Tröten statt tweeten: Kommt auf unsere Mastodon-Instanz linguisten.info.
Lingi > 05.06.2013, 12:52:20
Tobias A. Kroll > 05.06.2013, 18:03:50
Lingi > 10.06.2013, 11:21:34
(05.06.2013, 18:03:50)tak schrieb: Moin Lingi,
die Beziehung zwischen den von dir genannten Denkrichtungen ist ein wenig kompliziert. "Kognitivismus" kann sich auf jeden Ansatz beziehen, der - im Gegensatz zum Behaviorismus - mentale/kognitive Funktionen als Studienobjekt ernstnimmt. D.h. sowohl Chomsky´s Nativismus wie auch die diversen Konstruktivismen (ja, es gibt mehr als einen) sind kognitivistische Ansätze. Piaget interessierte sich für die Konstruktion von Wissen in der Form mentaler Strukturen, daher ist er sowohl Kognitivist als auch Konstruktivist (konstruktivistischer Kognitivist), und Chomsky ist nativistischer Kognitivist.
Tomasello kommt eher von Vygotsky her, d.h. aus einer Denkrichtung, die zwar auch mentale/kognitive Funktionen ernstnimmt, sich aber v.a. für die Rolle sozialer Interaktion in der Konstruktion von Wissen und Sprache interessiert (Sozialkonstruktivismus). Da "Konstruktivismus" eher mit einer kognitivistischen als mit einer sozial-interaktionalen Ausrichtung in Verbindung gebracht wird, wird Tomasello nicht so häufig unter "Kognitivismus" eingeordnet (obwohl das nicht unbedingt verkehrt wäre), sondern eher unter Funktionalismus/Sozial-pragmatischer Ansatz etc.
Kurz gesagt, Behaviorismus und Kognitivismus sind die Oberbegriffe; innerhalb des Kognitivismus findest du Nativismus und Konstruktivismus, aber Konstruktivismus hat auch sozial-interaktionistische Ausrichtungen, die über reinen Kognitivismus hinausgehen.
Ich kann dir leider keine Referenz geben; das Wissen hab ich mir über mehrere Jahre Doktorandenstudium angeeignet
Viel Erfolg!
Tobias
Tobias A. Kroll > 14.10.2013, 00:35:33