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Jannyna > 23.09.2013, 16:39:59
Jannyna > 24.09.2013, 19:07:04
thf > 26.09.2013, 11:57:43
(24.09.2013, 19:07:04)Jannyna schrieb: Ich denke ich kann das ganze was ich darüber gelesen habe nicht effektiv in kurzen Sätzen wiedergeben. Direkt Beispiele, bei denen wirklich ein "Passiv" durch reinen Kasuswechsel stattfindet, habe ich so nicht gefunden. Allerdings gibt es Sprachen (oder eine?), die keine detransivierenden Operationen brauchen und der Syntax dennoch mit Pivot ohne Einschränkung funktioniert. Allerdings gibt es dafür 2 verschiedene transitive Konstruktionen.
Zitat:Edit: Falls es dich noch interessieren sollte, in dem Buch, das ich gerade lese, ist ausschließlich die Rede davon, dass die Diathese durch das genus verbi ausgedrückt werden "kann". Daraus würde ich jetzt schlussfolgern, dass dies nicht so sein "muss". (Auch wenn leider keine Gegenbeispiele bzw. Sprachen dafür angeführt werden.)Hier wird's etwas kompliziert, finde ich, weil Diathese und Genus Verbi/Voice unterschiedlich verwendet werden. Eine (auf die Sankt Petersburger Typologen Gruppe zurückgehende) Konzeption ist z.B., Diathese als Koppelung von semantischen Rollen und grammatischen Relationen aufzufassen und Voice als Markierung dessen mittels verbaler Morphologie. Allerdings lässt sich das ja leicht erweitern und manche Autoren schrieben z.B. nur von "regulärer formaler Kodierung."
Zitat:In neueren Texten steht allerdings dass es eine umstrittene Zweiteilung von Verben gibt bei denen man nicht sicher sei, ob sich das nicht als Akt./pass. beschreiben ließe.Für das tibetische, oder allgemein? Was mir in dieser Hinsicht halt einfällt, sind die Termini "unakkusaktivisch" und "unergativisch". Ähnlich, wie z.B. die Aktiv-Stativ-Sache, handelt es sich hier nicht unmittelbar um Aktiv/Passiv im klassischen Sinn, sondern eher - zusammen damit und weiterem - um einen Teil eines größeren Phänomenbereichs.
Jannyna > 26.09.2013, 16:04:30
Zitat:Für das tibetische, oder allgemein?Hier war nur das Tibetische gemeint, nicht allgemein.
Zitat:Hier wird's etwas kompliziert, finde ich, weil Diathese und Genus Verbi/Voice unterschiedlich verwendet werden.Ja, ich denke, das war auch die Aussage. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass Genus verbi = Diathese wäre, daher habe ich den Ausdruck aus dem Buch übernommen, bei dem steht, die Diathese "kann" durch das genus verbi ausgedrückt werden. (Klingt für mich als Laie erstmal so, als ob das genus verbi nun aber nicht zwingend markiert sein muss.) Irgendwo auf einer späteren Seite wurde nochmal vermerkt, dass ein bestimmter Prozentsatz an Sprachen kein genus verbi markieren würde. (leider keine Beispiele :( ) Dennoch besäße jede Sprache die Möglichkeit, mit wie auch immer gearteten Strukturen (muss ja, wie du schon sagtest, nicht gerade Aktiv/Passiv, etc. sein), den Blickwinkel auf das Agens oder das Patiens zu richten. Ich hab heute aus Neugier speziell nochmal nach Aktiv/Passiv/Antipassiv gesucht, und ein paar Bücher mitgenommen, aber ich habe sie noch nicht durch, daher weiß ich noch immer nicht, ob es möglich ist genau dies auszudrücken, ohne direkt das Verb zu ändern. Wobei ja wie gesagt in neueren Texten über das Tibetische gesagt wird, dass ihre Verben trotz fehlender Markierung eben nicht "impersonell" seien, sondern eine Blickwinkelverschiebung durchaus möglich (umstritten ist, ob sich das als Aktiv/Passiv bezeichnen lässt) ist bzw. (laut Text) der Futurstamm der Verben dazu diene, einen Blickwinkel zu erzeugen, der eher auf das Patiens gerichtet ist. Da ich jetzt aber mehrere Quellen durchgelesen habe, scheinen diese nicht alle überein zu stimmen und unterschiedliche Aussagen zu treffen. In den neueren wird aber zumindest auf die Unstimmigkeiten eingegangen. In einigen sehr alten Büchern wird Tibetisch auch nicht als Ergativsprache angesehen, wobei die neueren Quellen mehr Kasus angeben und es als Ergativsprache betrachten.
