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Kevin > 10.03.2012, 17:32:45
thf > 10.03.2012, 18:01:14
(10.03.2012, 17:32:45)Kevin schrieb: Gibt es dazu eine Liste, die noch mehr als diese hier auflistet, wenn nein, welche Sprachen fallen euch da noch ein?
AlexderFranke > 10.03.2012, 20:34:10
janwo > 10.03.2012, 21:42:45
(10.03.2012, 20:34:10)AlexderFranke schrieb: Man sollte zu allen Stämmen, deren Sprachen am meisten vom Vergessen bedroht sind, Leute hinschicken, welche die Sprache aufzeichnen. Es müßte zu bewerkstelligen sein, rund 100 Leute loszuschicken, um Aufzeichnungen zu machen.Große Quizfrage: wer soll das bezahlen?
(10.03.2012, 20:34:10)AlexderFranke schrieb: In Europa dürfte keine Sprache derart gefährdet sein wie manche Sprache in Australien und Amerika.Das hängt, wie in meinem letzten Beitrag schon angedeutet, auch wieder davon ab, wie Du "Europa" eingrenzt, und inwiefern Du bedrohte Dialekte gelten lassen möchtest.
AlexderFranke > 10.03.2012, 23:23:20
janwo > 11.03.2012, 08:39:43
(10.03.2012, 23:23:20)AlexderFranke schrieb: Wenn man je Aufzeichner von einem Monatslohn von rund 5.000 Euro ausgeht,Das ist ja ein Professorengehalt! Nee, die meisten (Post)Doktoranden müsen mit einem Bruchteil dessen auskommen. Aber seien wir großzügig und nehmen das als Berechnungsgrundlage für die laufenden Kosten inklusive Material, Reisespesen, Honorare für Informanten etc. und seien so optimistisch, dass man mit diesem Budget innert 3 Jahren fertig sein kann.
5.000 Eurodollar × 36 (Monate) × 2.500 (Sprachen) = 540.000.000 Euro
(10.03.2012, 23:23:20)AlexderFranke schrieb: sind das Kosten von ein paar Millionen Euro jährlich je Erdteil. Das müßte zu stemmen sein.Theoretisch ist das kein Problem. Praktisch liegen die Prioritäten anders. Aber lass mich jetzt nicht über Bankenrettungen, Militäretats und ähnliche Dinge anfangen.
(10.03.2012, 23:23:20)AlexderFranke schrieb: In Australien gibt es schon eine ansehnliche Zahl von Sprachzentren, die Aufzeichner in die Umgebung schicken können. Da sind überwiegend Ureinwohner tätig. Selbstverständlich sollten die Sprecher dazu angeleitet werden, daß sie selbst aufzeichnen. Am meisten ist Überzeugungsarbeit nötig, daß ihre Sprache es wert ist, festgehalten und an Kinder weitergegeben zu werden.Zu aller erst müsste in der Gesellschaft – und ich meine jetzt die gesamte Gesellschaft, insbesondere auch die Sprecher der nicht bedrohten Mehrheitensprachen – ein Umdenken stattfinden. Es bringt gar nichts, wenn man den Sprechern der bedrohten Sprachen einredet, ihre Sprachen seien erhaltenswert usw., wenn sonst niemand dieser Auffassung ist bzw. dem "Rest der Welt" diese Sprachen gleichgültig sind.
Kevin > 11.03.2012, 17:15:32
Zitat:In Europa dürfte keine Sprache derart gefährdet sein wie manche Sprache in Australien und Amerika.List of endangered languages in Europe
AlexderFranke > 14.03.2012, 00:21:15
janwo > 14.03.2012, 10:04:11
(14.03.2012, 00:21:15)AlexderFranke schrieb: Ich behaupte auch nicht, daß in Europa kein Handlungsbedarf besteht. Ich würde gerne sehen, daß in Europa keine Sprache ein Nischendasein führt, sondern im Stammgebiet von jedem Bürger gesprochen wird.Das wird sich wohl nicht (mehr) erreichen lassen. Zumindest nicht ohne undemokratische bzw. rechtsstaatsferne Methoden.
(14.03.2012, 00:21:15)AlexderFranke schrieb: Wir sind aber weit von Verhältnissen bei australischen und amerikanischen Ureinwohnern und in Afrika entfernt. Fast alle Sprachen, die nicht schon vor sehr länger Zeit ausgestorben sind, haben noch irgendwelche Sprecher und sind schriftlich festgehalten. Überall gibt es Vereine, die für den Fortbestand eintreten.Kennst Du die Frage aus dem Asterix-Vorspann? In Anlehnung daran frage ich: Überall?
(14.03.2012, 00:21:15)AlexderFranke schrieb: Es gibt leider ein paar wenige Ausnahmen, wo mir ein paar samische Sprachen sowie Istriotisch und Megleno-Rumänisch einfallen. Die deutschen Regionalsprachen haben noch Sprecher im Hunderttausender- und Millionencereich. Auf lange Sicht sehe ich sie aber unter den am stärksten gefährdeten Sprachen In Europa.Möge @Kevin mich korrigieren, aber beim Niederdeutschen, das angeblich Millionen Sprecher hat, muiss man sehr deutlich unterscheiden zwischen LÖeuten, die sich zu der Sprache bekennen und solchen, die die Sprache wirklich beherrschen, und zwar nicht nur ein abgeflachtes, vereinheitlichtes "Fernsehplatt", sondern eine authentische, lokale Varietät.
