Das sind ja ganz viele Fragen auf einmal. Ich versuche mal, sie so gut ich kann zu beantworten. Ich kann dir meine Erfahrungen und die Erfahrungen von Leuten, die ich kenne, vermitteln.
Am besten arbeite ich mal Absatz für Absatz ab. ;)
Es ist erstmal gut, dass du dir schon vor Ende deines Studiums Gedanken darüber machst. Dann kannst du eine stärker forschungsorientierte Masterarbeit schreiben. Wenn du nicht schon SHK bist, dann könntest du auch versuchen, noch eine SHK-Stelle zu bekommen oder mal schauen, was es so für interessante Forschungsprojekte an deiner Uni (oder in der Nähe) gibt. Dort kannst du eventuell ein Praktikum machen. Das hilft dir dann vielleicht ein Thema zu finden und du siehst auch schonmal, wie so der Forschungsalltag aussieht.
Generell gibt es zwei Wege, wie man an Betreuer für die Doktorarbeit kommen kann:
- man sucht ihn/sie sich selbst
- man bewirbt sich auf eine ausgeschriebene Projektstelle (der/die Projektleiter(in) wird dann meist automatisch Betreuer)
Wenn du dir selbst jemanden suchen willst, dann solltest du wissen, über was du forschen willst. Du musst sicherlich noch kein komplett ausgearbeitetes Exposé/Research Proposal haben, aber du solltest wissen, in welche Richtung es gehen wird. Jeder Professor hat seine eigenen Forschungsschwerpunkte und nimmt meistens auch nur Doktoranden an, die ein für ihn/sie interessantes Thema bearbeiten wollen.
Du solltest bei der Themenwahl auch nicht nur darauf achten, was es vielleicht an deiner jetzigen Heimatuni so gibt, sondern dir etwas suchen, was dich wirklich interessiert. Denn du musst ja mindestens drei Jahre mit diesem Thema dann zusammenleben. Du solltest dich allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht so sehr auf ein ganz spezielles Thema versteifen, weil dein zukünftiger Betreuer sicherlich auch noch die eine oder andere Idee hat. Da wird sich, wenn es dann ernst wird, bestimmt noch einiges ändern. Aber das ist völlig normal, viele Leute promovieren schließlich zu Themen, an die sie vorher nicht gedacht hatten. Aber du solltest auf jeden Fall mit einer ordentlich ausgearbeiteten und originellen Idee beim Kontakt aufwarten, denn das zeigt ja erstmal, dass du in der Lage bist, dir selbst etwas ganz neues zu erarbeiten und Forschungsfragen zu formulieren, auf die die Wissenschaft noch gewartet hat.
Wenn du dann weißt, über was du forschen willst, dann solltest du dich auf die Suche nach einem geeigneten Betreuer machen. Das muss kein Professor sein, auch Juniorprofessoren und andere habilitierte Uni-Mitarbeiter dürfen Promotionen betreuen. Dein potentieller Betreuer muss auch noch nicht habilitiert sein, vielleicht hat er das ja noch vor und macht das, bevor du deine Dissertation einreichst. Das sollte also nicht das wichtigste Kriterium sein. Das sollte eher sein, dass du jemanden findest, von dem du denkst, dass
- du von ihm/ihr noch viel lernen kannst
- sich in deinem angepeilten Forschungsgebiet gut auskennt
- er/sie dich gut und zuverlässig betreuen kann
Wenn du dir also einen oder mehrere potentielle Betreuer ausgesucht hast, dann kannst du ihnen einfach eine E-Mail schreiben und dich vorstellen und sagen, dass du vorhast in dem und dem Bereich zu promovieren und dass du findest, dass sein/ihr Forschungsprofil da sehr gut dazu passt. Du kannst auch gleich noch einen Lebenslauf beifügen. Dann können sich die Leute ein Bild von dir machen. Ich persönlich finde es besser, einfach eine etwas längere E-Mail zu schreiben und darin das Vorhaben oder die Idee kurz zu umreißen und das Research Proposal dann auf Anfrage, also wenn der/die Kontaktierte Interesse hat, zu schicken. Andere würden das Proposal vielleicht gleich mitschicken, das ist Geschmackssache. Aber eine E-Mail liest sich schneller als 6-7 Seiten Text und die meisten Professoren sind sehr beschäftigt und sind erstmal froh, wenn sie nicht so viel lesen müssen um einzuschätzen, ob sie das jetzt gut oder schlecht finden.
Wenn der/die Angeschriebene das dann toll findet, dann wird er/sie dich vielleicht mal einladen, zu ihm/ihr an die Uni zu kommen, damit ihr euch unterhalten könnt und du deine Idee ein bisschen besser vorstellen kannst.
Ich denke, auf die Noten kommt es nicht so sehr an. Man sollte nicht immer knapp an der 5 vorbeigeschrammt sein, aber am Ende kommt es darauf an, dass man eine gute Idee hat. Auch jemand, der immer nur 1,0 hat, kann völlig uninspiriert und ungeeignet sein.
In der Linguistik wird die ganze Suche nach einem Betreuer relativ informell ablaufen. Du wirst zwar schon mit den Leuten reden müssen und da einen guten Eindruck abgeben müssen, aber so lange es nicht um ein Stipendium oder um eine Stelle geht, wird sich kein Professor die Mühe machen, ein richtiges Bewerbungsgespräch zu inszenieren. Ein paar längere Gespräche werden ihm/ihr wahrscheinlich mehr bringen.
