Norddeutsch: deskriptive Beschreibung der Plosive vor einer /-en/ Endung

Hallo,
ich habe einige Probleme mit der deskriptiven Beschreibung der Plosive im norddeutschen und niederdeutschen Akzent und im Missingsch (wo es überall die gleiche Oberflächenrealisierung hat bei mir). 
Bei mir (norddeutsch, weil auch in meinem Plattdeutschen) und im nordniedersächsischen Missingsch sind "warten" und "Waden" phonetisch identisch. Das silbenfinale /r/ wird vokalisiert und mit vorigem Vorderzungenvokal zu einem /aː/. Durch die binnendeutsche Konsonantenschwächung, denn das /t/ in "warten" steht nun intervokal, wird es zu einem /d/, somit ist es identisch mit dem Wort "Waden". Mir bereitet aber die genaue IPA-Transkription Probleme.
Das fängt damit an, dass wenn ein stimmloser Plosiv, nach einem Vokal, am Ende eines Stammes steht, und an diesen Stamm eine ursprüngliche {-en} Endung tritt. Und zwar wird die Endung {-en} bei mir nur als silbisches {-n} realisiert und im Artikulationsort partiell assimiliert: "Waden" > /n/, "Wagen" > /ŋ/, "Waben" > /m/. 

Der Plosiv davor ist allerdings nicht mehr wirklich erkennbar. Stimmlose Plosive werden als /C̚ʔ/ realisiert, bei der Realisierung der stimmhaften Plosive habe ich Probleme bei der IPA-Wiedergabe. 
Ich würde meine Aussprache von "Haken" so transkribieren: [haːk̚.ʔŋ̩]. Es wird an der velaren Stelle der Artikulationsraum verengt, was wahrscheinlich vom zugrundeliegenden /k/ verursacht wird, dieser wird aber nicht gelöst, stattdessen ist ein stimmloser glottaler Plosiv zu hören, der realisiert wird, während sich die Zungenstellung nicht ändert, da nach dem (vielleicht) zugrundeliegenden /k/ ohne Lösung direkt ein velarer Nasal mit der gleichen Zungenstellung realisiert wird. Das heißt, während der Dauer der Zungenstellung im verlaren Bereich, wird zuerst ein /ʔ/ realisiert und dann en silbischer velarer Nasal. Ich interpretiere es so, dass das /k̚/ zur ersten Silbe gehört und dort im Auslaut steht. Wie im Wort "praktisch", wird das /k/ auch dort quasi kaum gelöst, nur insoweit als die Zunge von velar zu alveolar wandert, bei "Hackgabe" wird auch nur eine velare Geminante oder doppelter Konsonant gesprochen /k̚g/, was sich phonetisch wahrscheinlich nicht unterscheiden würde von /gː/. Was ich mich und euch nun frage, ist, wieso ein Glottalplosiv nun im Anlaut der letzten Silbe steht.
Denn bei zugrundeliegenden stimmhaften Plosivauslauten, kommt kein stimmloser Glottalplosiv: "Waden" würde ich ad hoc als [vaː.d̚n̩] transkribieren. Das /d/ ist hierbei im Anlaut der zweiten Silbe, wird aber trotzdem nicht gelöst. Oder wird er doch gelöst, hat aber einfach den gleichen Artikulationsort wie das /n/ und die Lösung äußert sich einfach in eine Stimmhaftigkeitsstoßung für das silbische /n/? Denn ich höre und spüre zwar keinen Glottalverschluss, aber es ist noch einmal ein Extranachdruck an Stimme zu spüren, nach dem /d/ und vor dem /n/. (Ein stimmhafter Glottalplosiv wird es ja wohl kaum sein, der gilt als nicht realisierbar.) Gibt es ein IPA-Zeichen für zusätzlichen Stimmnachdruck? (Bzw. wie würde man den wissenschaftlich nennen?)

