Nasal+Stop > deletion of stop

Hallo liebe Mitlinguisten,
 
Folgendes sind englische Lehnwörter, die ins Hawaiianische übernommen wurden
 
Island [ˈaɪlənd] – ailana
 
Elephant [ˈeləfənt] – elepani
 
Centipede [ˈsentəpiːd] – kanapi (langes i), (s > k, nicht relevant)
 
Cucumber [ˈkjuːkʌmbə(r)] – ka’ukama
 
Bei Clusters oder Sequenzen über Silbengrenzen hinweg,
 
wird bei der Aufeinanderfolge von Nasal und homoorganischem (selber point of articulation) Stop (in obigen Beispielen: nt, nd, mb)
 
immer der Stop gelöscht. Bei Centipede auch inmitten des Wortes. Ich suche dafür eine Erklärung im Sinne der Optimality Theory. Hat jemand eine Idee? Oder kennt jemand ein vergleichbares Phänomen in einer anderen Sprache?

Hallo, Linguistik!

Soweit ich feststellen konnte, besitzt das Hawaiische nur 162 verschiedene Silben. 
Es kann sein, dass die Wortbildungsstruktur dieser Sprache gar nicht zulässt, dass zwei Konsonanten aufeinanderfolgen.

LG~Y

Das hat dann aber nichts mit der Wortbildung zu tun sondern mit der Phonotaktik. Und genau – die erlaubt keine Konsonantencluster.

Adler, A.N.: Faithfulness and perception in loanword adaptation: A case study from Hawaiian. In: Lingua 116.7 (2006), 1024-1045.
https://www.sciencedirect.com/science/ar...4105001051 //  https://doi.org/10.1016/j.lingua.2005.06.007

Andere Sprachen, die so etwas machen: Māori beispielsweise

Bzgl. der Frage nach weiteren Sprachen hätte ich jetzt ähnlich wie janwo auch vorgeschlagen, sich verwandte Sprachen wie Maori anzusehen (hier ein paar Beispiele: https://www.unc.edu/~jlsmith/ling523/dat...nwords.pdf). Denn im Prinzip geht es bei der Frage ja um Sprachen, die eine recht strikte CV-Silbenstruktur haben und diese auch durchsetzen. In den ozeanischen und insb. den polynesischen Sprachen ist diese Tendenz gegeben, auch wenn nicht alle so strikt wie Hawaianisch sind.

Meine OT Kenntnisse sind leider nicht besonders ausgeprägt, aber im Prinzip läuft es ja darauf hinaus, dass du dir im ersten Schritt geeignete Constraints suchst (wenn ihr bereits konkrete besprochen habt, bevorzugt aus dem Arsenal; NoCoda, Max-IO, Dep-IO wäre, was mir so einfällt) und dann eben anfängst, die analytisch so hin und her zu schieben, dass du bei einem konkreten Ranking ankommst.

Ich finde die im Hawaiianischen und Māori zu beobachtende Clustervereinfachung zu Gunsten des Nasals im Wortinnern übrigens typologisch bemerkenswert. Im Indogermanischen, Uralischen und Semitischen kann ich keine einzige Parallele finden.* Am Wortrand passiert es natürlich häufig, dass der äußerste Konsonant verloren geht; in den obigen Beispielen bin ich mir aber gar nicht sicher, was zuerst stattgefunden hat: Clusterveinfachung oder Anfügung des -a/i (Endung oder Sprossvokal?). Üblicherweise siegt sonst der Verschlusslaut, was sicher sonoritätsbedingt erklärt werden kann.

* Schwund des Resonanten nur in komplexeren Clustern wie *kordi‑ko‑lo‑ > lat. corculum ‘Herzchen’ oder *bher‑ént‑s > lat. ferens, aber letzteres ist schon wieder Auslaut.

Ich werde versuchen meine ursprüngliche Frage noch klarer zu stellen. Es geht mir nicht darum, dass Hawaiianisch nur CV-Silben zulässt. Seht euch bitte die folgenden Beispiele an
 
ounce [aʊns] – aunaki (s wird zu k)
 
inch [ɪntʃ] – iniha (tʃ wird zu h)
 
aber [t], welches normalerweise zu [k] wird, entfällt ERSATZLOS (!!!) wenn es nach einem Nasal kommt.
 
Elephant [eləfənt] – elepani
 
Dieses pattern ist konsequent. Darum geht es mir.

Es muss also ein Constraint geben, das bei der Reduktion von CC auf C Nasale gegenüber Plosiven bevorzugt. Wobei dann mal zu schauen wäre, ob das auch bei umgekehrter Abfolge (erst Plosiv dann Nasal) passiert und ob es nicht vielleicht einfach C₁C₂ > C₁ ist.

So exotisch ist das doch gar nicht: deutsche Dialekte (z.B. Fränkisch) haben hunnert (das n ist nur orthographisch gedoppelt, um die Kürze des Vokals anzuzeigen) statt hundert, ganz Mittel-Unteritalien hat quanno statt quando usw.

Man beachte auch das Norwegische:

et land [ɛt.lan]

Hier werden in einigen Dialekten sowohl in der Wortmitte als auch am Wortende sth. Plosive (soweit ich weiß nur alveolare) vom Nasal assimiliert.
Allerdings werden generell viele Plosive bei der Aussprache fallengelassen:

og [o]
landet [lanɛ]


LG~Y

Auch Niederdeutsch hat konsequent die Cluster mit Nasal+Plosiv zugunsten des Nasals assimiliert, wenn sie zwischen Vokalen stehen: finden>vinnen, landen>lannen. Auch im Plural wird aus -nd/-nt immer -nn: Hand>Hänn(en), Vründ-Vrünn(en), Kind-Kinner.