Um noch etwas ausführlicher zu werden:
Lass uns Partizipien einmal mit vergleichbaren sprachlichen Formen vergleichen: mit substantivierten und adverbiell verwendeten Adjektiven und mit Derivationen.
Substantivierte Adjektive verhalten sich morphologisch wie die Ursprungswortart (Adjektiv) und syntaktisch und orthographisch wie die Zielwortart (Substantiv).
In anderen Worten: Sie werden wie Adjektive dekliniert (unterschieden nach schwacher und starker Deklination etc.) und wie Substantive bilden sie den Kopf (Regens) einer Nominalphrase und werden großgeschrieben.
Ähnlich adverbiell verwendete Adjektive (z. B. "Sie kann
besser jonglieren als er."): Sie sind, anders als "reine" Adverbien, komparabel (können also einen Komparativ und Superlativ bilden), doch sie treten syntaktisch auf wie Adverbien, um Verben, Adjektive und Adverbien näher zu beschreiben.
Derivationen (oder auch "Ableitungen") sind Wörter, die durch Derivateme ("Ableitungssilben") zu einem semantisch analogen Wort in einer anderen Wortart abgeleitet wurden:
herzlich von
Herz. Sie verhalten sich morphologisch, syntaktisch und orthographisch wie die Zielwortart (bei
herzlich: Adjektiv) und haben vom ursprünglichen Wort nur das lexikalische Element übernommen. Bei
herzlich bezweifelt niemand, dass es ein Adjektiv ist.
Partizipien sind vergleichbar mit den beiden oben genannten Fällen, unterscheiden sich aber auch grundlegend von ihnen: Sie verhalten sich morphologisch nicht wie die "Ursprungs"wortart (Verb), sondern wie die "Ziel"wortart (Adjektiv). Syntaktisch haben sie Eigenschaften von beiden Wortarten: Wie Adjektive können sie attributiv vor Substantiven stehen ("der geworfene Ball"), wie Verben können sie Objekte annehmen ("die
mir erwiesene Ehre").
Diese Eigenschaften sind einzigartig beim Partizip, weshalb es nicht ganz eindeutig ist, wie es einzuordnen ist. Früher wurden Partizipien meines Wissens eher als eigene Wortart angesehen,
heutzutage besteht der Konsens darin, dass sie Verbformen sind, die adjektivisch verwendet werden (wie janwo schon gemeint hat). In bestimmten Kontexten ist es m. E. aber auch der Einfachheit halber gerechtfertigt, Partizipien als "Adjektive" zu bezeichnen. Terminologie soll ja das Sprechen über Spezialgebiete erleichtern und nicht unnötig kompliziert machen.
Es gibt eine Handvoll Wörter, der zwar ursprünglich Partizipien waren, deren Quellverb aber nicht (mehr) existiert (oder zumindest nicht in analoger Bedeutung):
geblümt (zu *blümen),
baumbestanden (zu *bestehen). Aus meiner Sicht werden diese aber normalerweise systematisch nicht anders behandelt als "reine" Partizipien.
Ich will auch noch auf Deine aufmerksame Beobachtung eingehen, dass in "die Häuser waren gepflegt" die Verbalphrase "gepflegt sein" sowohl als Zustandspassiv als auch als Kopulaverb mit Prädikativ interpretiert werden könnte. Aus meiner Sicht gibt es da keinen Unterschied, ehrlich gesagt. Es gibt kein Zustandspassiv, das nicht auch ein Kopulasatz ist. Es könnte als eine Unterkategorie der Kopulasätze ausgelegt werden.
Wenn Du sie aber als zwei unterschiedliche Dinge behandelt willst, würde ich in der Analyse eines Satzes danach gehen, ob er semantisch und grammatisch mehr von einem Vorgangspassiv hat oder mehr von einem Kopulasatz mit Adjektiv. In Deinem Satz steht ja
gepflegt zusammen mit
weiß da, was aus meiner Sicht nur die Interpretation zulässt, dass es sich um einen Kopulasatz handelt. Das wird noch deutlicher, wenn Du
waren durch
wurden ersetzt: "Auch hier wurden die Häuser weiß und gepflegt." Das ist ungrammatisch, da "werden" zusammen mit "weiß" ein Kopulaverb ist, zusammen mit "gepflegt" ein Hilfsverb.
Noch Fragen? (:
Liebe Grüße
Yaouoay