Hallo Simon,
Wortartenklassifizierungen arbeiten mit distinktiven syntaktischen, morphologischen und manchmal auch semantischen Eigenschaften. Da Sprache aber nun mal kein konsistentes System ist, gibt es immer wieder Beispiele, die selbst für sehr ausgefeilte WA-Klassifizierungen einen Problemfall darstellen: Ein Grund, Partikeln von Adverbien zu trennen, geht auf die Beobachtung zurück, dass Adverbien normalerweise vorfeldfähig sind, also in finiten Aussagesätzen allein vor dem verb stehen können, und Partikeln nicht. Auf prototypische Adverbien wie
abends,
leider,
hier und Partikeln wie
mal,
nicht,
wohl trifft diese Generalisierung zu. Probleme bereiten aber u.a. das Adverb
ziemlich, das nicht allein vorfeldfähig ist oder die Fokuspartikel
so, die allein das Vorfeld besetzen kann. Arbeitet man nun mit einer größeren Detailtiefe wie bspw. im STTS-Tagset oder in der Wortartenklassifizierung von
Bergenholtz & Schaeder (1977), dann kann man diese Differenzierungen erfassen. Arbeitet man hingegen nur mit der Grobklassifizierung Adverb vs. Konnektor, dann kann
umso kein Adverb sein, da es nicht vorfeldfähig ist. Die Klassifizierung als Konnektor macht da m.E. schon eher Sinn, da zwei Ausdrücke semantisch in Beziehung gesetzt und damit verbunden werden. Wobei hier genauer geschaut werden muss, wie diese Klasse definiert ist. Ist es eine Bestimmung aufgrund von syntaktischen oder semantischen Merkamlen oder geht es lediglich um Relationalität in einem sehr abstrakten Sinn?
Letztlich läuft es immer auf dieselbe Kosten-Nutzen-Abwägung hinaus: Will man eine möglichst genaue Klassifizierung (mit vermutlich hunderten Wortarten) oder eine leicht zuhandhabende (die bspw. auch von einem 'dummen' Computerprogramm gelernt werden kann)? Für die letzte Variante hat sich bspw. eine der führenden Grammatikkonzeptionen entschieden. In der frühen generativen Grammatik wurden nur die Worten Verb, Nomen, Adjektiv/Adverb und Präposition angenommen, die sich aus den Merkmalen [±N] und [±V] zusammensetzen lassen. Es gibt somit keine bessere WA-Kategorisierung, sondern nur eine, die für eine bestimmte Aufgabe mit den zur Verfügung stehenden Mitteln besser geeignet ist. Und das muss jede/r für sich und sein Projekt selbst entscheiden.
Viele Grüße
PeterSilie