Ich frage mich nun, wie akkurat die obige Transkribierung wäre. Wieso empfinde ich bei "Haken" die erste Silbe als geschlossen, mit einem /kʔ/-Cluster? Wie kommt es dazu und wieso ist die gleiche Umgebung mit einem stimmhaften Plosiv so anders, mit offener erster Silbe und keinem Glottalplosiv?
Ich lese immer, man solle bei "Haken" das /k/ als /kⁿ/ transkribieren, mit nasaler Lösung. Das würde aber nicht meinen realisierten Glottallaut während der velaren Zungenstellung zwischen /k̚/ und /n̩/ erklären. 
Das gleiche gilt auch für Wörter wie "Happen" [hap̚ʔm̩] und "Taten [taːt̚ʔn̩], mit der jeweiligen /n/-Assimilierung, egal ob der erste Vokal lang oder kurz ist. 

Könnte man auch sagen, dass sich hier die Anwesenheit von /ʔ/ und Nicht-Anwesenheit oppositionieren? Also "Eggen" und "Ecken" würden sich dann in [ɛg̚n̩] und [ɛg̚ʔn̩] oppositionieren? Es gibt ja keinen Hinweis darauf, ob das /k/ oder /g/ nun stimmhaft ist. Diachron betrachtet wäre es stimmhaft (lenisiert) durch die binnendt. Kons.schwächung. Aber würde obige Transkribierung stimmen, wäre bei stimmhaften Plosiven, dieser im Auslaut und das /ʔ/ nur im Anlaut.

Wisst ihr ungefähr, worauf ich hinaus will? Mir bereitet die genaue phonetische Interpretation Probleme, was genau an dieser Morphemgrenze sowohl bei stimmlosen als auch bei stimmhaften Plosiven passiert und wieso sie sich so asymmetrisch verhalten.

Vielen Dank für jedwede Hilfe. 
Kevin

Hallo, Kevin!

Zitat:Ich lese immer, man solle bei "Haken" das /k/ als /kⁿ/ transkribieren, mit nasaler Lösung. Das würde aber nicht meinen realisierten Glottallaut während der velaren Zungenstellung zwischen /k̚/ und /n̩/ erklären. 

Eine mit hochgestelltem "n" transkribierte Aussprache wird als "nasale Verschlusslösung" bezeichnet. 
Die Transkription [vaːː dⁿn̩] bzw. [haː kⁿŋ] halte ich für korrekt. Ein Verschluss ist zwar zu hören, er ist aber in dem Zeichen ‹ⁿ› enthalten. Außerdem ist es nicht exakt der gleiche Plosiv wie [ʔ], vielmehr ein nasaler Plosiv, für den kein gesondertes Zeichen existiert. 
Es gibt keine neutrale Realisierung [k̚], wie Du meintest, der Plosiv wird nicht zur Gänze realisiert.

Es gibt auch eine laterale Verschlusslösung, zum Beispiel in "adlig": [aː dˡıç]. Hier wird ein lateraler Verschluss realisiert.


Liebe Grüße
Yaouoay

Hallo, es tut mir leid für die verspätete Antwort. Vielen Dank für deine Ausführung. Das heißt, wenn ein Plosiv wie /d/ oder /t/ mit einer nasalen Verschlusslösung daherkommt /dⁿ/, /tⁿ/ dann muss irgendwie ein Plosiv realisiert werden, da dieser zugrundeliegt, und das ist das was ich spüre/höre mit der Glottis, weil das das einzige Organ ist, das bei einer nasalen Verschlusslösung sich noch wirklich lösen kann? Und diese Lösung ist im Vorgang nicht die gleiche wie ein Glottalverschlusslaut? Er fühlt sich nämlich genau so an; anhören nicht direkt, da der Artikulationsraum ja durch die Zunge versperrt ist. Denn die beiden Laute /p/ und /pⁿ/ sind ja in vielerlei Hinsicht grundlegend anders. Ich kann deiner Erklärung folgen und würde es wohl auch so machen, aber es wirkt umständlich, da vom ursprünglichen /p/ nicht mehr viel da ist, das einzige was bleibt, ist die Bilabialität und vielleicht noch die Stimmlosigkeit. Ansonsten findet aber keine plosive Verschlusslösung bei den Lippen statt sondern in der Glottis.

