Finalsatz

Hallo liebe Mitglieder,

ich kenne die Regel normalerweise, wann man um zu+Inf. bzw. damit verwendet.

Bei diesem Satz bin ich trotzdem unsicher:

"Immer wenn wir zu ihnen gekommen sind, haben sie uns Geld gegeben um Getränke zu kaufen."

Ich habe diesen Satz mal so gehört. Ich hätte gesagt, der Satz ist nur mit "damit" richtig, da das Subjekt nicht gleich ist.

Wie seht ihr das?

Vielen Dank

eva

(08.08.2017, 22:31:28)evita schrieb: "Immer wenn wir zu ihnen gekommen sind, haben sie uns Geld gegeben um Getränke zu kaufen."

Ich habe diesen Satz mal so gehört. Ich hätte gesagt, der Satz ist nur mit "damit" richtig, da das Subjekt nicht gleich ist.

Wieso sollten sie uns denn kein Geld geben können um Getränke zu kaufen? Wenn wir die Getränke in ihrem Auftrag für sie kaufen oder wir gleich selbst mit Getränken handeln und dafür bei ihnen kassieren, dann stimmt doch alles mit der Subjektidentität!

[quote pid='15873' dateline='1502224288']
"Immer wenn wir zu ihnen gekommen sind, haben sie uns Geld gegeben um Getränke zu kaufen."

Ich habe diesen Satz mal so gehört. Ich hätte gesagt, der Satz ist nur mit "damit" richtig, da das Subjekt nicht gleich ist. 
[/quote]


Immer, wenn wir zu ihnen gekommen sind, haben sie uns Geld gegeben, um Getränke zu kaufen.

Ich habe diesen Satz einmal so gehört. Ich hätte gesagt (?), der Satz sei nur mit "damit" richtig, da das Subjekt nicht gleich (?) ist.


Immer, wenn wir zu ihnen gekommen sind, > Temporaladverbiale (Wann?)

haben > Prädikat 1. Teil

sie > Subjekt (Wer?)

uns > Dativobjekt (Wem?)

Geld > Akkusativobjekt 1. Teil (Wen oder was?)

gegeben, > Prädikat 2. Teil

um Getränke zu kaufen.  > Akkusativobjekt 2. Teil (Wen oder was?)

Da ist nirgends ein zweites Subjekt. Weshalb auch?

Der 2. Teil des Prädikats steht an der letzten Stelle:
Immer, wenn wir zu ihnen gekommen sind, haben sie uns Geld, um Getränke zu kaufen, gegeben.

(22.08.2017, 08:54:51)Hans Landberner schrieb: Da ist nirgends ein zweites Subjekt. Weshalb auch?

Der 2. Teil des Prädikats steht an der letzten Stelle:

Doch, da ist -wie bei jedem Infinitivsatz- natürlich ein gedachtes Subjekt auch in dieser finalen Infinitivkonstruktion! Es ist identisch mit dem Subjekt des übergeordneten Hauptsatzes.

(22.08.2017, 08:54:51)Hans Landberner schrieb: Immer, wenn wir zu ihnen gekommen sind, haben sie uns Geld, um Getränke zu kaufen, gegeben.

Jetzt verschlimmbesserst du den Satz aber gewaltig:

canoo.net schrieb:Infinitivkonstruktionen mit zu stehen meist im Nachfeld (...)

canoo.net schrieb:Wenn ein Nebensatz durch eine mehrteilige Fügung eingeleitet wird, werden die Teile der Fügung im Allgemeinen nicht durch ein Komma getrennt (...)

Der Matrixsatz ist doch aber die Apodosis und nicht die Protasis. Insofern gibt es hier keine Subjektgleicheit mit dem Matrixsatz.
Allgemein, warum sollte die Subjektstelle eines infiniten um+zu-Finalsatzes mit dem Subjekt des Matrixsatzes identisch also koreferent sein? Das Subjekt von Infinitivformen wird doch lexikalisch gesättigt und ist nicht etwa syntaktisch gebunden. Insofern ist die Referenz des "gedachten" Subjekts situationell zu ermitteln. Andernfalls dürfte folgender Satz auch nicht ambig sein:

Oma gab mir ihr ganzes Geld, um meine Frau glücklich zu machen.

Lesart 1: Mit dem Geldgeschenk macht sie meine Frau glücklich. (Subjekt des Matrixsatzes und gesättigtes Subjekt des Finalsatzes sind koreferent.)
Lesart 2: Mit dem Geldgeschenk soll ich meine Frau glücklich machen. (Subjekt des Matrixsatzes und gesättigtes Subjekt des Finalsatzes sind nicht koreferent, sondern das gesättigte Subjekt und das Dativobjekt des Matrixsatzes.)

