Bewerbungsanschreiben - Fragen zur Kommasetzung

Hallo liebes Forum,

ich bin gerade dabei an den Feinheiten meines Bewerbungsanschreibens zu arbeiten und habe nun Fragen zur Kommasetzung, da ich mir an drei Stellen nicht ganz sicher bin, ob ich nun ein Komma setzen muss oder nicht.

1. Satz: "Als angehender Ingenieur der Verfahrenstechnik, bin ich, bedingt durch mein Studium, schon früh auf den Namen ihres Unternehmens (...)"

Komma nach Verfahrenstechnik ja/nein?

2. Satz: "Durch meine bisherigen Erfahrungen, konnte ich meine Teamfähigkeit und Belastbarkeit unter Beweis stellen, indem ich (...)"

Komma nach Erfahrungen ja/nein?

3. Satz: "Schon besuchte Veranstaltungen an der Fachhochschule Recklinghausen, wie z.B. (...) sowie mehrere Seminararbeiten und Vorträge zum Themenkomplex der Verfahrenstechnik, bestärken mich darin, mich nutzbringend in Ihrer Unternehmensstruktur einbringen zu können."

Komma nach Recklinghausen/Verfahrenstechnik ja/nein?

Ich bedanke mich schon einmal recht herzlich im Voraus für eure hilfreichen Antworten!

Mit freundlichen Grüßen,
Winston

Hallo,
also bei Satz 1 und Satz 2 würde ich kein Komma setzen, da die abgetrennten Teile alleine keinen Sinn ergäben; man kann sie nicht einfach so abtrennen. Bei dem 3. Satz bin ich mir nicht sicher, ich glaube, dort kann man eines setzen.

Zu 1 und 2: Nein.

Zu 3: Ja. Generell würde ich dir aber dazu raten, allzu lange und komplexe Sätze zu vermeiden. Eine Aussage pro Satz, verzichte auch zu viele eingeschobene Satzteile. Das ermüdet.

Sagt dir die Texterin, nicht die Linguistin :D

P.S.: Anrede-Sie und Anrede-Ihr/Ihren/Ihnen IMMER groß (Punkt 1: "...auf den Namen Ihres Unternehmens gestoßen").

Kevin, was du meinst, ist das ominöse Vorfeldkomma. Das trifft auch in 3. zu, allerdings ist es hier sogar notwendig, weil gleich ein eingeschobener Teil folgt - noch vor dem Verb des Hauptsatzes. Das meinte ich mit "allzu komplexe Sätze vermeiden". Es sollen ja keine Drei-Wort-Sätze sein, aber wenn das HS-Verb erst in Zeile 3 auftritt, krieg ich regelmäßig Cholera (als Texterin/Lektorin)....

Die Cholera ist übrigens nicht zu ernst zu nehmen - aber ein bisschen Präskriptivismus hat noch keiner schizophrenen Linguistin geschadet.

Hallo ihr beiden,

vielen Dank für eure hilfreichen Antworten! Dann habe ich den Punkt Kommasetzung und Rechtschreibung auch abgehakt. :D

Was die Formulierung anbelangt, so lautet der komplette Satz: "Schon besuchte Veranstaltungen an der Fachhochschule Recklinghausen, wie z.B. Werkstofftechnik und Chemie sowie mehrere Seminararbeiten und Vorträge zum Themenkomplex der Kunststoffe, bestärken mich darin, mich nutzbringend in Ihrer Unternehmensstruktur einbringen zu können." - Irgendeine Idee, wie ich da zwei Sätze raus basteln kann? Mir fällt ehrlich gesagt nichts sinnvolles ein, persönlich finde ich den Satz aber auch nicht zu kompliziert. Oder was meint ihr?

Gruß!

---

Ach, kein Problem, suz!

"bestärken mich darin .... mich einbringen zu können". Moah. Über das Können kann man sich auch in der Probezeit ein Bild machen. Wichtig wäre erst einmal das Wollen - die Motivation.

Teile das Ganze doch auf mit "Ich habe bereits .... besucht. /NEUER SATZ/ Diese Erfahrungen würde ich gern ... einbringen."

Der komplette Satz ist tatsächlich nicht allzu verdreht. Ich hatte nur die Auslassungszeichen gesehen, deshalb... Generell befolgst du hier ja "ein Satz, eine Aussage". Wie gesagt, bleibt noch die Problematik, dass das Verb einfach sehr spät kommt.

Und dass du den Satz nicht kompliziert findest ist klar: Du hast ihn geschrieben. Und wenn noch dazu kommt, dass du ihn im Idealfall mehrere Stunden betrachtest und dran gefeilt hast, ist er dir natürlich noch bekannter und vertrauter. Ergo: Versuche, dich in den Personaler hineinzuversetzen - der liest den Satz zum ersten und vermutlich einzigen Mal. Der Tipp von Bewerbungsberatern, alles von einem/-r Freund/in lesen zu lassen, kommt ja nicht von ungefähr.

(08.11.2011, 18:03:11)suz schrieb: Die Cholera ist übrigens nicht zu ernst zu nehmen - aber ein bisschen Präskriptivismus hat noch keiner schizophrenen Linguistin geschadet.

Schizolinguistik. Das neue Trendfach. *scnr*

Ich bin der Meinung, dass das Komma in 3. nicht obligatorisch ist, da es sich um ein Gefüge mit »wie« handelt, siehe § 78 (2) der amtlichen Regeln.

Ob obligatorisch oder nicht: Das Komma erfüllt in 3. auch die recht wichtige Funktion der "Atempause für den Leser"; der Satz ist ja im Gesamten gesehen recht komplex. Siehe vorherige Diskussion.

