Liste aller Lautverschiebungen, um D und E zu "entschlüsseln"

Hallo,

ich interesse mich "hobbymäßig" für Etymologie und würde gern Folgendes fragen:

Es gibt ja all die Regeln / Gesetze / Lautverschiebungen, also z.B. im Griechischen kwh

https://www.ling.upenn.edu/~rnoyer/cours...hanges.pdf

Beispiel:

The behavior of the labiovelars is a bit complex. Labiovelars become dentals (coro-
nals) or labials under various complex conditions. The ordinary rule is that labiove-
lars become coronal before *e, and *kʷ also becomes coronal before *i. But in plen-
ty of cases the change is not entirely regular, where one word in a paradigm has
in$uenced the development of others.
*leikʷe/o- ‘to leave’ > leipe- *kʷ > p
*u̯okʷ-s ‘voice’ > ops *kʷ > p (regular)
*u̯ekʷ-os ‘word’ > epos
*kʷi-s ‘who’ > tis *kʷ > t before *i (regular)


So kommt man dann (unter Berücksichtigung vieler anderer Gesetze usw) auf so verschiedene Wörter wie

accolade; ancillary; atelo-; bazaar; bicycle; bucolic; chakra; chukker; collar; collet; colonial; colony; cult; cultivate; culture; cyclamen; cycle; cyclo-; cyclone; cyclops; decollete; encyclical; encyclopedia; entelechy; epicycle; hauberk; hawse; inquiline; Kultur; lapidocolous; nidicolous; palimpsest; palindrome; palinode; pole (n.2) "ends of Earth's axis;" pulley; rickshaw; talisman; teleology; telic; telophase; telos; torticollis; wheel.

*kwel-
also *kwelə-, Proto-Indo-European root meaning "revolve, move round; sojourn, dwell."



https://www.etymonline.com/word/telos
https://en.wiktionary.org/wiki/%CF%84%CE...ient_Greek

(Ich weiß, auf Etymonline sind auch ab und zu Fehler.)

Um wirklich umfassend englische und deutsche Wörter zu lernen/zu erklären, muss man diverse Shifts kennen, also z.B.
Deutsch f <-> Englisch p (eigentlich natürlich Proto-Germanisch -> Althochdeutsch, glaub ich)
Protoindoeuropäisch  Kw-> Griechisch p, (aber t vor i); Regel nicht strikt.
Usw. usw. für PIE-> lateinische Wörter im Englischen vs PIE->Germanisch (z.B. Haupt <-> capital) usw.
Ich weiß, alles etwas laienmäßig unscharf, aber ihr versteht, wovon ich spreche.

Mit etwas Übung, wenn man all diese Shifts/Regeln im Kopf hat (Französisch (bzw. normannisches Französisch), Latein/Vulgärlatein, PIE, Protogermanisch, Westgermanisch, Griechisch, Deutsch, Italisch), und dann noch Sachen wie Metathese und diverse andere Sachen berücksichtigt, kann man sich viel recht schnell erklären und merken (wiederholt sich irgendwann alles und man kriegt eine Art Mustererkennungsfähigkeit, mit der man plötzlich nie gelernte französische Wörter entschlüsseln kann oder zumindest keine Schwierigkeiten mehr hat, eine längliche etymologische Erklärung sich in kurzer Zeit reinzuziehen und zu verstehen).

Was ich nun dachte, es wäre toll, wenn es ein Büchlein oder ein großes Plakat gäbe, das möglichst ohne unnötige Zusatzinformationen die zum o.g. etymologischen Verständnis notwendigen Regeln für alle Sprachen listen würde als einen Art cheat-code.

So ein Dokument / Poster / PDF wäre gar nicht so groß, und würde eine große Fülle an Wörtern erklären helfen.

Es gibt jetzt, wie üblich in Foren, bestimmt Kritik, warum das, was ich geschrieben hab doof ist oder dass ich irgendwas nicht verstanden hab. Ich hab da so ein Gefühl.

Eine beliebte Frage, die jetzt kommt, wäre z.B. "So what? Was willst du jetzt damit sagen?) ---> Was ich damit sagen will ist, ich wollte diesen Thread aufmachen, um Quellen zu Sammeln, die exakt für diese Sache hilfreich sind.
Also z.B.:
Kluge
Duden Herkunfts-WB
Etymonline
Wiktionary E, D, F (.org /.de /.fr)
Pdfs mit Zusammenfassungen wie das oben verlinkte zum Griechischen.
Appendix-Seiten auf Wiktionary mit Kognaten
Wikipedia-Seiten die diverse Regeln (Grimm usw.) beschreiben:
...
...

