Ich kann da nur von Finnland berichten, wo die Mehrsprachigkeit auch auf instititutioneller Ebene eigentlich gut funktioniert. In Finnland gibt es ein eigenes Sprachgesetz (
Kielilaki/Språklag), wo geregelt ist, dass eine Sprache, sollte sie von mehr als 8% oder 3000 Einwohnern einer Region die Muttersprache sein, zweite Amtssprache zu werden hat. Auf Landesebene sind
Finnisch und Schwedisch offizielle
Amtssprachen, und es gibt Gemeinden, in denen auch noch eine
Samische Sprache dritte Amtssprache ist. Seit 1995 sind im finnischen Grundgesetz dazu Samisch, Romani und Gebärdensprache als offizielle Minderheitensprachen anerkannt. Die meisten Gemeinden sind ein- oder zweisprachig. Es gibt aber auch eine viersprachige Gemeinde, nämlich
Inari.
Wie wird das realisiert? Formulare, etc, gibt es immer in allen Auführungen in allen jeweiligen Amtssprachen. Du hast das Recht, sowohl auf Finnisch als auch auf Schwedisch deinen Amtsgeschäften nachzugehen.
Straßenschilder sind ebenfalls in allen Amtssprachen (das gibt es auch in vielen anderen Ländern) - die Sprache, die von mehr Leuten gesprochen wird, steht dabei oben. So kann es vorkommen, dass in einer Gemeinde die Straßennamen zuerst auf Schwedisch und dann auf Finnisch stehen, in einer anderen dann umgekehrt.
Die Mehrsprachigkeit hat dort Bestand und wird auch immer weiter kultiviert. Und wie man sieht, muss auch die Aufteilung nach Domänen nicht immer zwingend durchgehend vorhanden sein. Natürlich ist es trotzdem wahrscheinllich, dass Personen, die zweisprachig dort aufgewachsen sind, bestimmte Lebensbereiche primär in der einen Sprache und bestimmte Lebensbereiche primär in der anderen absolvieren. Generell hat wohl das Schwedische in den letzten Jahren an 'Schwung' verloren, es scheint sich aber wieder zu etablieren.
Zu den verschiedenen Prinzipien, wie in Finnland sprachliche Rechte vergeben werden, etc., gibt es auch auch einen interessanten Artikel von
Saari (2000), die bezüglich des Domänenverlustes schlussfolgert:
Zitat:Der Gebrauch und die Zukunft einer Minderheitssprache hängen mit mehreren soziolinguistischen Variablen zusammen. Zu diesen gehören u.a. die Anzahl der Minderheit und die sprachlichen Rechte der Minderheit, die Massnahmen innerhalb der Sprachpflege und die Möglichkeiten, die Minderheitssprache in verschiedenen Domänen zu gebrauchen. Was aber ebenso ausschlaggebend ist, ist die Einstellung der Minderheit und der Mehrheit zu einander. Eine negative Einstellung innerhalb der Mehrheit kann verschiedene Konsequenzen haben. Unter diesen kann zuerst Domänenverlust genannt werden, was allmählich weitere Folgen aufweisen kann: eine Einschränkung des Wortschatzes, Codewechsel und Interferenz aus der Mehrheitssprache und ein Gebrauch der Sprache nur in mündlicher Kommunikation. Bei schriftlicher Kommunikation kann der Domänenverlust bedeuten, dass die Minderheitssprache nur in informalen Zusammenhängen (Briefe, Tagebücher, E-mail) benutzt wird.
Für dich interessant könnte dann auch noch die Reihe
Langauge in Society sein, die viele Veröffentlichungen zu
Multilingualism beinhaltet. Ebenso bzgl. der
Schweiz,
Belgien,
Finnland, etc., lohnt es sich, nach
Conflict and Compromise in Multilingual Societies zu suchen.