Wir hatten über die Agentur auch gerade einen Fall, wo der Kunde der Meinung war, ein Komma sei überflüssig. Es ist letztlich auch eine Überlegung, wie der Text auf die intendierte Zielgruppe wirkt, nicht nur eine rein syntaktische Entscheidung oder eine, die eine mögliche Sinnveränderung mit sich bringt (und in dem Fall obligatorisch ist oder nicht).

---

(08.11.2011, 21:25:34)janwo schrieb: Schizolinguistik. Das neue Trendfach. *scnr*

Ganz schlimmer Fall davon.

Also ich seh das anders.
Satz 3 ist ein Gefüge mit »wie« bei dem das »wie« nicht vergleichend, sondern im Sinne von »zum Beispiel« verwendet wird. Somit greift also § 78 (2) der amtlichen Regeln, der die Kommasetzung in diesen Fällen vom Ermessen des Schreibenden abhängig macht.
Die (nicht verbindliche) Erläuterung des Duden bemerkt hierzu, dass man nachgestellte Erläuterungen mit »wie« in Kommas einschließen kann, wenn man verdeutlichen möchte, dass sie für das Verständnis des Satzes nicht unbedingt nötig sind.

Beispiel:
Heimische Wildtiere[,] wie z. B. Fuchs, Dachs und Marder[,] sind in Gehegen untergebracht.
Wenn man also der Meinung ist, dass Fuchs, Dachs und Marder nicht notwendig sind, um den Satz Heimische Wildtiere sind in Gehegen untergebracht zu verstehen, kann man hier Kommas setzen. Man kann es aber auch nicht.
Genauso verhält es sich auch bei Satz 3: Die Angabe der einzelnen Veranstaltungen der Fachhochschule Recklinghausen ist nicht zwingend erforderlich, um den Gesamtsatz zu verstehen, so dass man hier ein Komma setzen kann, aber nicht muss.


Die Aussage, dass das Komma die Funktion einer Atem- oder Sprechpause hat, lese ich häufig, ich halte sie allerdings schlichtweg für falsch. Stell Dir eine reale Situation vor, in der Du als Personalchefin die obige Bewerbung erhältst, sie öffnest und das Anschreiben liest. Machst Du beim Lesen beim ersten und beim zweiten Komma wirklich eine kurze Pause? Oder stell Dir ein Bewerbungsgespräch vor, in dem Du als Bewerber den Satz Die Veranstaltungen an der Fachhochschule Recklinghausen, wie z.B. (...), bestärkten mich darin, dass ich mich nutzbringend in ihre Unternehmensstruktur einbringen kann zu deinem Gegenüber sagst. Ich persönlich fände es ein wenig gekünstelt, wenn man hier bei den Kommas, die das wie-Gefüge umschließen, eine Sprechpause macht.

(12.11.2011, 19:51:43)Sid Key schrieb: Machst Du beim Lesen beim ersten und beim zweiten Komma wirklich eine kurze Pause?

Mitunter. Bei langen Sätzen. Aber Lesepausen sind ja noch mal was ganz anderes als Vorlesepausen oder Atempausen. Und vermutlich sind die Pausenlängen viel kürzer als Du glaubst. Auch eine Handvoll Millisekunden des Aussetzens des Redestroms sind bereits eine Pause. Müssen ja nicht 5 Sekunden sein.

(12.11.2011, 19:51:43)Sid Key schrieb: Oder stell Dir ein Bewerbungsgespräch vor, in dem Du als Bewerber den Satz Die Veranstaltungen an der Fachhochschule Recklinghausen, wie z.B. (...), sowie bestärkten mich darin, dass ich mich nutzbringend in ihre Unternehmensstruktur einbringen kann zu deinem Gegenüber sagst. Ich persönlich fände es ein wenig gekünstelt, wenn man hier bei den Kommas, die das wie-Gefüge umschließen, eine Sprechpause macht.

Ich fände es mehr als gekünstelt, in einem Bewerbngsgespäch so einen Bandwurmsatz von sich zu geben. Aber wenn, dann würde ich durch Intonationsführung und Pusensetzung versuchen, dem Hörer das Verstehen zu erleichtern.

(12.11.2011, 21:28:14)janwo schrieb:

(12.11.2011, 19:51:43)Sid Key schrieb: Machst Du beim Lesen beim ersten und beim zweiten Komma wirklich eine kurze Pause?

Mitunter. Bei langen Sätzen. Aber Lesepausen sind ja noch mal was ganz anderes als Vorlesepausen oder Atempausen. Und vermutlich sind die Pausenlängen viel kürzer als Du glaubst. Auch eine Handvoll Millisekunden des Aussetzens des Redestroms sind bereits eine Pause. Müssen ja nicht 5 Sekunden sein.

Nun ja, aber dann kommt man vom Hundertstel ins Tausendstel. Wenn das Komma streng genommen die Funktion haben soll jede noch so kleine Lesepause zu kennzeichnen, hätte man unter Umständen sehr viele Kommas in einem Satz.
Bei dem Beispielsatz Die Veranstaltungen an der Fachhochschule Recklinghausen, wie z.B. (...), bestärkten mich darin, dass ich mich nutzbringend in ihre Unternehmensstruktur einbringen kann fällt mir noch was auf: Könnte man dann nicht auch annehmen, dass das dritte Komma vor dass eine Lese-/Sprechpause signalisieren könnte?

Könnte man. Aber ich finde, Du übergeneralisierst da meine Anmerkungen.

Ich bin ohnehin ein Verfechter der intuitiven Interpunktion. Ich setze Kommata und Semikola auch gerne schon einmal da, wo ich es schlichtweg für nötig halte. Ganz ohne amtliche Regeln.