Lieber Oculus,
das trifft sich ja gut: Ich gebe seit mehreren Semestern Einführungskurse ins empirische Arbeiten und just in diesem Semester haben wir im Kollegenkreis sprachliche Zweifelsfälle und dabei auch den Übergang von der starken in die gemischte Flexion bei starken Nomina besprochen.
Bevor ich auf Details eingehe, will ich Dir direkt anraten, vor der Erhebung von Schülerdaten das Einverständnis der Eltern einzuholen. Wenn Eltern hinterher sagen, dass Du nicht die Daten ihrer Kinder verwerten darfst, dann kann das ganz schön problematisch werden, wenn:
a) Du nicht weißt/nicht mehr eruieren kannst, um welches Datenset es sich handelt (z.B. wegen Anonymisierung)
b) andere Eltern das mitbekommen und nachträglich auch die Daten ihrer Kindern nicht zur Verfügung stellen wollen.
Ich gebe das deshalb zu bedenken, da es sich bei Deinen Probanden nicht um Erwachsene handelt, die frei entscheiden können, ob sie an Deiner Erhebung teilnehmen wollen oder nicht.
Nun zu einzelnen Punkten Deiner Idee bzw. Deinen Fragen:
- Vor Deiner Untersuchung solltest Du Dich mit der Methodologie von Fragebögen vertraut machen. Auch wenn Du sie noch nicht ausfindig machen konntest, es gibt mittlerweile eine ganze Menge Literatur dazu:
Bühner, Markus (2011): Einführung in die Test- und Fragebogenkonstruktion. 3. aktualisierte Auflage. München: Pearson Studium.
Moosbrugger, Helfried & Augustin Kelava (2012): Testtheorie und Fragebogenkonstruktion. 2. aktualisierte Auflage. Berlin/Heidelberg: Springer.
Mummendey, Hans Dieter & Ina Grau (2008): Die Fragebogenmethode. 5. überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen/Bern: Hogrefe.
Raab-Steiner, Elisabeth (2012): Der Fragebogen. 3. aktualisierte und überarbeitete Auflage. Wien: Facultas wuv.
und natürlich einer der Klassiker:
Schütze, Carson (1996): The empirical base of linguistics: Grammaticality judgments and linguistic methodology. University of Chicago Press (seit kurzem auch online als PDF erhältlich:
http://langsci-press.org/catalog/book/89)
- Gibt es einen trifftigen Grund, die Testsätze auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten zu lassen? In der genannten Literatur wirst Du andere, gebräuchlichere Skalen finden, z. B. Likert-Skalen (mit fünf oder sieben Stufen). Ich bevorzuge in meinen Fragebögen persönlich nur 'ja' und 'nein'. Residualkategorien nehme ich nicht an, d. h. so etwas wie: weiß nicht/unentschlossen etc. Fanselow & Weskott haben sich mit der Frage auseinander gesetzt, welche Skalierung besser ist:
http://weskott.textstrukturen.uni-goetti..._final.pdf
- Nun zur Frage nach der prinzipiellen Möglichkeit bzw. Sinnhaftigkeit des Vergleichs von Produktion und Akzeptabilität. Im gewissen Sinne ist Deine Situation vergleichbar mit dem Bezug von Korpusdaten auf Fragebogendaten. Eine direkte Beziehung gibt es nicht. Die Annahme einer Beziehung zwischen beiden Datensätzen ist selbst hypothesengebunden. Eine Hypothese darüber, wie sich die Daten zueinander verhalten, hast Du schon erstellt. Hier stellt sich mir die Frage, wie Du auf diese Hypothese kommst. In einer Hausarbeit müsstest Du nämlich angeben können, wieso Du diese Hypothese vertrittst. Gibt es dazu Meinungen in der Literatur oder hast Du selbst schon Daten erhoben, auf die Du Dich stützen kannst, etc?
Wenn Du weitere Fragen hast, versuche ich Dir gerne weiter zu helfen.
Mit bestem Gruß
PeterSilie