Man könnte dann aus diesen Quellen jeweils das Relevante exzertieren, und hätte dann irgendwann ein mehr oder weniges komplettes Cheat-Sheet. Günstig wäre, wenn jedes Beispielwort ein allgemein Bekanntes wäre, also z.B. Telos ist besser geeignet als irgend ein griechisches Wort, das niemand kennt.

Also, falls mal jemand hier drüberstolpert und die Idee gut findet, für Laien so etwas zu machen, dann freue ich mich über Links und Hinweisen zu weiteren Quellen.

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Na super, ich interesse mich, und dann keine Edit-Option!

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und das h hinter kwh ist natürlich auch falsch, es tut mir leid, ich dachte, ich kann es nachbearbeiten nach dem senden.

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Tut mir leid, die ganzen Grammatik- und Rechtschreibfehler

Hi!
Also die Idee mit einem Poster o.Ä., das eine vereinfachte und eingeschränkte Auswahl an indo-europäischen Lautverschiebungen/-entsprechungen präsentiert, finde ich cool.
(Probleme sind natürlich, wenn sich Experten stellenweise uneinig sind, und auch, dass viele Lautgesetze ganz bestimmte phonologische Umgebungen haben (die sich vielleicht nicht übersichtlich auf einem Poster darstellen lassen), oder dass gewisse Lautveränderungen nur in manchen Dialekten einer Sprache stattgefunden haben. Bei der praktischen Anwendung von solchem Wissen kommt natürlich noch hinzu, dass Lehnwörter (wo teils andere Lautverschiebungen stattgefunden haben) nicht ins Muster passen (aber so kann man sie mitunter als (mögliche) Lehnwörter identifizieren!), und dass sich die Bedeutungen von manchen Wörtern stark auseinanderentwickelt haben (aber der Bedeutungsvergleich von Kognaten oder Lehnwörtern macht ja eigentlich viel Spaß!).
Aber vielleicht lässt sich ja eine gute Balance zwischen Genauigkeit/Detailliertheit/Deckungsgrad und Kürze finden?)

Was ich nicht ganz verstanden habe, ist: bist du auf Suche nach Lautverschiebungsregeln, Beispielkognaten für diese oder beidem?

Für Ersteres wären diese Links vielleicht hilfreich:
- https://en.wikipedia.org/wiki/Indo-European_sound_laws und https://gucorpling.org/amir/IE_Correspondences.php (das bei letzterer Quelle erwähnte Buch von Beekes hat mir übrigens als PIE-Einführung gut gefallen)
- https://en.wikipedia.org/wiki/Glossary_o..._languages
- https://www.ling.upenn.edu/~rnoyer/cours...hanges.pdf
- http://www.csun.edu/~sk36711/WWW2/engl40...hanges.pdf

Hallo, vielen Dank, das ist mal eine Überraschung, so eine positive Reaktion!

Ich habe leider im Moment kaum Zeit, aber ich danke dir sehr herzlich! Insbesondere den folgenden Link mit der tollen Tabelle hatte ich kurz zuvor auch gefunden und wollte ihn schon ganz begeistert hier posten, https://en.wikipedia.org/wiki/Indo-European_sound_laws .

Ich wünschte ich wäre nochmal 20 und könnte Linguistik studieren.... ich wollte grad die Entwicklung der Kognaten gießen und Infusion verstehen (fundere = gießen), und lese dann das hier:

fundere
From Proto-Italic *hundō (with fūsus for *fussus after fūdī), from Proto-Indo-European *ǵʰewd-. The change h- > f- is irregular (before -u-? Weiss, Outline, p. 77f.). Cognates include Ancient Greek χέω (khéō) and Old English ġēotan.
https://en.wiktionary.org/wiki/fundo#Latin
https://www.amazon.de/Outline-Historical...0989514277 (Weiss)

gießen (NB: auch Geysir!)
From Middle High German giezen, from Old High German giozan, from Proto-West Germanic *geutan (“to pour”).
Akin to ... Old English ġēotan, ...
Further Indo-European cognates include Latin fundō (“to pour, to smelt”), Ancient Greek χέω (khéō, “to pour”) ...
https://en.wiktionary.org/wiki/gie%C3%9Fen#Etymology

Also man würde dann als Laie quasi sagen, OK, das f ist unerwartet laut Tabelle https://en.wikipedia.org/wiki/Indo-European_sound_laws, das muss also irregulär sein, weil es ein h sein müsste, und das bestätigt sich dann auch bei Wiktionary...

