Diminutiv -lein bei "Ranken"

Hallo ihr Lieben,

wieso fällt es mir so schwer, den Diminutiv von "Ranken" zu bilden?
Müsste es nicht "Ränklein" heißen statt "Rankenlein"? Aber wo steht die Regel? Und woher weiß man, dass es sich - bei einer Reanalyse - nicht um das Lexem "Ranke" handelt?


Vielleicht kann ja jemand etwas dazu sagen :)

Ich würde mich sehr freuen!

Viele Grüße

Zitat:Müsste es nicht "Ränklein" heißen statt "Rankenlein"? Aber wo steht die Regel? Und woher weiß man, dass es sich - bei einer Reanalyse - nicht um das Lexem "Ranke" handelt?

Der Diminutiv wird generell vom Singular abgeleitet, wobei in der Regel eine Umlautung stattfindet. "Ranken" ist doch der Plural von "Ranke", es handelt sich also sehr wohl um das Lexem "Ranke". Ich verstehe nicht ganz, was Du hier meinst. Auf jeden Fall lautet die richtige Diminutivform mit {lein} "Ränklein".

LG
Yaouoay

(24.02.2022, 20:16:28)Yaouoay schrieb:

Zitat:Müsste es nicht "Ränklein" heißen statt "Rankenlein"? Aber wo steht die Regel? Und woher weiß man, dass es sich - bei einer Reanalyse - nicht um das Lexem "Ranke" handelt?

Der Diminutiv wird generell vom Singular abgeleitet, wobei in der Regel eine Umlautung stattfindet. "Ranken" ist doch der Plural von "Ranke", es handelt sich also sehr wohl um das Lexem "Ranke". Ich verstehe nicht ganz, was Du hier meinst. Auf jeden Fall lautet die richtige Diminutivform mit {lein} "Ränklein".

LG
Yaouoay

Vielen Dank für Deine Antwort, aber ich meine tatsächlich "Ranken" als Singular. Siehe www.woerterbuchnetz.de/DWB/ranken

Das Wort wird hauptsächlich in Süddeutschland verwendet.
Bliebe es bei "Ränklein"?

LG

Ich kenne das Wort nicht. Aber vielleicht können wir über Analogiebildung die Antwort finden:
Das Wort Kuchen besteht ebenfalls aus einem betonten umlautbaren Stamm ({kuch}) und der Endung {-en}, die etymologisch nicht zum Stamm gehört. Der {lein}-Diminutiv von Kuchen lautet Küchlein: Die Endung {-en} wird getilgt, der Stamm umgelautet.
Aus dem Eintrag im grimmschen Wörterbuch, den Du verlinkt hast, schließe ich, dass auch bei Ranken die Endung {-en} tilgbar ist. Daher scheint mir die Form Ränklein korrekt.

LG
Yaouoay

Ich hätte da noch zwei Vorschläge, warum man sich mit diesem Diminutiv schwer tut:
1. Das ist ein mundartliches Wort, auf das kaum die Derivationsregeln und -affixe der Hochsprache angewandt werden dürften. Das heißt, da wäre eher ein -le/-la als ein -lein zu erwarten.
2. Die Semantik steht auch im Weg. Wenn es die Bezeichnung für ein (übermäßig) großes Stück Brot usw. ist, wie soll da ein Diminutiv funktionieren, ohne ein Oxymoron wie Gigäntchen oder Rieslein zu produzieren?

Das Problem ist ja auch, dass es so aussieht, als wäre das Wort multimorphemisch, weil man zwei Lexeme hat "Ränklein" und "Ranken", die eigentlich den gleichen Stamm haben sollten, aber ein {-en} fehlt. Viele Wörter im Deutschen, die auf /-en/ enden, haben dieses /-n/ lexemisch angenommen als paradigmatischen Ausgleich, weil zum Beispiel andere Kasusformen das /n/ hatten außer der Nominativ. Während das /-en/ aber keine volle Morphemfunktion hat (ich weiß nicht, ob es sowas gibt wie ein Pseudomorphem?), hat der Stamm das Allomorph ohne /en/, das für den Diminutiv benutzt wird, also sind beide Formen im mentalen Wörterbuch vorhanden. Das gleiche gilt ja auch bei "Kuchen" oder "Kasten" etc. "Küchlein, Kästlein", deren Nominativ historisch auf /-e/ ausgeht. Bei "Eisen" gehörte das /-en/ ja aber immer dazu, ein (semantisch unlogisches) Diminutiv wäre dann "Eisenlein". 
Einige germanische Varietäten in Deutschland benutzen ja aber auch eine /-en/ relativ produktiv bei femininen Wörtern, Bairisch mit "Brezen" oder einige südniedersächsische Dialekte "Köken, Arvten" (Küche, Erbse). Könnte man stattdessen auch sagen, dass /-en/ eine overte, feminine Nominativmarkierung ist und dann die Regel aufstellen, dass {-lein} auf den Stamm angewandt wird und eine Nominativmarkierung ausfällt?