Unterschied? (ich konnte bis jetzt keinen feststellen). Ehrlich gesagt verwirrt mich das etwas 

Danke und viele Grüße

Das sind in der Tat nur unterschiedliche Namen für dieselben Prinzipien. Die Bezeichnungen phonologisch und morphologisch basieren dabei auf den jeweiligen Subdisziplinen Phonologie und Morphologie, was manche als nicht ganz passend empfinden, weswegen sie dann Bezeichnungen wählen, die sich nicht auf die Subdisziplin, sondern auf den Beschreibungsgegenstand beziehen. 
Phonographisch heißt wörtlich 'lautschreibend', gemeint ist aber 'phonemschreibend' und das ist weitgehend deckungsgleich mit dem phonologischen Prinzip. Theoretisch denkbar wäre ein noch lauttreueres phonetisches Prinzip, das spielt aber praktisch keine Rolle.
Morphematisch bezeichnet ebenfalls die relevante Beschreibungseinheit, hier das Morphem.

(26.02.2019, 20:03:41)janwo schrieb: Das sind in der Tat nur unterschiedliche Namen für dieselben Prinzipien. Die Bezeichnungen phonologisch und morphologisch basieren dabei auf den jeweiligen Subdisziplinen Phonologie und Morphologie, was manche als nicht ganz passend empfinden, weswegen sie dann Bezeichnungen wählen, die sich nicht auf die Subdisziplin, sondern auf den Beschreibungsgegenstand beziehen. 
Phonographisch heißt wörtlich 'lautschreibend', gemeint ist aber 'phonemschreibend' und das ist weitgehend deckungsgleich mit dem phonologischen Prinzip. Theoretisch denkbar wäre ein noch lauttreueres phonetisches Prinzip, das spielt aber praktisch keine Rolle.
Morphematisch bezeichnet ebenfalls die relevante Beschreibungseinheit, hier das Morphem.

Danke!!! :)