Wow, ich hätte nicht gedacht, dass ich in näherer Zukunft mal als "Experte" gefragt bin! :D
Ich kann euch leider auch keine absolute Gewissheit bieten, an der Stelle muss ich selbst nachforschen; @
thf scheint aber nicht ganz daneben zu liegen.
Um erstmal mit einer ganz primitiven und unwissenschaftlichen Quelle aufzuwarten:
Wiktionary (die englsiche Seite
https://en.wiktionary.org/wiki/-ien#Etymology_1) kennt als Etymologie zum deutschen Suffix -ien zunächst einmal das lateinische -ia; darauf würde ich auch tippen. Interessant ist also nun noch, woher dieses Suffix kommt, und da gibt es zwei Möglichkeiten:
1) Wiktionary leitet es teils von griechisch -ία /-ía/, -íᾱ/-íā/ und -εια /-eia/ her (
https://en.wiktionary.org/wiki/-ia#Latin), jedoch kann es sich hier auch um Urverwandtschaft handeln, schließlich sind es Schwestersprachen.
Damit ist die ursprüngliche Herkunft PIE *-i-eh_2, ein Suffixkonglomerat, dessen zweiter Teil zur Bildung von Kollektiva verwendet wird; der Laryngal h_2 hat entweder das /e/ direkt zu /a/ gefärbt, oder das Suffix wurde über die Schwundstufe *-ih_2 zu *ia, unter Ersatz des Laryngals durch a; beides wäre sowohl für Griechisch als auch Latein denkbar.
Der ganz ursprüngliche Sinn wäre hier also, dass das Land bzw. seine Bewohner als Gruppe (mit einer bestimmten Eigenschaft) aufgefasst werden. Das entspräche @
thfs Vorschlag, und ja, wie der Wiktionary-Eintrag ebenfalls belegt, kommt das Suffix auch im Griechischen vor. Für alte Ländernamen wie
Gallia -->
Gallien oder
Germania -->
Germanien wäre das
möglicherweise eine Erklärung.
2) Die zweite, ganz triviale Möglichkeit, die ich noch vorschlagen würde, ist, dass lateinisch -ia die weibliche Form zum Suffix -ius ist, das Adjektive charakterisiert, die Zugehörigkeit ausdrücken (
pater,
der Vater -->
patr-ius,
väterlich,
des Vaters). Hier müsste man nicht so tief graben, die Bedeutung wäre dann schlicht und ergreifend "das Land des/der...", wobei der Name ursprünglich ein Adjektiv gewesen wäre und ein Wort wie
terra (
Land) ausgefallen ist.
Das dürfte tatsächlich in den meisten Fällen dahinter stecken, v.a. bei neueren Ländernamen. Paradebeispiel ist Argentinien, "das Land des Goldes", von
argentum.
In diesem Fall bewegen wir uns teils bereits im Spätlatein oder gar den frühen romanischen Sprachen: Ein Wort wie *
argentinius kommt bei Cicero o.Ä. noch nicht vor, sondern ist eine spätere Bildung. Auch der Name
Rumänien dürfte direkt vom rumänischen
România kommen und damit zwar ursprünglich lateinisch, de facto aber romanisch sein.
Die zweite Variante geht über in einen weiteren Gedanken, den ich einbringen möchte: Wer sagt eigentlich, dass ein Suffix immer nur eine Quelle haben kann? Ländernamen kommen oft aus der Landessprache und die Lautkombi -ia ist nicht so ungewöhnlich, dass sie nicht auch in anderen Sprachen vorkommen könnte. Nehmen wir einmal Syrien:
al-Dschumhūriyyat al-ʿarabiyyat as-sūriyya. Woher der Name kommt, ist unbekannt, möglicherweise liegt hier wiederum Griechisch zu Grunde, aber eben nur möglicherweise.
Und nicht nur im Semitischen gibt es eine Endung -iyya, sondern auch in den slawischen Sprachen ist -ia bzw. -ija als Suffix recht häufig, ich weiß allerdings nicht, wo das herkommt.
Ich halte es aber durchaus für wahrscheinlich, dass nicht jedes Vorkommen von -ien in Ländernamen auf Latein und Griechisch zurückgeht.