Sind "elektronische Abschriften" elektronische Abschriften

Vielleicht kann mir jemand mit ihrem/seinem Fachwissen helfen, aus sprachwissenschaftlicher Sicht etwas Klarheit in die Fragestellung zu bringen? Natürlich ist mir klar, dass es auch eine juristische Sichtweise auf die Formulierung gibt. Aber deutsche Sprache ist nun mal deutsche Sprache. Und daran können auch Juristen nicht vorbei.

Herzlichen Dank für Eure Kommentare.

Udo

Also das Wichtigste vielleicht zuerst: Wir können und dürfen keine Rechtsberatung geben. Nachfolgendes ist daher nur meine Meinung. Persönlich wäre mein Vorschlag, sich einen entsprechenden Fachanwalt zu suchen. Soweit ich das irgendwann mal von einem Juristen erklärt bekommen habe, gibt es in der Rechtswissenschaft verschiedene Textauslegungsmethoden. Üblich ist zum Beispiel wohl die Unterscheidung zwischen grammatischer/sprachlicher, historischer, systematischer und teleologischer Auslegung^[1]. Nur die erste davon wäre etwas, wozu man aus linguistischer Sicht vielleicht etwas sagen kann, während die anderen sich etwa auf den Kontext oder die Intention/den Zweck beziehen. Die sprachliche Auslegung war ja, wonach du gefragt hattest. Allerdings hat diese Methode anscheinend wohl eher nachrangige Bedeutung (heutzutage?). Mein Eindruck ist, dass die Absicht/der Zweck hinter dem Text ein größeres Gewicht haben könnte, als die hypothetisch denkbaren Wort- bzw. Satzbedeutungen (was ja auch recht schnell in die "Rabulistik" abdriften kann). Da ist es dann vielleicht egal, ob "elektronische Abschrift" linguistisch gesehen mehrdeutig ist und vielleicht entscheidender, den (Rechts)kontext oder die Absicht dahinter zu kennen. Oft gibt es zu Gesetzespassagen ja auch Kommentare mit üblichen Deutungen etc. Da sind wir dann jedenfalls außerhalb dessen, was man aus linguistischer Sicht beantworten kann. Und das ist halt sehr dünnes Eis, auf dem wir uns da bewegen. Ich würde daher wirklich jemanden fragen, der sich damit auskennt.

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Fußnoten:

1. https://de.wikipedia.org/wiki/Auslegung_...gsmethoden

Hallo thf,

vielen Dank für die Ausführungen zu meiner Frage. Eine Rechtsberatung suche ich hier natürlich nicht. Vielmehr geht es mir darum, einen Argumentationsweg zu finden, mit dem ich die Uniklinik davon überzeugen kann, die geforderten Unterlagen tatsächlich elektronisch auf einem Datenträger auszuhändigen.

Deine Ausführungen machen mir da jetzt nicht sehr viel Hoffnung, wenn selbst der Gesetzestext ausgelegt werden kann, wie es im jeweiligen Kontext gerade brauchbar erscheint. Dann habe ich keine Handhabe. In diesem Lichte erscheint meine im ersten Post getätigte Aussage "Aber deutsche Sprache ist nun mal deutsche Sprache." dann doch eher vereinfacht und letztlich naiv.

Und es ist ja auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit: wenn ich 200,- Euro für die Beratung eines Fachanwalts ausgeben muss, um ein wie auch immer geartetes Ergebnis zu bekommen, kann ich auch gleich die Unterlagen in gedruckter Form akzeptieren und die dann ca. 100,- Euro zahlen. Spart Zeit, spart Geld, ist (im konkreten Fall) heutzutage vollkommen unsinnig und ist in hohem Maße unbefriedigend. Im Endeffekt habe ich aber dann doch das, was ich wollte: die Patientenakte. Entscheidend ist letztlich nur deren Inhalt.

Herzlichen Dank nochmal und viele Grüße
Udo

"Abschrift" ist nach Creifelds' Rechtswörterbuch eine Ausfertigung eines Dokuments oder einer Urkunde. Dabei ist die Art und Weise nicht genauer festgelegt. Das macht hier dann der Gesetzestext durch das Adjektiv "elektronische". Ich befürchte aber , dass diese Qualifikation als "elektronische Abschriften" hier lediglich ausschließt, dass irgend ein bemitleidenswerter Mensch die Patientenakte manuell durch eigenhändiges Abschreiben vervielfältigen muss, sondern dass ihre Vervielfältigung eben mit technischen Mittel geschehen darf oder kann, z.B. durch Fotokopieren oder Einscannen. Daraus lässt sich aber vermutlich kein Rechtsanspruch auf eine papierlose (PDF) Version herleiten.
Sollte das betreffende Haus keine digitale Krankenakte führen, muss also so oder so jemand am Kopierer oder Scanner stehen und das ablichten. Das sind dann unvermeidlich entstehende Kosten in der Form von Personenstunden und Papier oder Datenträger. Liegt alles digital vor, sollte es eigentlich (meiner Meinung nach) möglich sein, das kostensparender auch auf einen passenden Datenträger zu kopieren. Ob das andere, z.B. datenschutzrechtliche oder urheberrechtliche Probleme aufwirft als ein Ausdruck auf Papier, das müsste bitte anwaltlich geklärt werden.

Hallo janwo,

vielen Dank für Deine Ausführungen. Die Uniklinik verfügt über hochmodernes medizinisches Gerät und ein ebensolches Computersystem. Selbstverständlich liegt die Patientenakte bereits in elektronischer Form vor. Wäre dies nicht der Fall, würde ich natürlich niemals erwarten, dass die Klinik Personal abstellt und bis zu 400 Seiten einscannt, nur weil ich eine elektronische Kopie meiner Patientenakte haben möchte.

In diesem Fall ist aber bereits alles digitalisiert und selbstverständlich ist es für die Klinik technisch kein Problem, die betreffenden Seiten auf einen Datenträger zu kopieren. Möglicherweise ist das sogar weniger aufwendig, als einen Druck zu initiieren. Kostengünstiger ist es allemal. Nur der Wille fehlt.

Nun, wenn die Formulierung "elektronische Abschriften" also nicht eindeutig ist, und das ist das, was ich wissen wollte, dann kann ich mich nicht darauf berufen und ich bin auf das wohlwollende Entgegenkommen der Klinik angewiesen, das leider nicht vorhanden ist.

Meine mit dem Thementitel gestellte Frage "Sind 'elektronische Abschriften' elektronische Abschriften" ist somit beantwortet, denn es gilt wohl festzuhalten: "elektronische Abschriften" sind nicht zwangsläufig elektronische Abschriften.

Viele Grüße
Udo


P.S. Jetzt suche ich nur noch nach der Möglichkeit, diesen Thread zu schließen, denn er kann als erledigt betrachtet werden. Vermutlich liegt es an mir, aber ich kann sie nicht finden. Hat jemand einen Tipp für mich? Danke!