Türken / Deutsche / Franzosen / ... Angemessene Sprache?

Vor einiger Zeit bin ich in die Schweiz gezogen, um dort zu studieren, und habe mich seither an so einige sprachliche Differenzen gewöhnt. Was mir aber unangenehm auffällt und wozu ich gerne eine Frage stellen würde, ist das Folgende:

Mir fällt auf, dass Personen und sogar Medien, wenn sie über Menschen anderen Ländern sprechen, diese einfach als z.B. Türken, Deutsche, Franzosen, Italiener, Syrer, Amerikaner etc. betiteln. Wieso ist mir das unangenehm und, viel wichtiger, ist diese Art von Sprache angemessen? Oder, falls das tatsächlich ein sprachlicher Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz ist, woher könnte das kommen?

Ich frage mich einfach, ob man nicht besser "Personen/Menschen aus der Türkei", "Türkischstämmige" oder im Fussball zum Beispiel einfach "die Türkei" verwenden sollte?

Ich freue mich auf eure Antworten!

Hallo!

Ich verstehe Dein Unwohlsein bei diesen Begriffen und kann mir vorstellen, dass es daher kommt, dass sie einerseits häufig in rassistisch anmutender Bedeutung verwendet werden (so entsteht Konnotation) und andererseits die Menschen auf ihr Herkunftsland reduzieren. Wenn eine Person sagt "Ich bin Türke" oder "Ich bin Türkin" hast Du wahrscheinlich gleich ein anderes Bild von der Person im Kopf, als wenn sie sagen würde "Ich komme aus der Türkei". Das Wort "Türke" ruft bei vielen denke ich eher ein stereotypisches Bild hervor (z. B. schwarze Haare, bestimmte Gesichtszüge), was gar nicht heißen muss, dass sie rassistisch sind – wobei zumindest ich persönlich bei "Mensch aus der Türkei" erstmal kein solch spezifisches Bild sehe. 

Noch ist diese Konnotation aber wohl nicht so weit fortgeschritten, dass die Wörter problematisch genug wären, um sie nicht mehr leichtfertig zu verwenden. Und es ist auch nicht gesagt, dass sich der Sprachgebrauch in diese Richtung entwickeln wird.

Ich hoffe, das hilft weiter. (:

LG
Yaouoay

Bei Leuten in Deutschland würde ich vermutlich einen Subtext heraushören: "Ich bin Türke" ist eine Aussage über die Identität, die Staatsangehörigkeit; "Ich komme aus der Türkei" ist das nicht in vergleichbarer Weise.

Ich denke, dass das vor allem die Macht von "Labels" ist. Gerade Personenbezeichnungen können einfachst dazu dienen, Assoziationen und Konnotationen auf sich zu ziehen und somit die Gesamheit einer Person beschreiben (zu wollen). Das macht es für Leute, die das negativ ausnutzen wollen, einfacher die Person abzulehnen oder zu reduzieren auf bloß diesen Fakt. "Ich komme aus der Türkei" ist ein Umstand, direkte Assoziierungen würden sich auf den Umstand beziehen, nicht auf die Person als Attributträger.
So etwas wird auch manchmal bewusst gemacht. Gestern meinte meine Schwester (ohne böse Absicht): "Bald hat der Chinese ...". Während es bei ihr eher Unbedarftheit war, nutzen es Leute, um möglichst intensiv Assoziationen auf einen möglichen Träger, mögliche Trägerin zu übertragen, das klappt am besten mit Personen. "China" oder "die chinesische Regierung/Wirtschaft" ist da viel zu abstrakt, um direkte Attribute auf sich zu ziehen.

Ich benutze zum Beispiel bewusst kaum noch Labels. Ich sage nicht mehr "Ich bin schwul.", weil Leute sofort festgefahrene und erlernte Assoziierungen im Kopf haben, dass ich mit einer Federboa zu ABBA tanze oder sonst was. Ich versuche es möglichst bewusst als Umstand wiederzugeben oder auch gar nicht zu äußern und zum Beispiel von einem Ex-Freund zu reden oder so, damit der Umstand den Leuten klar ist, ohne dass ich durch ein Outing durch muss, oder angreifbare Labels benutze. Dann ist der Umstand für eine Person klar, aber sie haben weniger Anknüpfpunkte für Assoziierungen. Das Gleiche - ich sage kaum noch, dass ich Veganer bin, weil Leute da sonst was für Dinge drunter verstehen und ich gerade das nicht bin. Ich sage einfach "Ich esse/ernähre mich vegan." Das ist ein Umstand und es bringt wenig, Assoziierungen auf einen Umstand zu projizieren.

Deswegen tut es oft in der Tat manchen problematischen oder politisch aufgeladenen Themen gut, die Angriffsfläche zu nehmen, indem etwas durch einen Umstand formuliert wird oder möglichst so, dass kein direktes Label benutzt wird, das als Personenbezeichnung dient.