Viele Grüße
PeterSilie

(22.08.2017, 12:27:12)PeterSilie schrieb: "Apodosis (...) Protasis" Nix verstehen! Was willst du hier eigentlich für NEUE Grammatikregeln einführen?!

Zitat:Oma gab mir ihr ganzes Geld, um meine Frau glücklich zu machen.

Oma gab ihr ganzes Geld und wollte meine Frau (in meinem Fall eher meinen Mann) glücklich machen: Die Subjekte der- oder desjenigen der sein oder ihr ganzes Geld gab, und dessen- oder derjenigen, der oder die sein oder ihr oder sein ganzes Geld gab, sind identisch!

Der Finalsatz gehört zur Gruppe der konditionalen Adverbialsätze und lässt sich entsprechend in Bedingung (Protasis) und Folge (Apodosis) gliedern. Die Apodosis ist stets Matrixsatz und die Protasis abhängiger Adverbialsatz. Ds heißt für das Beispiel:

"Immer wenn wir zu ihnen gekommen sind, haben sie uns Geld gegeben um Getränke zu kaufen.",

dass sie Subjekt des Matrixsatzes ist und nicht etwa wir. Entsprechend müsste bei angenommener Subjektidentität sie das Subjekt im Finalsatz sein, ist es aber nicht. Ansonsten würden sie Getränke kaufen und nicht wir. Bei folgendem Beispiel aus der IDS-Grammatik (Zifonun et al. 1997: 1440) ist auch keine Subjektidentität vorhanden:

"Die Predigt war nötig, um zu zeigen, wie wenig reif wir noch zu wirklicher Verständigung sind."

Hier zeigt nicht etwa die Predigt etwas, sondern derjenige, der die Predigt gehalten hat. Insofern ist das Subjekt des Finalsatzes hier noch nicht einmal overt realisiert. Subjektidentität bestünde nur bei folgender Abwandlung:

"Ich habe die Predigt gehalten, um zu zeigen, wie wenig reif wir noch zu wirklicher Verständigung sind."

Insofern schreibe ich hier keine Regeln neu oder um, sondern zeige nur anhand von Beispielen, dass eine solche Regel nicht korrekt sein kann.

(23.08.2017, 13:35:48)PeterSilie schrieb: "Die Predigt war nötig, um zu zeigen, wie wenig reif wir noch zu wirklicher Verständigung sind."

Hier zeigt nicht etwa die Predigt etwas, sondern derjenige, der die Predigt gehalten hat.

Geschenkt! Diese Interpretation ist aber auch nur deshalb möglich, weil es sich bei Predigt um die Nominalisierung des Verbs predigen handelt, das natürlich seinerseits eine Nominativergänzung (ein Subjekt) hat.

Bei einfachen Finalsätzen hat man ja noch nicht einmal immer Subjektidentität, sondern Identität des gedachten Subjekts (der Nominativergänzung) des Infinitivsatzes mit anderen Ergänzungen des Verbs.

Ich empfehle dir, jetzt nach Hause zu fahren.
(Gedachtes Subjekt ist identisch mit der Dativergänzung des übergeordneten Hauptsatzes.)

Ich bitte dich, jetzt nach Hause zu fahren.
(Gedachtes Subjekt ist identisch mit der Akkusativergänzung des übergeordneten Hauptsatzes.)

Bei Versetzen des Kommas ist auch hier der Referent aus dem übergeordneten Satz noch nicht einmal overt:
Ich bitte (jemanden), dich jetzt nach Hause zu fahren.

Wie gesagt, alles geschenkt: Ausnahmen bestätigen die Regel!

In deinem Satz mit der Predigt wird bewusste Agensverschleierung betrieben, ähnlich wie das auch in Passivsätzen möglich ist:

Die Predigt wurde gehalten, um zu zeigen, wie wenig reif wir noch zu wirklicher Verständigung sind.
entsprechend:
Man hielt die Predigt, um zu zeigen, wie wenig reif wir noch zu wirklicher Verständigung sind.

In all diesen Fällen ist natürlich das verschleierte Agens das gedachte Subjekt des Infinitivsatzes.

Bei dem OP-Beispielsatz haben wir allerdings ein duchaus erkennbares Subjekt/Agens und es besteht daher auch überhaupt kein Zweifel für mich, dass diejenigen, die dafür das Geld geben, letztlich auch diejenigen sind, die die Getränke kaufen.