Zur Promotion neben dem Beruf: Es kommt darauf an, was du unter "Beruf" verstehst. Wenn das die Lehrtätigkeit an einer Uni ist, dann denke ich nicht, dass das schlecht ist. Das ist eher gut, denn so sammelst du Lehrerfahrung – das ist gut für deinen weiteren Werdegang. Wenn du allerdings 18 SWS oder so unterrichten musst, dann wird es unrealistisch, nebenbei noch zu promovieren. Man sollte den Zeitaufwand wirklich nicht unterschätzen und wenn du nicht zehn Jahre, sondern nur drei bis vier, promovieren willst, solltest du versuchen, nicht mehr als 10-15 Stunden/Woche in forschungsfremde bzw. nicht sehr nahe an deinem Diss-Thema stehende Arbeiten zu investieren. Das ist meine persönliche Einschätzung. Wenn man viel Disziplin hat, wird da sicherlich auch mehr gehen.
Ein damit verbundener Punkt ist auch die Finanzierung: Du kannst überlegen, ob du lieber ein Stipendium oder lieber eine Stelle haben würdest. Stellen sind rar, Stipendien auch. Ein Stipendium hat den Vorteil, dass du dein eigener Herr bist und keine Arbeitszeiten oder so einhalten musst. Bei einer Stelle kann dein Chef (wahrscheinlich dein Betreuer) dir zwar auch andere Aufgaben aufbrummen, aber dafür bist du sozial abgesichert und hast auch schonmal was in die Rentenkasse eingezahlt.
Es ist auf jeden Fall eine gute Idee, auch schon bei der Kontaktaufnahme zu sagen, dass man sich z.B. eine Bewerbung auf ein Stipendium gut vorstellen kann.
Zu Promotionsstudiengängen vs. Fernpromotion: Die Unterscheidung ist nicht ganz so gut. Ich würde eher zwischen [±Promotionsstudiengang] und [±Anwesenheit am Promotionsort] unterscheiden. Der Vorteil bei einem Promotionsstudiengang ist, dass du a) noch etwas lernen kannst (ev. neue Methoden o.ä., die du für deine Diss brauchst) und b) andere Doktoranden in deiner Klasse hast, mit denen du dich austauschen kannst. Die Möglichkeit zum Austausch finde ich sehr wichtig, weil man so noch viele neue Impulse und Anregungen bekommen und auch mal die täglich anfallenden Fragen und Probleme besprechen kann (das kann man mit dem Betreuer natürlich auch, aber mit Gleichgestellten geht manches einfach einfacher). Ob man denkt, dass man noch was lernen muss, ist aber subjektiv und somit Geschmackssache.
Die Anwesenheit am Promotionsort finde ich schon wichtiger. Wenn du an eine neue Uni wechselst, dann wirst du das ja auch deswegen tun, weil du denkst, dass man dort besser Wissenschaft machen kann als an deiner alten Uni. Da wäre es doch doof, wenn du deine neuen Chancen da nicht nutzt. An einer neuen Uni gibt es viele andere Wissenschaftler und viele neue Sachen zu entdecken. Du kommst dann halt auch mal aus deiner bekannten Uni raus. Wenn man halt immer nur "zu Hause" bleibt, besteht die Gefahr, dass man nie über seinen Tellerrand hinausschaut und viele Sachen in der Wissenschaftswelt verpasst; das finde ich zumindest. Normalerweise schreibt man sich dann auch an der Uni ein, du willst ja die Studentenvergünstigungen nutzen und ev. Seminare und andere Kurse besuchen.
Wenn du dich auf eine Ausschreibung bewirbst, dann erwarten die Geldgeber (also das ausschreibende Institut) i.d.R. schon, dass du anwesend bist und dort aktiv mitarbeitest. Die Bewerbung auf eine Ausschreibung hat halt den Vorteil, dass du, wenn du es bekommst, dir keine Sorgen ums Geld machen musst. Du musst allerdings dann auch die Betreuer nehmen, die mit der Ausschreibung verbunden sind. Der Grad der Ausarbeitung der Idee bzw. des Research Proposals variiert auch sehr von Ausschreibung zu Ausschreibung. Manche wollen schon zehn Seiten von dir (wenn es was Stipendien-ähnliches ist), manche sagen einfach, dass das Thema So-und-So zu bearbeiten ist.
Eine dritte Finanzierungsmöglichkeit ist auch noch, dass du mit deinem Betreuer zusammen ein DFG-Projekt beantragst, damit deine Stelle finanziert ist. Das ist mit einigem Aufwand verbunden, aber vielleicht ist dein Betreuer so sehr von dir und deiner Idee überzeugt, dass er/sie diese Mühen auf sich nehmen will.
Um Bewerbungsfristen musst du dir nur Gedanken machen, wenn du dich auf ein Stipendium bewerben willst oder auf eine Ausschreibung antwortest. In der Ausschreibung steht ja drin, was die Bewerbungsfrist ist. Die verschiedenen Stiftungen haben unterschiedliche Fristen.
Friedrich Ebert nimmt z.B. laufend Bewerbungen an, während
Heinrich Böll nur einmal im Jahr Bewerbungen annimmt.
So, ich hoffe, das konnte dir ein bisschen weiterhelfen.
Wenn du noch Fragen hast, tu dir keinen Zwang an.