Ich denke, ich sollte diesen Römerquatsch korrigieren, ich sag ab jetzt Inhusion...

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Ich frage mich, was gemeint ist mit "before -u-? Weiss, Outline, p. 77f.", klinkgt so, als ob es vor anderen Vokalen durchaus regulär wäre... obwohl nichts dergleichen in der Tabelle steht...

(16.03.2023, 00:11:14)blv schrieb: Was ich nicht ganz verstanden habe, ist: bist du auf Suche nach Lautverschiebungsregeln, Beispielkognaten für diese oder beidem?

Ja ganz genau, also in etwa so:

- Die tolle Tabelle um jeweils ein konkretes, geeignetes, am besten bekanntes Beispiel pro Verschiebung ergänzen, das ist dann viel schöner und verständlicher.
- Außerdem stellt sich die Frage, ob die Tabelle nicht etwas ergänzt werden muss (siehe z.B. mein Zitat zum Griechischen oben), also ob bestimmte Ursachen zu bestimmten Verschiebungen führen / nicht führen (z.B. bestimmte vokale), bzw. wenn eine Verschiebung nicht strikt ist oder zu zwei verschiedenen Lauten verschoben wird (mitunter zufällig), wie die Häufigkeitsverteilung ist, weil man ja sonst sehr seltenes neben sehr häufigem gleichberechtigt da stehen hätte.
- Und dann eben weitere Tabellen, die die Verschiebungen im weiteren Verlauf angeben, eben z.B. (es folgt eine wohl nur halbrichtige Laiendarstellung) Latein (-> Vulgärlatein -> Altfranz. ) -> Französisch; und: Latein -> (Altfranz.->Anglonormannisch -> Altenglish-> Mittelenglisch->) Englisch; und Protogermanisch -> Althochdeutsch -> Mittelhochdetusch -> Standarddeutsch. Usw.

Das Problem ist ja, dass man der großen Kognaten-Liste Deutsch-Englisch nicht allzu viel anfangen kann, weil diese sich auf germanische Wörter beschränkt (Wiktionary). Damit sind viel zu viele Wörter nicht abgedeckt, weil das Englische so viele Lateinische / Anglonormannische (französische) Wörter hat, und natürlich ist Deutsch/Englisch <-> Französisch/Spanisch damit auch nicht abgedeckt. Latein -> Französisch und Latein -> Anglonormannisch (oder direkt -> Englisch (mit Lautverschiebung, nicht Lehnwort) ) sind auch noch sehr wichtig... Also im Wesentlichen ist mein Hintergrund, dass ich mich nicht mit der Kognatenliste D-E zufriedengebe, die nur die germanischen Kognaten beinhaltet, sondern ich will sie ALLE (also alle Lautverschiebungen auswendig können), also auch Sachen wie gießen <-> infusion (doofes Beispiel wegen des irregulären f natürlich).

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Am Ende kommt man eben zur Erkenntnis, dass man die PIE-Urwörter alle lernen sollte, plus alle Lautverschiebungen wie oben geschildert. Und dann kann man quasi alles enträtseln, sofern es nicht so ne tolle etymology hat wie das Wort "nice"

Hier ist noch ein bisschen was, teils ggf. redundant:
https://en.wikipedia.org/wiki/Sound_change
https://en.wiktionary.org/wiki/Appendix:...ant_values
https://indo-european.info/dictionary-translator/
https://www.amazon.de/Oxford-Introductio...6685&psc=1
https://lrc.la.utexas.edu/lex/master
https://en.wikipedia.org/wiki/Indo-European_vocabulary
http://pielexicon.hum.helsinki.fi/
https://www.lexilogos.com/english/indo_e...ionary.htm
https://books.google.de/books?id=9chTDwA...&q&f=false


Ich habe jetzt drüber nachgedacht, ich glaube, das Beste wäre eine Google-Docs-Datei (genauer: eine Tabelle und ein Text-Dokument), das jeder bearbeiten kann und mit Englisch als Sprache, damit jeder mitmachen kann.