Vielleicht sollte man aber differenzieren zwischen finalen Infinitivkonstruktionen als Attributsätzen und solchen als Angaben (Adjunkten):

Das Geld, um die Alcopops zu kaufen, hatten die Eltern in der Küchenschublade deponiert.
Hier handelt es sich bei der finalen Infinitivkonstruktion um ein Attribut zu Geld. Die Akkusativergänzung Geld besetzt hier gemeinsam mit ihrem Attribut als einzelnes Satzglied das Vorfeld des Hauptsatzes.

In diesem Satz sind die Eltern natürlich nicht diejenigen, die die Getränke kaufen, sondern ihre Kinder. Die Eltern hatten wohl auch nicht beabsichtigt, ihre Kinder auf diese Art und Weise zum Kauf dieser Getränke zu animieren. Die Frage ist hier auch nicht, zu welchem Zweck die Eltern Geld in der Küchenschublade deponiert hatten.

Möglich ist diese Interpretation der finalen Infinitivkonstruktion als Attribut immer bei Substantiven, denen die Finalität, also das Sem [+ ZWECK] bereits innewohnt. Dies ist im Allgemeinen bei Mitteln, Instrumenten und Werkzeugen der Fall. Auf Geld als Zahlungsmittel, trifft dies also zu.

Nehmen wir ein weiteres Beispiel mit Werkzeug:

Eine Brechstange, um die Terrassentür des Hauptgebäudes aufzuhebeln, fanden die Täter in der offen stehenden Garage.
(Finale Infinitivkonstruktion als Attribut zur Kennzeichnung des Zwecks eines Werkzeuges)

Stellen wir diesen Satz um, indem wir die Infinitivkonstruktion als eigenständiges Satzglied, also nicht als Attribut, sondern als modale Angabe (Adjunkt) behandeln, so klingt dies merkwürdig bzw. sogar markiert:

*Eine Brechstange fanden die Täter in der offen stehenden Garage, um die Terrassentür des Hauptgebäudes aufzuhebeln.

Diese Markierung entfällt nur, wenn man den Satz so liest, dass die Täter erst durch den Fund der Brechstange auf die Idee kamen, auch ins Haupthaus einzudringen:

Eine Brechstange fanden die Täter in der offen stehenden Garage, um daraufhin die Terrassentür des Hauptgebäudes aufzuhebeln.
(Finale [oder gar konsekutive?] Infinitivkonstruktion als Angabe)

Ehrlich gesagt halte ich Deine Interpretation des Originalbeispiels für die markierte Lesart. Viel natürlicher finde ich die Lesart, dass sie uns bei jedem unserer Besuche Geld gegeben und uns damit in die Lage versetzt (wenn nicht sogar implizit beauftragt) haben, Getränke zu kaufen.

Zur Agensverschleierung: Ich weiß ehrlich geagt nicht so recht, was das sein soll, vermute aber mal, dass Du damit meinst, dass ein nicht overt realisiertes Agens vom Hörer interpretiert werden muss (im Grunde hatte ich in einem früheren Post nichts anderes gesagt).

Mich würde jetzt aber noch Folgendes interessieren: Du sagts ja, das Beispiel mit der Predigt geht nur, weil Predigt eine Nominalisierung darstellt. Wie sieht es dann bei folgendem Beispiel aus:

Google ist nötig, um Internetrecherchen zu betreiben.

Google meint hier die Suchmaschine und nicht etwa den Konzern dahinter, der ja auch Alphabet Inc. heißt. Subjekt verschleiert oder nicht kann hier nicht das (implizite) Agens des Matrixsatzes sein!

Regeln mit Ausnahmen sind schlechte Regeln :P  In solchen Fällen denkt man doch besser in Beschränkungen oder Konstruktionen!

(24.08.2017, 13:10:24)PeterSilie schrieb: Google ist nötig, um Internetrecherchen zu betreiben.

Wie ich bereits gesagt hatte: Instrumenten, Mitteln, Werkzeugen und "Tools", zu denen auch Google zweifelsohne zählt, wohnt bereits die Finalität, also das Sem [+ZWECK] inne. Deshalb stellen sie bei finalen Infinitivkonstruktionen eine Ausnahme dar!

Man kann es übersetzen mit:

Man benötigt Google, um Internetrecherchen zu betreiben.

Das gedachte Subjekt/Agens des finalen Infinitivsatzes ist das Indefinitpronomen man.