Allgemeine Begriffsdefinitionen Linguistik

Lieber stankovo13,
es freut mich sehr, dass wir dir mit unseren Antworten geholfen haben; helfen tut man immer gern (vor allem wenn einem dafür auch noch so vorbildlich gedankt wird ;) ).
Ich habe dabei auch ein paar neue Termini (kennen)gelernt; eine Win-win-Situation!

Ein Hinweis noch zur Assimilation:
Wie du den Beiträgen unter meiner zweiten Antwort entnehmen kannst, gab es meinerseits eine gewisse Ungenauigkeit, was den Terminus "Assimilation" angeht. Wenn du dir entsprechende Kommentare anschaust, wirst du die richtige Bedeuteng extrahieren können, dennoch fasse ich es noch einmal ganz kurz zusammen:

Assimilation
"Assimilation" bedeutet direkt übersetzt "Angleichung". Es geht um das Verändern von Lauten, die dadurch meistens an den angrenzenden Laut angeglichen werden (in Stimmhaftigkeit, Bildungsort und Bildungsart). Man nennt dies "Koartikulation".
Beispiele aus dem Deutschen:
- Auslautverhärtung: Rad [ˈʁaːt]; mies [ˈmiːs] (aber: miese [ˈmiːzə]) (Angleichung an die folgende Stimmlosigkeit eines fehlenden Lautes)
- Nasalassimilation: Anfang [ˈaɱfaŋ]; ungut [ˈʊŋgut] etc. (Angleichung an den Bildungsort des folgenden Ortes)

Liebe Grüße
Yaouoay

(05.02.2017, 15:41:54)Yaouoay schrieb: Man nennt dies "Koartikulation".

Nein. Koartikulation ist die gleichzeitige Aussprache, die Mit-Aussprache von etwas.

Oh ... Dann habe ich das wohl falsch verstanden. Es ist aber schwierig, diese Nuance in einer beiläufigen Definition zu erkennen. Ich war nicht auf den Gedanken gekommen, dass es etwas anderes bedeuten könnte; deshalb habe ich den Begriff nicht noch einmal nachgeschlagen. Ich lern draus!

Liebe Grüße
Yaouoay

Danke noch einmal für die Antworten :)

Jetzt hab ich allerdings doch noch ein paar Fragen.

Hab ich das Null Morphem richtig verstanden?:
Null-Endung:
Kann in einem anderen Kasus trotzdem eine Endung bekommen z.B.: djed + Nullmorphem ⇒ djeda, djedu – dt. Bsp.: Mann – Mannes – Manne/Mann – Mann ⇒Dativ Sg. liegt Allomorph „-e“ oder ein Nullmorphem

Was ist der unterschied zwischen Graphem und Buchstabe? Dachte das wären die gleichen Sachen.

Welche grammatischen Kategorien gibt es sowohl bei Substantiven als auch bei Adjektiven. Bei Substantiven ist es mir ja klar --> Kasus, Numerus und Genus und bei Adjektiven? Kasus und Numerus ? Genus kann man doch nicht bei Adjektiven bestimmen.

Welche grammatische Kategorie fehlt bei Pronomen für die ersten zwei Personen im Unterschied zum Pronomen für dritte Person? Ist es der Imperativ? Bin mir da total unsicher. Und wenn es dieser ist, kann man mir das kurz erklären?


Liebe Grüße

Hallo stankovo13,
hier keine Antwort, sondern nur kleine Hilfestellungen beim Selbst-Herausfinden:

(07.02.2017, 12:48:50)stankovo13 schrieb: Hab ich das Null Morphem richtig verstanden?:
Null-Endung:
Kann in einem anderen Kasus trotzdem eine Endung bekommen z.B.: djed + Nullmorphem ⇒ djeda, djedu – dt. Bsp.: Mann – Mannes – Manne/Mann – Mann ⇒Dativ Sg. liegt Allomorph „-e“ oder ein Nullmorphem

Klingt recht gut. Eine Endung bezeichnet eine Position eines Paradigmas, also im Deutschen und Kroatischen(?) z.B. "Nom.-Sg. = Ø". Ein Nullendung ist gerade dann auffällig, wenn sie als einzige (oder eine der wenigen) kein Sprachmaterial (also Laute o.ä.) besitzt.

