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janwo > 16.12.2013, 19:39:34
lingucat > 16.12.2013, 20:32:40
Zitat:das für den jüngeren sprachgebrauch wichtige, weil bedeutungsmäszig unterscheidende nebeneinander der plurale worte und wörter wurzelt in alten sprachvorgängenl der übertritt der starken neutra der a-klasse in den er-plural
Zitat:"der ahd. neutralen ir-stämme ist für wort zufrühest im späten 12. jh. belegbar:
vil süeze wâren ir worter (: korter) Servatius 1071, oberd. um 1170"
"im nachklassischen mhd. folgen zögernd weitere fälle, meist obd. herkunft: wörter Hugo von Trimberg renner 2734 Ehrismann; "
Zitat:"von einer theoretischen begriffsscheidung der beiden pluralbildungen worte und wörter, wie sie in jüngerer sprache aufgestellt wird (s. u.), kann vor der zweiten hälfte des 17. jh. nicht gesprochen werden, doch drängt die lebendige sprachpraxis früh, das 16. jh. verstärkt in diese richtung. schon die mhd. bezeugung scheint dahin zu deuten"
Zitat:"während das 15. jh. diese entwicklung nicht weiter zu fördern scheint, vgl. die zusammenstellung in PBB 38, 222 f. im 16. und frühen 17. jh. tritt die tendenz zu inhaltlicher unterscheidung so deutlich hervor, dasz sie den sprachtheoretikern seit Schottel (s. u.) anlasz bot, sie als ein postulat aufzustellen, das sich bei den lexikographen bereits vielfach verwirklicht fand, vgl. etwa: die eigenschafft der wörteren suchen Frisius (1556) 136b; 68a, dagegen pl. wort 10a; 92a; 651b u. ö.; verenderung der syllaben an den wörtern Calepinus (1579) 642a; 729a, dagegen: böse wort 1316a; mit worten 682b; aller hand wörter nomenclator (1634) 290. auch literarisch ist die begriffliche scheidung oft vollzogen, vgl. die zusammenstellung in PBB 31, 343f., dazu etwa: die zunge, damit die wörter werden gemacht Albr. v. Eyb dt. schr. 43, 33 H.; dagegen: als die worte ... gelautet haben ebda 57, 3; "
janwo > 16.12.2013, 22:20:07
tyuditha > 17.12.2013, 00:14:18
thf > 18.12.2013, 17:34:48
lingucat > 18.12.2013, 18:24:28
(16.12.2013, 19:39:34)janwo schrieb: Mir ist bislang nur ein weiteres analoges Beispiel eingefallen: Mann : Mannen / Männer.
Kennt Ihr noch andere Beispiele dafür?
Wie seht es aus mit (Ritter-)Gut : -?gute /-güter ?
janwo > 18.12.2013, 21:44:48
(18.12.2013, 18:24:28)lingucat schrieb: Eigentlich ist Pluralpolysemie hier auch nicht der richtige Begriff, finde ich. Meist nennt man das schlicht Parallelformen. Es ist ja nicht ein Plural, der mehrere Bedeutungen abdecken kann. Vielmehr sind es zwei Pluralformen, die zwar aus demselben Singularstamm entstanden sind, die man aber teilweise nichtmal mehr reanalysieren kann, zumindest bei sowohl Mannen als auch bei Worte in ihrer kollektiven Bedeutung.Ja, den Begriff habe ich adhoc gebildet und der asst nicht so ganz. Pluralalternation wäre vielleicht besser.
(18.12.2013, 18:24:28)lingucat schrieb: Man könnte diese Plurale dann eventuell schon zu den Pluraliatantum zählen, da sie nur im Plural vorkommen bzw. in ihrer Singularform eine andere Bedeutung haben?Das ginge aber schon wieder Richtung Polysemie, insofern als dass wortbiographisch verwandte Lexeme sich bedeutungsmäßig auseinanderentwickeln.
(18.12.2013, 18:24:28)lingucat schrieb: Einen Plural hast du noch vergessen, nämlich Mann, wie in die tausend Mann starke Armee o.ä. Wobei das vermutlich eher als Maßangabe zählt analog zu zwei Glas Limonade, oder? Als Kompositionsglied gibt es dann auch noch den Plural -leute, wie in Kaufmann - Kaufleute. gute /güter wäre mir neu?das ist kein Plural, genau wie bei Glas, Stück und anderen Zählmaßen.
