mehrfache Negation

Hallo!

Ich habe eine Frage zu folgendem Satz:

Er verneigte sich und ging – nicht ohne sich nicht noch einmal nach Véronique umzudrehen.

Die IDS-Grammatik sagt nun, dass bei mehrfacher Negation die erste durch die zweite aufgehoben wird, die dritte wirkt wieder wie die erste und so fort.

Offenbar trifft das hier nicht zu, denn "er" drehte sich natürlich noch nach ihr um.

Im Satz "Peter tat es nicht, ohne sich nicht noch von allen zu verabschieden." verabschiedet sich Peter ja auch.

Weiterhin gibt die IDS-Grammatik die mehrfache Negation in der Umgangssprache als rein verstärkend für EINE Negation an (z.B: ...die heimliche Liebe, von der niemand nicht weiß).

Der Duden erzählt auch von Fokus und Geltungsbereich einer Negation, vielleicht hat es damit etwas zu tun?

Wie könnte man das erklären?

Dann noch ein weiteres Beispiel: Keine Annahme von Leergut zu keiner Zeit.
Natürlich soll hier darauf aufmerksam gemacht werden, dass eben kein Leergut angenommen wird. Liegt hier eine Reihung vor?

Ich bin für alle Antworten SEHR dankbar.

:D:D:D:D

Mir persönlich erscheint dein erster Beispielsatz mit der doppelten Verneinung sehr ungewöhnlich. Dass hier die erste durch die zweite Verneinung nicht aufgehoben werden kann, ist insofern auch klar, als das zweite 'nicht' weggelassen werden kann (und meiner Meinung nach normalerweise weggelassen wird), ohne die Bedeutung zu verändern.

(17.08.2010, 09:24:41)Ika schrieb: Mir persönlich erscheint dein erster Beispielsatz mit der doppelten Verneinung sehr ungewöhnlich.

Lass mich raten: Du bist keine Süddeutsche, stimmt's? :)

Die Leute beim IDS in Mannheim haben wohl auch eher das Hochdeutsche zum Gegenstand ihrer Grammatik gewählt. Eine deskriptive Grammatik, die auch süddeutsche Varietäten betrachtet, würde wohl erwähnen, dass die doppelte Negation umgangssprachlich anders funktioniert als die rein formale doppelte Negation der Aussagenlogik, wo eine Negation die andere aufhebt. Bevor ich zu mutmaßen anfange, wozu in süddeutschen/oberdeutschen Dialekten die Mehrfachnegation dient, verweise ich lieber auf die Fachliteratur, ich bin nämlich kein Dialektologe. Folgende Arbeit könnte interessante Antworten bieten, scheint aber nicht online zu sein:

Tanaka, Shin. (1994). Die Mehrfachnegation: ein Sprachgut der Unraffinierten?, in: D. W. Halwachs and I. Stütz (eds.). Sprache—Sprechen—Handeln: Akten des 28. Linguistischen Kolloquiums, Graz 1993, Tübingen: Niemeyer, 191–198.

Ich bin 'sogar' Österreicherin! Und die doppelte Verneinung ist mir im Dialekt sehr wohl vertraut. Aber in einem standardsprachlichen Satz - und das ist der erste Beispielsatz für mich - würde ich das zweite 'nicht' nicht verwenden. Interessant wäre, woher (aus welchem Kontext) dieser Satz ist, oder ob es sich um einen 'erfundenen' Grammatik-Beispielsatz handelt. In meinem (bairischen) Dialekt würde der Satz ohnehin ganz anders lauten, aber ebenfalls ohne doppelte Verneinung (aber da bin ich vielleicht schon zu sehr von der präskriptiven Grammatik beeinflusst ).
(Bei Interesse kann ich mich an einer 'Übersetzung' versuchen...)