(Kein Präfix, sorry. Aber ich weiß echt nicht, wohin damit.)
Hallo zusammen,
ich habe mich in Eurem Forum angemeldet, weil ich zu einer sprachlichen Fragestellung bislang keine befriedigende Antwort finden konnte. Da ich Software-Entwickler bin und kein Sprachwissenschaftler, dachte ich, ich frag' mal jemanden, der sich damit auskennt.
Zunächst ein paar Informationen zum Hintergrund meiner sich anschließenden Frage: ich bin seit geraumer Zeit bei einer Universitätsklinik in medizinischer Behandlung und habe nun eine Kopie meiner Patientenakte in elektronischer Form angefordert. Da ich auch Teilnehmer einer medizinischen Studie war, ist meine Patientenakte sehr umfangreich und umfasst ca. 350 - 400 DIN-A4-Seiten. Anstatt mir die Kopie der Patientenakte nun wie gefordert elektronisch, also als digitale Dateien auf Datenträger herauszugeben, bietet man mir lediglich den Ausdruck der einzelnen Seiten auf Papier an. Mal davon abgesehen, dass der Ausdruck auf Papier (hierfür) im Jahr 2022 ökologischer und ökonomischer Unsinn ist, sind die Kosten natürlich auch um ein Vielfaches höher (CD/DVD: ca. 5-8 Euro, Ausdruck: 75-100 Euro).
Nun zu meiner Frage: in § 630g BGB werden die Einsicht in die Patientenakte und die Herausgabe einer Kopie geregelt. Ich beziehe mich auf Absatz 2 dieses Gesetzes. Hier der aktuelle Originalwortlaut, wie er auf den Internetseiten des „Bundesministerium für Justiz“ veröffentlicht ist:
"(2) Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten."
Die für mich hier relevante Textpassage ist der Ausdruck "elektronische Abschriften". Gemäß meinem Verständnis handelt es sich bei dem Wort "Abschriften" um ein Substantiv, während "elektronische" ein Adjektiv darstellt, das den Zustand bzw. eine Eigenschaft des nachfolgenden Substantivs, hier also "Abschriften", beschreibt.
Demzufolge sind "elektronische Abschriften" also "Abschriften, die elektronisch sind". Genauso wie etwa ein "paniertes Schnitzel" "ein Schnitzel ist, das paniert ist". Und wenn nun also die genannten Abschriften elektronisch sind, dann sind sie digital und eben nicht analog, weshalb sie nicht in Form eines Ausdrucks auf Papier vorliegen können, weil sie dazu eben analog sein müssten. Dies bedeutet dann wiederum, dass "elektronische Abschriften" lediglich in Form digitaler Dateien auf einem elektronischen Speichermedium existieren können.
Meine Frage ist nun konkret diese: kann der Ausdruck "elektronische Abschriften" auch anders als von mir wahrgenommen interpretiert werden? Oder ist meine Überlegung sowieso falsch? Für mich irritierend ist, dass im Zusammenhang mit Absatz 2 des § 630g BGB auf der Mehrzahl juristischer Internet-Portale meist nur von Ausdrucken auf Papier die Rede ist. Man bekommt dabei den Eindruck, als wäre mit "elektronische Abschriften" "elektronisch erstellte Abschriften" gemeint. Meiner Ansicht nach steht das im Gesetzestext aber nicht.
Andererseits: wenn meine Interpretation korrekt ist, dann hätte man mit der o.a. Gesetzesregelung lediglich ein Recht auf die Herausgabe einer Kopie der Patientenakte in elektronischer Form auf Datenträger und NICHT auf einen Ausdruck auf Papier. Das kann dann eigentlich auch wieder nicht stimmen...
Vielleicht kann mir jemand mit ihrem/seinem Fachwissen helfen, aus sprachwissenschaftlicher Sicht etwas Klarheit in die Fragestellung zu bringen? Natürlich ist mir klar, dass es auch eine juristische Sichtweise auf die Formulierung gibt. Aber deutsche Sprache ist nun mal deutsche Sprache. Und daran können auch Juristen nicht vorbei.
Herzlichen Dank für Eure Kommentare.
Udo