Mora-Terminologie

Hallo! (:

Ich bin gerade dabei, eine stark auf Moren basierende Kunstsprache zu entwickeln, aber es gibt ein terminologisches Detail, das sich mir entzieht.
So, wie ich die verschiedenen Quellen verstehe, die ich bereits zurate gezogen habe, ist eine Mora eine Zeiteinheit. Man könnte also nicht so etwas sagen wie „ba ist die erste Mora in baan“ (analog zu „Spra ist die erste Silbe in Sprache“), sondern nur „ba ist eine Mora lang“. Ist das soweit korrekt?

Meine Frage lautet nun: Wie könnte ich denn den Lautwert bezeichnen, der genau eine Mora lang ist? Welcher Begriff verhält sich in dieser Hinsicht zu „Silbe“ wie „Silbe“ zu „Wort“? Was ist es genau, das Hiragana und Katakana im Japanischen repräsentieren? Die Silbe baan z. B. wird nicht mit nur einem Schriftzeichen geschrieben, sondern mit dreien (ba, a, n) – jedes steht für das, wofür ich das passende Wort suche. Und wenn Ihr den Terminus kennt, würde ich auch gern wissen, wie die englische Version lautet. Bisher habe ich mich in der Beschreibung meiner Kunstsprache mit morable beholfen (mora+syllable), aber erstens klingt das wie eine Ableitung mit {-able} (wie in deutsch {-bar} oder {-fähig}) und zweitens funktioniert das Wort im Deutschen nicht besonders gut. 

Liebe Grüße
Yaouoay

Hi Yaouoay,

der terminus technicus wäre, dass die Silbe [ba] einmorig oder monomoraic (im Englischen) ist. Der Begriff Mora selbst ist die Maßeinheit. Sie hat keine quantifizierbare Eigenschaft, aufgrund derer man sagen könnte, dass eine Mora eine bestimmte Zeiteinheit lang ist. Länge ist ja ohnehin relativ. Der Onset spielt bei der Berechnung der Moren keine Rolle. Relevant ist allein der Reim. Auch wenn der Begriff Mora eigentlich auf ein Zeitkonzept zurückgeht, finde ich die deutsche Entsprechung Silbengewicht für den gleichen Sachverhalt deshalb auch eigentlich besser. Entsprechend wäre eine offene Silbe mit kurzem Vokal bspw. eine Mora schwer bzw. einmorig und eine offene Silbe auf Schwa auslautend null Moren schwer bzw. nullmorig. Mit welcherm Silbentyp welches Silbengewicht assoziiert ist, kann von Sprache zu Sprache variiieren.
Im Japanischen ist das ganze - soweit ich weiß - nochmal anders. Das Konzept des Silbengewichts ist ja ein Instrument zur Ermittlung der Position des Wortakzents. Im Japanischen gibt es meines Wissens keine vermittelnde Silbenschicht, sondern die Wortakzentebene ist mit der Morenebene direkt assoziiert. Deshalb kann man da auch sagen, dass im Japanischen das Wort Judo viermorig ist und im Deutschen (gleiche Aussprache vorausgesetzt) aus zwei zweimorigen Silben besteht. Entsprechend haben auch Restriktionen (welche Silbe welches Silbengewicht zugewiesen bekommt), wie sie etwa für das Deutsche gelten, für das Japanische keine Relevanz. Wer hier besser Bescheid weiß, möge mich korrigieren.

Viele Grüße
PeterSilie

Hallo, Petersilie!

Danke für Deine Antwort. Ich habe allerdings das Gefühl, dass Du meine Frage nicht wirklich beantwortet hast. Ich weiß bereits, wie Moren funktionieren. 
Es geht mir allein um einen Fachbegriff, der die Lauteinheit beschreibt, die eine Mora lang ist. Natürlich wird eine Mora nicht immer genau gleich lang realisiert, das ist für mein Anliegen aber unerheblich.

Ich habe jetzt aber auch ein Wort gefunden, das sowohl im Englischen als im Deutschen gut funktioniert und mit dem ich ganz zufrieden bin für meine Zwecke, nämlich „molecule“ bzw. „Molekül“. Bis ich einen offiziellen Terminus dafür finde (falls es überhaupt einen gibt), benutze ich einfach das.

LG
Yaouoay

Ich kann dir deine Frage nicht beantworten und kenne mich mit Morenphonologie auch nicht so super aus. Ich bin mir nicht sicher, ob es darauf eine Antwort gibt, da nach meinem Eindruck eher mit anderen Begriffen operiert wird (subsilbische Konstituente,Segement, Skelettposition ….; je nachdem, was man genau meint). Mein Vorschlag wäre, dass du mal in den Arbeiten von z.B. Hyman und Hayes^[1] schaust. Aus meiner Sicht muss man auch bedenken, dass "Mora" kein neutraler linguistischer Begriff ist, sondern aus einem bestimmten theoretischen Modell stammt, das auch nicht unumstritten ist. Ich muss sagen, dass ich z.B. mit Modellen, die mit einer Skelettschicht arbeiten, besser zurecht kam (die in der Morentheorie z.T. als überflüssig gilt). Hängt aber sicher auch von der Sprache ab, mit der man arbeitet.

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Fußnoten:

1. Zum Einstieg: https://www.jstor.org/stable/4178626

Vielen Dank, thf! Ich habe mir die verlinkte PDF auf meinen E-Book-Reader geladen und lese mich mal ein bisschen ein. ^^