Hauchlaut im Mittelhochdeutschen vs. Neuhochdeutschen

https://www.uni-muenster.de/MhdMetrikOnl.../2.2_h.php

"2.2 Zur Aussprache von h

Der Buchstabe h bezeichnet im Anlaut und zwischen Vokalen wie im Neuhochdeutschen den Hauchlaut (mhd. hunt wird gesprochen wie nhd. ‚Hund’, mhd. sehen [mit kurzem Vokal] hat denselben Hauchlaut wie nhd. ‚sehen’ [mit gedehntem Vokal]). Vor Konsonanten allerdings und im Auslaut bezeichnet der Buchstabe h einen Reibelaut [ich/ach-Laut], der im Neuhochdeutschen durch die Buchstabenkombination ,ch’ dargestellt wird (vgl. mhd. niht mit derselben Bedeutung und Aus- sprache wie nhd. ‚nicht’; vgl. auch mhd. maht mit nhd. ‚Macht’, mhd. ih mit nhd. ‚ich’). Das h hat im Mittelhochdeutschen also immer einen Lautwert und ist niemals, wie im Neuhochdeutschen, ein Dehnungs- zeichen."


Ist das korrekt? Ich dachte, im Neuhochdeutschen wird das h zwischen Vokalen nicht gesprochen, außer sie sind identisch ("Uhu" mit h, versus "Ehe" ohne h).

In § 6 des amtlichen Regelwerks der deutschen Rechtschreibung heißt es:

Zitat:Wenn einem betonten einfachen langen Vokal ein unbetonter kurzer Vokal unmittelbar folgt oder in erweiterten Formen eines Wortes folgen kann, so steht nach dem Buchstaben für den langen Vokal stets der Buchstabe h.

Es geht also um kurze unbetonte, nicht um identische Vokale nach dem h. Aber „mhd. sehen [mit kurzem Vokal] hat denselben Hauchlaut wie nhd. ‚sehen‘ [mit gedehntem Vokal])“ ist inkorrekt: mhd. sehen [ˈ zɛhən]; nhd. sehen [ˈ zeː (ə)n]. Ich weiß nicht, ob es Dialekte gibt, in denen das h in sehen als Frikativ artikuliert wird, aber es ist keine hochdeutsche Ausspracheweise.

Hallo,
nur als kleiner Einwurf bzgl. des Niederdeutschen:
Wo das Deutsche solche zwischenvokalischen /h/s hat als Hiatustilgung, hat das Niederdeutsch ein /g/ (bzw. dessen Reibelautäquivalent).
Mühe > de Möög /möüch/
Nähe > de Neeg /näich/
er sieht > he süggt /sücht/
speien > spiegen (zwar kein /h/ im Deutschen, aber Hiatus).

Vielleicht kann jemand was mit der Info anfangen.

Hallo, vielen herzlichen Dank!!!

Ich meine, dass es im Alemannischen so ist (jedenfalls hier (Ortenaukreis):

siehst du! - siegsch! / du siegsch (ausgesprochen als k, oder evtl. g oder was dazwischen, kann ich nicht genau sage. aber niemals als reibelaut)
habe auch belege im internet gefunden.
trifft aber nicht zu auf z.b. gehen oder fliehen.
vielleicht ist es irregulär, oder es korreliert mit dem vokalwechsel im standarddeutschen (sehen - siehst)

Und Jiddisch /zɛn/ mit ɛ, habe mich gefragt, ob das ɛ noch anderswo überlebt hat?

https://de.wikipedia.org/wiki/Jiddisch
-> der eintrag hier unter phonetik für schwer ist doch falsch, für standarddeutsch, oder?

Bei "gehen" ist das Ding, dass es kein phonologisches /h/ hatte, die Orthographie ist in Analogie entstanden, die Formen gehen auf 'gēn' zurück. "fliehen" ist vielleicht zu selten, dass sich da die Form mit /g/ nicht mehr gehalten ist und aus dem Deutschen entlehnt wurde. Ein anderes Beispiel ist "schlagen", wo das Deutsche die Form mit dem grammatischen Wechsel /h/ zu /g/ übernommen hat, auf Niederdeutsch noch "slaan". Früher war es auf Deutsch /slahan/. "stehen" geht auch auf eine Form ohne /h/ zurück, das ist erst analog in der Orthographie später entstanden.
Wo man noch ein gramm. Wechsel-/g/ hören könnte in manchen Varietäten wäre vielleicht "wehen". Mittelniederdeutsch hatte einige Formen, aber auch "wægen", Althochdeutsch "wāen, wahan". Ostniederdeutsch hat "weigen" dafür, aber da weiß ich nicht, ob das Hiatus-/g/ hier nicht sekundär später entstanden ist, weil es ziemlich produktiv als Hiatustilgung an vielen Stellen eingesetzt wird.

Danke für deine Hinweise zur Analogiebildung etc.!

In der Schweiz heißt es gseesch (sic) für siehst, also nochmal ganz anders. Leider konnte ich zum Oberrheinalemannischen keine Regionen vergleichenden Konjugationstabellen finden. Der Sprachatlas lässt leider sehr zu wünschen übrig, da hätte man viel mehr Wörter und Formen abfragen müssen:

https://dh-center.uni-tuebingen.de/escie....678/8.990

Auf die Dialektatlanten, die in der Literatur angegeben sind, hab ich keinen Zugriff. Aber ob da über viele Seiten Verbtabellen aufgeführt sind...?
https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/wir...rachatlas/
https://www.statistik-bw.de/LABI/LABI.as...alektatlas
(Mich regt das echt auf, dass ältere wissenschaftliche Bücher immer noch nicht digitalisiert und kostenlos verfügbar sind)

Da fahr ich lieber in ein Seitental hier und lass den Opa des Bauernhofs Verben konjugieren;) (Die Kinder können das ja nicht mehr)

PS. Mail ist raus: https://www.alemannisch.de/de/regionalgr....php?id=13

PPS. Meine Mutter (Hunsrück) sagte gerade, sie sei als Kind bei einem Arzt gewesen, der aus einem anderen Bundesland (Bayern meint sie) gewesen sei, und der hätte immer gesagt "siekschte wohl" (sieht du!).

Siekschte:
https://books.google.de/books?id=ZMHus3i...te&f=false
"Siekschte do kommt der Herr Sohlmann"

"Siegschte, so kimmts, wonn ma me Männel a Flint in die Hoand gibt."
https://www.hunde-aktuell.de/thema/jaege...573/page-3

Jetzt kommt der Knaller:

Antwort des Vereins:
>>
also „siegsch“ ist mir [hier] nicht bekannt, kenne eher „siebs“, z. Beispiel „siebs nitt, oder siebsches nitt“.
Aus Biberach [Baden] habe ich das schon gehört. Ich denke es ist von Ort zu Ort verschieden. Vielleicht hilft es
Ihnen weiter.
<<

Ich kann das bestätigen, ich hab das auch schon gehört.