(18.12.2013, 18:24:28)lingucat schrieb: In dem Beispiel Mann : Mannen / Männer jedenfalls ist Mannen die ältere Form während bei Wort: Worte / Wörter Wörter die ältere Form ist. Man kann nicht sagen, dass sich diese Parallelformen wegen der Schwankungen in den Flexionsparadigmen ergeben haben, die gab es bei viel mehr Formen und eben auch zum großen Teil bei solchen, die für ihren Plural keine semantisch differenzierten Formen ausgebildet haben.Hm. das wäre auch zu schön, wenn das einheitlich so wäre wie von mir angedacht. Aber bei ahd. wort muss der umlautlose Plural älter sein.
(18.12.2013, 18:24:28)lingucat schrieb: Ich hatte dir mehr Beispiele versprochen, größtenteils sind es nämlich welche, in denen der Singular homonym/homograph/homophon ist, etwa wie in der Leiter - die Leiter vs. die Leiter - die Leitern oder in denen einfach keine Einigkeit über eine einheitliche Pluralform herrscht.
- Armbrüste / Armbruste
- Bösewichter / Bösewichte
- Blocks / Blöcke
- Decks / Decke
- Dornen / Dorne
- Dispense / Dispensen
- Dschungel / Dschungeln
- Erlasse / Erlässe
- Greife / Greifen
- Hähne / Hahnen
- Kästen / Kasten
- Kleinode / Kleinodien
- Korporale / Korporäle
[quote='lingucat' pid='10720' dateline='1387383868']
uvm. In den allermeisten Fällen handelt es sich jedoch nicht um semantisch differenzierte Plurale. Die sind tatsächlich sehr selten. (eine Liste mit allen Zweifelsfällen bei der Pluralbildung findet sich im Grammatikduden (4. Aufl.), ab S. 228. Falls du den nicht bei dir hast, kannst du ihn dir beizeiten mal mitnehmen und über die Liste gucken.)
lingucat > 18.12.2013, 22:12:10
(18.12.2013, 21:44:48)janwo schrieb: [quote='lingucat' pid='10720' dateline='1387383868']Hm. das wäre auch zu schön, wenn das einheitlich so wäre wie von mir angedacht. Aber bei ahd. wort muss der umlautlose Plural älter sein.
In dem Beispiel Mann : Mannen / Männer jedenfalls ist Mannen die ältere Form während bei Wort: Worte / Wörter Wörter die ältere Form ist. Man kann nicht sagen, dass sich diese Parallelformen wegen der Schwankungen in den Flexionsparadigmen ergeben haben, die gab es bei viel mehr Formen und eben auch zum großen Teil bei solchen, die für ihren Plural keine semantisch differenzierten Formen ausgebildet haben.
Zitat:"der ahd. neutralen ir-stämme ist für wort zufrühest im späten 12. jh. belegbar:
vil süeze wâren ir worter (: korter) Servatius 1071, oberd. um 1170"
"im nachklassischen mhd. folgen zögernd weitere fälle, meist obd. herkunft: wörter Hugo von Trimberg renner 2734 Ehrismann; "
(18.12.2013, 21:44:48)janwo schrieb: Die meisten Wörter auf Deiner Liste sind aber Lehnwörter. Bei denen kann man immer unterstellen, dass quellsprachlicher Originalplural und native Alternativen in Konkurrenz stehen.
Und bei Dorn : Dornen/Dorne passt es wieder, dass eines der Kollektivplural ist.
janwo > 21.12.2013, 22:33:56
Gernot Back > 01.01.2014, 18:52:48
(16.12.2013, 19:39:34)janwo schrieb: Mir ist bislang nur ein weiteres analoges Beispiel eingefallen: Mann : Mannen / Männer.Mein Standardbeispiel ist:
Kennt Ihr noch andere Beispiele dafür?
Wie seht es aus mit (Ritter-)Gut : -?gute /-güter ?
(16.12.2013, 19:39:34)janwo schrieb: Wenn mich nicht alles täuscht, müssten die Umlautplurale sprachgeschichtlich jünger sein. Sie hätten dann die generelle Pluralbedeutung angenommen und die älteren Pluralformen entweder komplett verdrängt oder in diese semantische Nische abgedrängt.Gerade diese These wage ich aufgrund der oben genannten Beispiele zu bezweifeln: Da scheint es mir gerade umgekehrt zu sein.
janwo > 14.02.2014, 22:07:30