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thf > 08.11.2011, 15:36:50
(07.11.2011, 17:36:20)Kevin schrieb: Ich dachte, Pirahã sei bisher die einzige Sprache, in der sich zeigte, dass ein komplettes Zahlensystem fehlt?Was ist denn ein "komplettes Zahlensystem"? Ich glaube, Priahã verstellt da etwas den Blick, denn natürlich gibt es Numeralsysteme, die anders funktionieren, als die
Kevin > 08.11.2011, 17:49:28
thf > 11.11.2011, 13:20:53
janwo > 11.11.2011, 14:21:33
(11.11.2011, 13:20:53)thf schrieb: Insofern ist "vollständig" irgendwie relativ. Vielleicht sollte man eher den Begriff "hinreichend" wählen, aber ich weiß nicht recht.
thf > 12.11.2011, 15:44:04
Kevin > 12.11.2011, 18:34:43
Zitat:Umgekehrt ist es aber schon so, dass in der Forschungsliteratur (Numeralia sind so ein linguistisches Hobby von mir Zwinker ) mehrfach erwähnt wird, dass Numeralia stark von Sprachwandelprozessen betroffen sind. Zählen ist ja eine Kulturtechnik, die stark mit wirtschaftlichen Kontexten verkünpft ist (und ein Stück weit mit dem wissenschaftlichen Stand korreliert). Wenn also eine Kultur in wirtschaftlicher Hinsicht anders strukturiert ist, entstehen beim Kontakt mit anderen Kulturen (Handel oder so) unter Umständen Nachteile, die z.B. durch Entlehnung ausgeglichen werden. Es entsteht eine Notwendigkeit, höher zählen zu können, um die neuen Herausforderungen bewältigen zu können.Meinst du damit Entlehnungen in das Numeraliensystem einer Sprache? Ich habe an der Uni gelernt, dass es andersherum ist. Gerade das Numeraliensystem ist etwas sehr konservatives und viel seltener als andere Wortkategorien von Entlehnungen und Änderungen betroffen.
Zitat:In India they find that the Sora language operates with a strange numbering system. The native speaker counts to 13 and says, “twelve-one.” The linguists conclude that it operates on a base-12 system.http://daily.swarthmore.edu/2008/03/28/s...-harrison/
But at the number 30, he says “twenty-ten,” which indicates a base-20 system. The linguists look at each other in amazement as they realize that Sora uses both: at 32, it’s “twenty-twelve,” 33, “twenty-twelve-one.”
“Our favorite number is 93,” Anderson said. “It’s four-twenty-twelve-one.”
janwo > 12.11.2011, 18:48:23
(12.11.2011, 18:34:43)Kevin schrieb: Meinst du damit Entlehnungen in das Numeraliensystem einer Sprache? Ich habe an der Uni gelernt, dass es andersherum ist. Gerade das Numeraliensystem ist etwas sehr konservatives und viel seltener als andere Wortkategorien von Entlehnungen und Änderungen betroffen.
suz > 13.11.2011, 01:10:50
janwo > 13.11.2011, 10:11:34
(13.11.2011, 01:10:50)suz schrieb: Aber ist es nicht egal, woraus sich die Numeralia letztlich zusammensetzen? Ob ich 'vier-zwanzig-zehn-neun' sage für 99, oder eben 'neun-und-neunzig' - entscheidend ist, dass sie eindeutig sind. Und in ihrem Gebrauch fängt ja kein Franzose jedes Mal an, nachzurechnen, dass er zwanzig mal vier nehmen muss. Auch hier finde ich es streitbar, von "besonders komplexen" Systemen zu sprechen.Komplex ist nicht gleich kompliziert. Dass die erwähnten Zahlwörter einen komplex(er)en Aufbau haben (aus mehr oder minder deutlich erkennbaren anderen Numeralen), finde ich eigentlich unstrittig. Dass sie deswegen nicht unbedingt schwerer zu erwerben sind, glaube ich gern. Ich unterstelle mal, dass die meisten Sprecher sich die innere Struktur nicht unbedingt bewusst machen, wenn sie diese Zahlwörter verwenden.
(13.11.2011, 01:10:50)suz schrieb: Was natürlich nicht heißt, dass die Genese der Zahlsysteme nicht an sich sehr spannend ist. In einem Vortrag letztens kam die Sprache auch darauf, dass wir kognitiv in der Lage sind, drei bis vier Elemente eines Objekts ohne aktives zählen zu erkennen.Das nennt sich Simultanerfassung oder Subitizing (der englische WP-Artikel ist ausführlicher). Die Obergrenze beim Homo Sapiens liegt wohl durchschnittlich etwas höher als drei oder vier, das kann aber auch von Anordnungsmustern abhängig sein. Interssanterweise ist diese Fähigkeit auch bei anderen Spezies zu beobachten, vor allem bei Rabenvögeln und einigen Papageienarten ist es beschrieben, aber auch einigen höheren Säugern.
(13.11.2011, 01:10:50)suz schrieb: Und dass eigentlich alle Sprachen mindestens Zahlwörter bis vier haben. Spannend, da werde ich mich noch weiter einlesen.Dann empfehle ich dringend die Auseinandersetzung mit Pirahã und anderen Exoten:
thf > 03.01.2012, 22:50:29
(03.01.2012, 22:30:25)janwo schrieb: Viele Sytseme mit Basen 4, 5 oder 10 sind in ihrem Ursprung wohl motiviert durch das Abzählen am Körper. Und, ja, das sind ungewöhnliche aber eben nicht unmögliche Basen. Ein Kollege von mir hat das mal "ön dem von mir hörausgögöönön Boche" Rethinking Universals How Rarities Affect Linguistic Theory. aufgelistet. Das hatte ich an anderer Stelle schon mal empfohlen. ;)Den Artikel von Harald Hammarström kenne ich (bzw. eine Vorabversion; euer Buch ist bei uns leider nicht verfügbar, bzw. war es nicht, als ich vor einiger Zeit danach gesucht habe).
(13.11.2011, 10:11:34)janwo schrieb: Sehr empfehlenswert: Hanke, Thomas: Bildungsweisen von Numeralia. Eine typologsche Untersuchung. Berlin: Weißensee, 2005. (Berliner beiträge zur Linguistik; 3). [= erw. Fass. d. M.A.-Arb., Münster, 2004].Und mir von einem meinerProfessoren, als ich Interesse an dem Thema bekundete. Allerdings habe ich das bisher nur angelesen, weil die Arbeit auf Crofts Radical Construction Grammar basiert, das ich erst genauer kennenlernen würde, um die Arbeit würdigen zu können.
(Eine der wengen Magisterarbeiten, noch dazu eine nicht-englischsprachige, die über die LingTyp Liste empfohlen wurden.)
Hutschi > 01.05.2012, 12:17:37
Hutschi > 02.05.2012, 10:28:26
Mindaugas > 02.05.2012, 17:54:08
(02.05.2012, 10:28:26)Hutschi schrieb: 2. Sind Ordnungszahlen und Kardinalzahlen in anderen Sprachen in ähnlicher Verwandtschaft, wie in Deutsch, oder gibt es Sprachen, in denen sie "entkoppelt" sind?
Sebastian > 03.05.2012, 00:22:01
Hutschi > 04.05.2012, 08:07:54