(07.02.2017, 12:48:50)stankovo13 schrieb: Was ist der unterschied zwischen Graphem und Buchstabe? Dachte das wären die gleichen Sachen.

Verwenden denn alle Sprachen Buchstaben (d.h. Einzellautzeichen)? Und was ist mit Allographen nhd. <s> (in Spiel, Stein) ~ <sch> oder <f> ~ <v>. Buchstabe wirkt oft etwas ungenau.

(07.02.2017, 12:48:50)stankovo13 schrieb: Welche grammatischen Kategorien gibt es sowohl bei Substantiven als auch bei Adjektiven. Bei Substantiven ist es mir ja klar --> Kasus, Numerus und Genus und bei Adjektiven? Kasus und Numerus ? Genus kann man doch nicht bei Adjektiven bestimmen.

Gemeint sind Kategorien, deren Veränderungen ihrer Positionen ein Paradigma bilden. Denk dir doch einfach entsprechende Beispiele:

Substantiv:
das schöne Haus / des schönen Hauses / dem schönen Haus(e)
die schönen Häuser / der schönen Häuser / den schönen Häusern

Adjektiv: siehe oben und:
ein schönes Haus / ein schöner Bau / eine schöne Ruine.

--> wo ist also eine Kategorie zusätzlich realisiert, was zu weiteren Positionen innerhalb eines Paradigmas und damit zu weiteren Endungen bei dieser Wortart führt? [Hinweis: es ist genau umgekehrt als du annimmst]

(07.02.2017, 12:48:50)stankovo13 schrieb: Welche grammatische Kategorie fehlt bei Pronomen für die ersten zwei Personen im Unterschied zum Pronomen für dritte Person? Ist es der Imperativ? Bin mir da total unsicher. Und wenn es dieser ist, kann man mir das kurz erklären?

1. Ps.: ich
2. Ps. du
3. Ps.: er - sie - es

Du verwechselst vielleicht Imperativ mit Vokativ, aber auch den gibt es im Deutschen nicht flexivisch. ;)

Zitat:Welche grammatische Kategorie fehlt bei Pronomen für die ersten zwei Personen im Unterschied zum Pronomen für dritte Person? Ist es der Imperativ? Bin mir da total unsicher. Und wenn es dieser ist, kann man mir das kurz erklären?

Salute, stankovo 13!

Imperative richten sich in der Mehrzahl der Verwendung an andere Personen, seien sie nah, seien sie etwas ferner, nicht an den Sprecher selbst. Hol/Holt mir die Bücher aus der Bibliothek.
Das dürfte dann jeweils die "zweite Person" ansprechen. Selbst dann wenn ein klassischer Held zu sich selbst sagt: "Ermanne dich!"

Vielleicht ist das hier in der (etwas seltsamen Fragestellung) gemeint:

Alle (sie) lieben sich.
Nur ich liebe mich.

Dieses komische Kleingedicht mit der These von der allgemeinen Selbstliebe in der ersten Zeile und einem Gegensatz/Ausnahmesignal zu Beginn der zweiten Zeile ("nur") funktioniert deshalb überraschend und lustig,
weil es gar keinen Gegensatz gibt. Wenn das Ich sich liebt, so ist das kein Widerspruch zu "Alle lieben sich".

Hier wird die grammatische Kategorie "Reflexivität" deutlich:
Eine Handlung oder ähnliches mit einem Agenssubjekt
trifft nicht - wie üblich - eine "fremde Person oder Sache". Es geht vielmehr um eine Innenbeziehung.
Im "sich" wird das eindeutig signalisiert.
Im "mich" wird das "allein" durch den Satz deutlich, nicht durch ein besonderes Pronomen.

