Hi Felicity,
die klassische OT ist parallel organisiert. Zwar kann man zwischen einem weak und einem strict parallelism unterscheiden (s. Ito & Mester 2000), wobei die klassische OT den Ansatz des strict parallelisms verfolgt. Grundsätzlich bestand in der klassischen OT jedoch die Annahme, dass alle Constraints gleichzeitig (parallel) angewendet werden (s. Kager 1999: 25). Das änderte sich erst, als man erkannte, dass ein solcher Ansatz opake Regelinteraktionen und andere Dinge nicht erklären kann.
Zu Deinen Fragen: Ein Reranking bzw. stratumspezifische Rankings sollte es u.a. deshalb nicht geben, wenn man der Idee der klassischen OT folgt, dass sich die Grammatiken zweier Sprachen L1 und L2 nur durch die Anordnung der universalen Constraints unterscheiden. Zudem ist Annahme, dass ein KInd ein solches System lernen könnte, völlig abwegig.
Gegen Serialismus (egal in welcher Form) spricht die zentrale Annahme der OT, dass Constraints nicht den Input restringieren dürfen. Kager (1999: 19) hat das unter dem Prinzip richness of the base zusammengefasst: „no constraints hold at the level of underlying forms“. Im Serialismus wird gegen dieses Prinzip jedes Mal verstoßen, wenn der optimale Output einer Analyse A
n als Input einer weiteren Analyse A
n+1 dient. Denn der Output von A
n kann ja nur als Input in A
n+1 dienen, weil er sich bezüglich der Constraints in A
n als optimal erwiesen hat. Alle anderen möglichen Outputkandidaten wurden hingegen als nichtoptimal ermittelt. Es kommt hinzu, dass jeder Input in A
n+i nicht dem Lexikon entstammt, was aber zumindest in der Phonologie der Fall sein sollte (z.B. Müller 2000: 13-14, Fn. 6)
Komplett witzlos wird der serielle Ansatz in der Syntax, wenn man wie damals Heck et al. (2002) annimmt, dass aufgrund der Wirkungslosigkeit von Treueconstraints und einer ohnehin unrestringierten Kandidatenmenge komplett auf den Input verzichten kann. In diesem Fall wäre es nicht möglich, dass der Output von An als Input von An+1 dient. Dass man in der Phonologie nicht auf den Input verzichten könne, haben sie damit erklärt, dass Syntax information preserving sei, Phonologie aber nicht.
Ich werde die von Dir genannte Literatur aber mal als Anlass nehmen, mich noch einmal damit beschäftigen - denn darauf zielt ja meine Frage ab. Witzigerweise bin ich letzte Woche bei uns im Forschungskolloquium eingesprungen und habe aufgrund meiner Frage an Dich meinen alten Vortrag etwas aufpoliert und noch einmal gehalten.
Noch ein Wort zu Deiner Erklärung der Interaktion von AL und GS. Ich glaube, dass das so nicht hinhaut. Wenn man erst AL anwendet, wird der Input für GS zerstört. Wir hätten dann keine g- sondern eine k-Spirantisierung. Wenn man Deinem Ansatz folgt, müssten zudem andere Wörter, die regulär auf einen stimmlosen velaren Plosiv enden wie bspw. /blık/ ebenfalls g-spirantisiert werden. Komplexer wird es dann noch einmal, wenn man dialektale Spirantsierung einbezieht, die nach jedem Vokal und manchen Konsonanten appliziert: [fluːχ.haː.fn̩] (Flughafen) bzw. [bɛʁç] (Berg), aber nicht [vɛʁç] (Werk).
Viele Grüße
PeterSilie
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Heck, Fabian et al. (2002): On the nature of the input in optimality theory. In
The Linguistic Review 19(4): 345-376.
Ito, Junko & Armin Mester (2001): Structure Preservation and Stratal Opacity in German. In Linda Lombardi (Hg.):
Segmental Phonology in Optimality Theory: Constraints and Representations. Cambridge: Cambridge University Press. 261–295.
Kager, René (1999):
Optimality Theory. Cambridge: CUP.
Müller, Gereon (2000):
Elemente der optimalitätstheoretischen Syntax. Tübingen: Stauffenburg.