Lieber Matthias, eigentlich handelt es sich hierbei um das Feld der Semiotik, also der Lehre der Zeichen. Mit
Ferdinand de Saussure nehmen die meisten das bilaterale Zeichenmodell an. Danach besteht ein Zeichen aus einer Form- und einer Inhaltsseite, auch
signifiant und
signifié genannt. Auf der Formseite spielt es keine Rolle, ob das Zeichen phonetisch oder graphematisch wiedergegeben wird. Phonetik und Graphematik sind beides gleichwertige Repräsentationen des Inhalts, d. h. es macht keinen Unterschied, ob der Zeicheninhalt gesprochen oder geschrieben wird - er bleibt davon unabhängig. In diesem Sinne kann man also nicht von einem akustischen oder optischen Zeichen sprechen. Ein Zeichen wird erst dadurch zum Zeichen, dass es repräsentiert wird, sonst wäre es bloße Bedeutung.
Die Semantik beschäftigt sich nur mit der Inhaltsseite bzw. der Bedeutung eines beliebig komplexen Ausdrucks, also nicht nur mit Wörtern sondern auch mit ganzen Sätzen. Die Formseite spielt für die Semantik jedoch gar keine Rolle. Entsprechend ist der Bezug der Formseite auf die Inhaltsseite nicht Teil der Semantik, sondern gehört immer noch zur Semiotik.
Wichtig hierbei ist noch, dass die Zuordnung von Form- und Inhaltsseite stets arbiträr und konventionell ist. Das heißt, es gibt keine innere Motivation, dass die Vorstellung von einem Baum graphematisch als <Baum> und phonetisch als [baʊ̯m] wiedergegeben wird. Es könnte auch wie im Engl. <tree> verschriftet oder [tɹi] ausgesprochen werden. Das heißt, der Bezug von Form- und Inhaltsseite ist prinzipiell beliebig. Damit wir uns aber in einer Sprachgemeinschaft verständigen können, müssen wir mit einer Zeichenform stets den gleichen/ähnlichen Inhalt verbinden. Damit muss der Bezug von Form und Inhalt einer gewissen Konventionalisierung unterliegen. Vertragstheoretisch würde man es so beschreiben, dass wir als Sprachgemeinschft übereingekommen sind, dass wir die Bedeutung eines Baumes mit <Baum> bzw. [baʊ̯m] wiedergeben wollen.
Für den Sprachschüler ist der Bezug zwischen der Zeichenform und dem -inhalt noch völlig arbiträr. Erst durch Lernen, also Konventionalisierung, kann er der Form jenen Inhalt zuordnen, den die entsprechende Sprachgemeinschaft vorgibt.
Beste Grüße
PeterSilie