(14.03.2012, 00:21:15)AlexderFranke schrieb: Saterfriesisch und Nordfriesisch haben zwar wenige Sprecher, aber es gibt nennenswerte Umtriebe für den Fortbestand. Bei den Sorben und Friesen gibt es Schulunterricht in nennenswertem Umfang, wovon man bei den deutschen Regionalsprachen im engeren Sinn weit entfernt ist.Stimmt. Wobei wir in der Grundschule durchaus gelegentlich westfälisches Platt im Unterricht gesprochen haben. (Zumindest die Eingeborenen.)
(14.03.2012, 00:21:15)AlexderFranke schrieb: Es war am Ende der Römerzeit, als Europa durch das Verschwinden von vorromanischen Sprachen in Westeuropa den größten Verlust erlitten hat.Ich denke, das Entstehen der Nationalstaaten hat das Seinige dazu beigetragen.
(14.03.2012, 00:21:15)AlexderFranke schrieb: Wieviel gegengesteuert wird, ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Das Schlußlicht bilden wohl Deutschland und Griechenland. Wie es in Rußland und der Ukraine aussieht, darüber weiß ich nicht viel. Ich weiß nur, daß die Regionalsprachen in russischen Teilrepubliken amtlichen Status haben sowie Russisch und Ukrainisch in der Ukraine nebeneinander bestehen. Weißrussisch in Weißrußland könnte auf lange Sicht auch stark gefährdet sein, wenn die Entwicklung sich so fortsetzt.Der amtliche Status hilft auch nicht viel, wenn es keinen interessiert und eh alle Russisch sprechen (müssen).
(14.03.2012, 00:21:15)AlexderFranke schrieb: Ausgerechnet in Deutschland, das gegenüber anderen Ländern gerne eine große Klappe hat, kümmert man sich wenig um den Fortbestand der Regionalsprachen, wenn man von Sorbisch und Friesisch absieht. Ich habe das Gefühl, daß die Politik sich viel mehr um die Bedürfnisse der hier lebenden Fremdländer und ein Erscheinen Deutschlands als weltoffenes Land kümmert als die Bewahrung einheimischer Kulturlandschaften.Mich beschleicht eher das Gefühl, dass beides nur äußerst halbherzig betrieben wird.
Kevin > 14.03.2012, 19:20:02
Zitat:Wieviel gegengesteuert wird, ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Das Schlußlicht bilden wohl Deutschland und Griechenland.Das kannst du so nicht sagen. Deutschland tut nicht allzu wenig. Es werden schließlich Gelder jährlich für die Förderung ausgegeben, zumal wir ja auch die EU-Charta ratifiziert haben. Irland ist noch krasser und ist deshalb schon dem Bankrott nahe. Das wirkliche Schlusslicht im Westen ist eindeutig Frankreich, für die Französisch das einzig Wahre ist, es offiziell keine Minderheiten gibt, sie als verleumdet werden und für die kein Pfennig ausgegeben wird.
Zitat:Bei den Sorben und Friesen gibt es Schulunterricht in nennenswertem Umfang, wovon man bei den deutschen Regionalsprachen im engeren Sinn weit entfernt ist.Bei den Sorben gibt es sogar Immersionsschulen, was ich sehr gut finde. Sie machen allerdings der Reihe nach zu, weil ihnen die Schüler ausgehen. Welches Friesisch meinst du denn? Saterfriesisch gibt es nur in geringem Umfang in der Schule und führt nicht zu einer wirklichen Sprachkompetenz und Nordfriesisch wird ebenfall nur hie und da an der Schule unterrichtet und führt ebenso zu keiner richtigen Kompetenz.
Zitat:Möge @Kevin mich korrigieren, aber beim Niederdeutschen, das angeblich Millionen Sprecher hat, muiss man sehr deutlich unterscheiden zwischen LÖeuten, die sich zu der Sprache bekennen und solchen, die die Sprache wirklich beherrschen, und zwar nicht nur ein abgeflachtes, vereinheitlichtes "Fernsehplatt", sondern eine authentische, lokale Varietät.Keine Sorge, ich stimme dir zu. Man kann davon ausgehen, dass 10 Millionen Menschen in Norddeutschland mindest passiv verstehen. Von diesen 10 Millionen sprechen 1-2 Millionen Menschen Plattdeutsch als Muttersprache oder haben eine gute Kompetenz. Wie viele von diesen Plattdeutsch auch wirklich im Alltag gebrauchen, weiß ich nicht.
AlexderFranke > 14.03.2012, 20:29:16
janwo > 14.03.2012, 20:43:41
AlexderFranke > 14.03.2012, 23:32:43
Kevin > 14.03.2012, 23:42:16
Zitat:Sprachkurse außerhalb des Schulwesens sucht man meist vergeblich.Es gibt viele Volkshochschulkurse und auch an einigen Unis viele Angebote zum Niederdeutschen. Ich bin selbst auch Volkshochschullehrer für Plattdeutsch =)
Zitat:Ein Schweizer hat mir einmal geschrieben, daß in der Schweiz eine Annäherung und Vermischung der Ortsmundarten vor allem in Städten ohne starke Verwässerung in Richtung Standarddeutsch stattfindet.Ich kenne es genau andersrum. Die Mundarten und selbst auch das Schweizer Hochdeutsche entwickeln sich immer mehr vom Standarddeutschen weg, weil es dort dermaßen verpöhnt ist. In immer mehr Domänen herrscht das Schwytzerdütsch vor und entwickelt sich immer mehr zur Abstandssprache.
Zitat:Neben Niederdeutsch zähle ich auch Bairisch, Alemannsich und andere zu den Regionalsprachen.Wie kommst du dazu? Linguistisch gesehen sind dies eher Varietäten der deutschen Sprache. Und was meinst du mit andere?