"Normierung lähmt lebendige Sprachentwicklung und führt zu deren Verarmung"?

Noch viel tragischer ist, dass die/der Kritiker von (Sprach)wissenschaft keine Ahnung hat/haben aber von dem Pressedienst offenbar als qualifiziert genug angesehen wurde(n), solche Äußerungen als "Expertise" zu verkaufen.
Das ist eines der Probleme der Sprachwissenschaft: Jeder, der selbst eine Sprache spricht, hält sich für kompetent, sprachwisenschaftliche Befunde zu evaluieren. (Ich sag ja immer wieder: Nur weil ich seit Jahren erfolgreich ein- und ausatme, bin ich ja auch kein Pulmologe.)

Ganz nebenbei offenbaren sich in dem Artikel natürlich auch ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis und fürchterliche Hybris. Sprache ist nämlich eigentlich zutiefst basisdemokratisch: was die Mehrheit der Sprechergemeinschaft macht/kennt/benutzt ist eo ipso "richtig". Wer weite Teile der Muttersprachlergemeinschaft für inkompetent hält, ist schlichtweg arrogant und herablassend.

Weil es gerade so schön zeitnah getwittert wurde, zwei Beiträge ganz unterschiedlicher

"Subjekt, Prädikat, Objekt, Alter! – Eine Betrachtung des alltäglichen, deutschen Sprachgebrauchs"
http://www.goethe.de/ges/spa/siw/de8195389.htm

versus:

"Schafft Deutschland seine Sprache ab?" Eine Antwort der Deutschen Sprachwelt am 13.02. im Münchner Presseclub...
http://www.cbctv.de/beitraege/120220_pc2.html


Die Preisfrage: Was von beidem führt jetzt zur "Verarmung" und wie definieren wir selbige überhaupt?

(21.02.2012, 09:43:09)janwo schrieb: Noch viel tragischer ist, dass die/der Kritiker von (Sprach)wissenschaft keine Ahnung hat/haben aber von dem Pressedienst offenbar als qualifiziert genug angesehen wurde(n), solche Äußerungen als "Expertise" zu verkaufen.

Das kommt noch dazu, ja. Wenn ich mir die Diskussion (im Netz) um das Buch von Frau Wiese so ansehe, finde ich vor allem in den Kommentaren unter Artikeln, die mal mehr, mal weniger explizit Stellung nehmen, Aussagen von Leuten, die ihre Legitimation als Wissenschaftlerin und Lehrende anzweifeln, die die Linguistik selbst in der Schuld sehen, oder die Frau Wiese explizit beschimpfen. Sowas darf nicht erforscht werden, für sowas dürfen keine Steuergelder ausgegeben werden, und so weiter und so fort.

Das kanns doch irgendwie nicht sein :( Man kann sich doch das Ergebnis seiner Forschung nicht aussuchen, und nur das untersuchen, was nicht uanangenehm auffällt

... oder aber man untersucht als nächstes Vorurteile und Stereotypen bei eben diesen "Kritiktrollen". ;)