Tobias A. Kroll > 17.09.2014, 03:14:00
Hi Mauseline,
da sich bislang kein Genie gemeldet hat, kann ichs ja stattdessen mal versuchen. Bin jetzt auch kein Experte, aber ich kann mir so halbwegs zusammenreimen, was es mit den Kritiken auf sich haben könnte. Ich rolle es mal von hinten auf:
"Vernachlässigung des Einflusses...": Zeichenbedeutung ist zu einem gewissen Maße situationsgebunden. Stell dir vor, du hasst einen deiner Profs. Das erzählst du a) einer Mitstudentin in der Kneipe, b) einem Kollegen des Prof in der Sprechstunde, und du benutzt beide Male das Wort "Idiot". Dasselbe sprachliche Zeichen hat in der Sprechstunde mit seinem Kollegen einen ganz anderen Stellenwert als in der Kneipe mit der Freundin. Das Organon-Modell bezieht solche situationsgebundenen Zeichenwirkungen nicht ein.
"Darstellung ist schon ein Gedanke": Die "Darstellungsfunktion" im Organonmodell sieht so aus, als gäbe es eine real existierende Beziehung zwischen Zeichen und Gegenständen/Sachverhalten. Die Kritik ist hier, dass diese symbolhafte "Darstellung" nur in den mentalen Prozessen von Sprecher und Zuhörer stattfindet. Anders ausgedrückt, die Beziehung zwischen dem Wort "Tisch" und der Holzplatte mit den vier Beinen existiert nicht in der wirklichen Welt, sondern nur im Wissensstand eines Sprachnutzers.
"Es fehlt die Botschaft": Ich vermute, dass bezieht sich auf die Erkenntnis, dass wir Sprache nicht nur im Wortsinne nutzen. Manchmal ist die eigentliche Botschaft in der Situation oder Intention verborgen. In der Sprechakttheorie reden wir von indirekten Sprechakten, z.B. wenn einer sagt "Mann, ist das kalt hier" und meint, "Mensch, dreh doch mal die Heizung auf". Ein anderes Beispiel wäre Sarkasmus/Ironie.
"Zu statisch": diese Kritik fasst die anderen zusammen. Das Organonmodell beschäftigt sich mit einer sehr speziellen Funktion von Sprache - Benennung/Referenz - und tut sich schwer mit all den anderen Dingen, die wir in Sprache so treiben.
Hoffe das hilft dir weiter.
Tobias