Hieße das, dass ich bei einem stimmlosen Konsonanten mehr an der Glottis spüre, weil sie eh nicht vibriert durch die Konsonantenunstimmhaftigkeit. Aber wenn ein stimmhafter Konsonanten nasal verschlusslöst (sic) wird, kriegt man die Lösung nicht direkt mit, weil die Glottis ohnehin vibriert? Also, einen Nachdruck kriege ich ja mit, aber nicht die plosive Lösung der Glottis.

Hallo, Kevin!

Zitat:und das ist das was ich spüre/höre mit der Glottis, weil das das einzige Organ ist, das bei einer nasalen Verschlusslösung sich noch wirklich lösen kann?

• Wenn auf einen Plosiv ein homorganer Nasalkonsonant folgt, wird die Luft nicht wie üblich durch Beseitigung des oralen Verschlusses gelöst, sondern durch Senken des Velums, so daß die Luft durch die Nasenhöhle entweichen kann, z.B. topmost, cotton, sudden. Diese nasale Verschlußlösung kann durch ein hochgestelltes n gekennzeichnet werden: [sʌdⁿ]^[1]
  

Das habe ich hier gefunden.

• Plosive werden (nach Schwa-Elision) vor einem homorganen Nasalkonsonanten nasal (nicht oral) gelöst. Die Verschlussphase des Plosivs wird durch Senkung des Velums beendet. Da auf diese Weise zum homorganen Nasal übergeleitet wird, wird die Sprengung mit [ⁿ] transkribiert. 
  

Das hier.
Von einem Glottalverschluss habe ich nirgends etwas gelesen. Wie ich schon sagte: Es fühlt sich zwar ähnlich wie ein Glottalverschluss an, ist aber de facto ein Nasalverschluss (wie der Name schon sagt).
Beachte auch, dass bei einem Nasalverschluss zwischen stimmlos und stimmhaft unterschieden werden kann, es aber keinen stimmhaften Glottalplosiv gibt.

Zitat:aber es wirkt umständlich, da vom ursprünglichen /p/ nicht mehr viel da ist, das einzige was bleibt, ist die Bilabialität und vielleicht noch die Stimmlosigkeit. Ansonsten findet aber keine plosive Verschlusslösung bei den Lippen statt sondern in der Glottis.

Genau: Die Stimmhaftig- bzw. -losigkeit bleibt, aber dass der Artikulationsort bleibt, ist sehr relevant:
Artikuliere mal Folgendes: 
[hatⁿn]^[2]
und dann
[hatⁿm]
und dann
[hapⁿm]
und
[hapⁿn]
Fällt Die was auf? Für die Wahrnehmung ist der realisierte Nasal egal, der Bildungsort des Plosivs bestimmt, ob man "hatten" oder "Happen" hört.
Also enthält das Plosivzeichen sowohl Information über das distinktive Merkmal der Stimmhaftigkeit (Hagen vs. Haken) als auch über den distinktiven Artikulationsort (Hagen vs. haben, hacken vs. hatten)

Zitat:Aber wenn ein stimmhafter Konsonanten nasal verschlusslöst (sic) wird, kriegt man die Lösung nicht direkt mit, weil die Glottis ohnehin vibriert? Also, einen Nachdruck kriege ich ja mit, aber nicht die plosive Lösung der Glottis

Darüber, ob nicht auch irgendetwas glottal realisiert wird, lässt sich streiten, die Phonetik erfasst das nicht en detail. Ich für meinen Teil spüre bei jedem nasal verschlusslösten [sic] Plosiv einen kleinen glottalen Nachdruck, nicht nur bei stimmlosen.


Liebe Grüße
Yaouoay

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Fußnoten:

1. In der Notation, die ich kenne, müsste es hier heißen: [sʌdⁿn]. Das zusätzliche ‹n› wurde hier unterschlagen.
2. Außerdem wird in korrekter Notation der vertikale silbisch-Strich unter das Nasalzeichen gesetzt. Aus Gründen der Einfachheit unterschlage ich hier meinerseits. Ich habe es nicht im IPA-Zeichensatz des Forums-Bearbeitungsfensters gefunden.