Ein Pronomen der Dritten Person verfügt nämlich über zwei verschiedene Formen für Reflexivität und Nichtreflexivität:

Alle lieben sich,
Alle lieben ihn/sie/dich, mich, uns, euch, sie .....

In einem neueren Roman ("Auerhaus") wird mit dieser Innenbeziehung des Reflexivpronomens (Dritte Person) gespielt. Die Körpersprache einer Person ist so seltsam, dass sie ihre Beschreibung und deren normalen Sinn unterläuft:

"Er setzte sich. Das sah so ungelenk aus, als wären ›er‹ und ›sich‹ zwei verschiedene Personen."

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(07.02.2017, 21:20:22)Willi Wamser schrieb:

Zitat:Welche grammatische Kategorie fehlt bei Pronomen für die ersten zwei Personen im Unterschied zum Pronomen für dritte Person? Ist es der Imperativ? Bin mir da total unsicher. Und wenn es dieser ist, kann man mir das kurz erklären?

Salute, stankovo 13!

Imperative richten sich in der Mehrzahl der Verwendung an andere Personen, seien sie nah, seien sie etwas ferner, nicht an den Sprecher selbst. Hol/Holt mir die Bücher aus der Bibliothek.
Das dürfte dann jeweils die "zweite Person" ansprechen. Selbst dann wenn ein klassischer Held zu sich selbst sagt: "Ermanne dich!"

Vielleicht ist das hier in der (etwas seltsamen Fragestellung) gemeint:

Alle (sie) lieben sich.
Nur ich liebe mich.

Dieses komische Kleingedicht mit der These von der allgemeinen Selbstliebe in der ersten Zeile und einem Gegensatz/Ausnahmesignal zu Beginn der zweiten Zeile ("nur") funktioniert deshalb überraschend und lustig,
weil es gar keinen Gegensatz gibt. Wenn das Ich sich liebt, so ist das kein Widerspruch zu "Alle lieben sich".

Hier wird die grammatische Kategorie "Reflexivität" deutlich:
Eine Handlung oder ähnliches mit einem Agenssubjekt
trifft nicht - wie üblich - eine "fremde Person oder Sache". Es geht vielmehr um eine Innenbeziehung.
Im "sich" wird das eindeutig signalisiert.
Im "mich" wird das "allein" durch den Satz deutlich, nicht durch ein besonderes Pronomen.

Ein Pronomen der Dritten Person verfügt nämlich über zwei verschiedene Formen für Reflexivität und Nichtreflexivität:

Alle lieben sich,
Alle lieben ihn/sie/dich, mich, uns, euch, sie .....

In einem neueren Roman ("Auerhaus") wird mit dieser Innenbeziehung des Reflexivpronomens (Dritte Person) gespielt. Die Körpersprache einer Person ist so seltsam, dass sie ihre Beschreibung und deren normalen Sinn unterläuft:

"Er setzte sich. Das sah so ungelenk aus, als wären ›er‹ und ›sich‹ zwei verschiedene Personen."

(07.02.2017, 13:45:35)wortigkeit schrieb:

(07.02.2017, 12:48:50)stankovo13 schrieb: Was ist der unterschied zwischen Graphem und Buchstabe? Dachte das wären die gleichen Sachen.

Verwenden denn alle Sprachen Buchstaben (d.h. Einzellautzeichen)? Und was ist mit Allographen nhd. <s> (in Spiel, Stein) ~ <sch> oder <f> ~ <v>. Buchstabe wirkt oft etwas ungenau.

Es gibt Leute, die sagen <sch> ist ein Graphem, das aus drei Buchstaben besteht. Erst die Kombination ist es, die mit dem Phonem /ʃ/ verknüpft ist.