thf > 29.09.2013, 18:03:51
(26.09.2013, 16:04:30)Jannyna schrieb: Ich kann mir nicht vorstellen, warum dies nicht über einen bloßen Kasuswechsel möglich sein sollte, wenn man davon ausgeht, dass der Wegfall eines Arguments eher "Nebenprodukt" ist und die Motivation durch die Blickwinkelverschiebung entsteht. (Wobei ich mir auch eine Version denken könnte, bei der beides möglich scheint) Außerdem wäre das Passiv dann auch nicht sehr viel aufwändiger markiert als das Aktiv - bis auf den Kasuswechsel eben.Eine mögliche Begründung wäre vielleicht, dass Diathesen die Verbsemantik betreffen. Daher könnte es sinnvoll sein, diese auch verbnah zu markieren. Allerdings bin ich da selbst noch am hin- und herüberlegen, ob das tatsächlich so stimmt, oder eher nicht ;)
Zitat:... und falls es dich dann noch interessiert und ich ein Beispiel für eine Sprache finde bei der es nicht, wie im Tibetischen und den zwei anderen genannten Sprachen unsicher ist, kann ich es gerne noch hier mitteilen.Ja, gerne :)
Jannyna > 30.09.2013, 13:40:51
Zitat:dass Aktiv und Ergativ in den jeweiligen Sprachen die unmarkierteren Fälle sind und Antipassiv und Passiv die markierteren;
Zitat:Ich hatte bei Comrie (1989:19) die (wenn man's so liest eigentlich naheliegende Zwinker ) Einordnung gelesen, dass Aktiv und Ergativ in den jeweiligen Sprachen die unmarkierteren Fälle sind und Antipassiv und Passiv die markierteren; das wär dann auch das Kriterium, um Ergativ und Passiv sowie Aktiv und Antipassiv zu differenzieren.
thf > 30.09.2013, 17:19:30
(30.09.2013, 13:40:51)Jannyna schrieb: Eigentlich ist der Ergativ der markierte Kasus und ich glaube Aktiv, Passiv und Antipassiv werden nicht als Fälle bezeichnet oder? Ich kenn mich da nicht so aus, aber ich glaube du hast dich vllt. verschrieben und meintest eventuell weniger markiert= Aktiv-Nominativ/Abolutiv und markierter = Passiv/Antipassiv - Ergativ? Ansonsten erklär mir das bitte nochmal kurz, eventuell versteh ich dich nicht richtig, ich will nichts Falsches sagen.
Ich bin auch nicht sicher ob ich deinen Text richtig interpretiere, aber das Passiv ist wohl nicht nur auf Nom-Akk Sprachen und das Antipassiv nicht nur auf Ergativ-Absolutiv bzw. Ergativ-Akkusativ Sprachen beschränkt. Wenn mich nicht alles täuscht ist das eher von den Pivot-Bedingungen abhängig, oder?
Zitat:Eigentlich ist der Ergativ der markierte Kasus und ich glaube Aktiv, Passiv und Antipassiv werden nicht als Fälle bezeichnet oder?Ja, das ist richtig, "Fälle" war hier in alltagssprachlicher Bedeutung gemeint, nicht als Kasus.
Jannyna > 30.09.2013, 22:31:46
Zitat:Was Comrie (übrigens 1988 nicht 89 Zwinker ) meinte, ist glaube ich eher, dass Aktiv und Ergativ in den jeweiligen idealtypischen Sprachen gewissermaßen der Normallfall sind, also das was man vielleicht Basisdiathese nennen könnte. (So wie ich ihn verstanden habe, ist Ergativ hier quasi eben als Diathese gemeint, nicht als Kasus.) Der Passiv ist dann eine Fokusverschiebung (oder eben ein anderer Blickwinkel, so wie du es genannt hast), vom Agens auf das Patiens und tritt prototypisch in Nominativ-Akkusativ Sprachen auf. In Sprachen mit (syntaktischer/ "deep ergativity") Ergativität Ist die "Ausgangsperspektive" gewissermaßen auf das Patiens gerichtet und ein prototypisches Antipassiv dient dazu, den Fokus auf das Agens zu verschieben; sie sind sozusagen idealtypisch betrachtet "inhärent passivisch" bzw. patiensorient, wohingegen idealtypische Akkusativ-Sprachen quasi "inhärent aktivisch" bzw. agensorientiert sind.
Zitat:Wenn man nämlich sagt, dass der Zweck eines Passivs die Fokusverschiebung auf das Patiens ist, das aber in Sprachen mit ganz strikter Ergativität doch eh schon im Fokus steht - wozu braucht man dann noch ein Passiv?
Zitat:Ein zweiter Grund ist, dass Sprachen oft nicht vollständig einem der Typen (Nom/Akk bzw. Erg/Abs.) folgen, sondern sich auf einem Kontinuum verorten. Soweit mir bekannt ist, sind die meisten Ergativsprachen dann eben doch Split-Ergativ Sprachen und Sprachen mit syntaktischer Ergativität sind eher selten.
Nattljus > 07.05.2015, 18:38:15
janwo > 09.05.2015, 12:52:03
thf > 11.05.2015, 22:23:17
Nattljus > 12.05.2015, 15:14:07
janwo > 12.05.2015, 17:14:16
Nattljus > 14.05.2015, 03:13:47