Ein sinnvoller Aufbau wäre vielleicht in etwas grob so, mit jeweils allen Lautverschiebungen; im Wesentlichen geht es um die Sprachen Deutsch/Englisch/Französisch, und jeder Pfeil entspricht einer ggf. vorhandenen Lautverschiebung/... etc. (also teils sehr massive Änderungen und sehr viele, teils nur wenig Veränderung).

1.
PIE
-> Ancient Greek
-> Proto-Italic
-> Proto-Germanic

2.
Proto-Italic
-> Latin

3.
Latin
-> Vulgar Latin -> Old French

4.
Proto-Germanic
-> Old High German -> Middle High German -> German
-> Old Saxon (Old Low German) -> Middle Low German -> Low German
-> Old English -> Middle English
-> Old Norse -> Middle English
-> Old Frankish

5.
Old Frankish
-> Old French

6.
Old French
-> Anglo-Norman -> Middle English
-> Middle French -> French

7.
Middle English
-> English

Das "Ziel" wäre quasi, dass man ein unbekanntes englisches oder deutsches Wort nimmt, über das man gar nichts weiß, und dann darauf basierend sich (mit etwas Übung innerhalb von Sekunden) überlegen kann, wie es also an den diversen _relevanten_ Abzweigungen geheißen haben könnte (ohne zu wissen, ob es tatsächlich jeweils dorther kommt), UND zusätzlich was es in anderen kontemporären Sprachen vermutlich heißt (hierzu muss man dann also einige Zeit zurück und dann wieder zeitlich hin zur Gegenwart gehen). Mit der Zeit lernt man dann sehr schnell diese Verschiebungen (und ihre Umkehrungen, wenn es zeitlich rückwärts geht). Wenn man das alles auf einem Poster hat, kann man das ähnlich wie ne Formelsammlung bald auswendig. Letztlich kann so ein Google Docs Dokument dann auch so verfeinert werden, dass man einfach während der praktischen Anwendung es immer weiter ergänzt. Also nachdem es grob zusammengeschrieben wurde, würde man dann früher oder später auf ein Wort treffen, wo es noch "hakt". Und dann würde man nochmal genauer hingucken (z.B. bei Wiktionary, wo die Etymologie erklärt wird) und entsprechend das Google-Dokument ergänzen, sofern es sich nicht um eine mehr oder weniger singuläre Ausnahme gehandelt hat.

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Was viellieicht noch fehlt wäre:

Ancient Greek -> Latin

Latin -> Old High German (z.B. Tisch)
Latin -> Germanic/Proto-Germanic
Latin -> Old English
Latin -> Old French

Das sind dann zwar Lehnwörter, aber wenn das so früh stattfand, muss man das im Kopf behalten, v.a. weil es da dann auch oft zu Lautanpassungen kam.
Insofern waren meine obigen Abfolgen nicht so klar getrennt zwischen Lehnwörtern und der eigentlichen Sprache, die Lautverschiebungen unterworfen wird. Gerade im Englischen (1066 / Anglo-Norman) ist der Einfluss ja groß und diese Lautanpassungen im Zuge der Integration müssen aus praktischen Gesichtspunkten letztlich als ähnlich bedeutsam berücksichtigt werden. Sorry wegen der Ungenauigkeit oben. Keine Ahnung wie man etwaige Lautänderungen Anglo-Norman -> Middle English bezeichnet, wohl nicht als Lautverschiebung...? OK, ich sollte hier aufhören zu nerven und lieber einschlägige Literatur lesen...

z.B. "Die später folgende Änderung von /sk/ → /ʃ/, geschrieben sch, fand im frühen Mittelhochdeutschen statt und ist nicht Teil der Tenuesverschiebung."

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https://de.wikipedia.org/wiki/Sch_(Trigraph)
-> betroffen davon waren also sowohl viele Lateinische Lehnwörter (schreiben, Tisch), also auch germanische Wörter : schauen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lautwandel
-> Lautverschiebung betrifft im Gegensatz zum Lautwandel halt offenbar eine ganze Summe an Lauten, die gleichzeitig verschoben werden.
So, jetzt bin ich aber wirklich fertig hier, ich wollte das nur noch kurz zufügen, wenn noch andere Laien auf diesen Thread stoßen, da es für die relevant sein könnte.

Hallo, könnte mir jemand bitte sagen, was "C+[j]" bei "Greek" bedeutet? (Ich erstelle gerade eine Google-Tabelle)
Danke!

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In Tabelle 1 bei den Spaltenüberschriften:
https://en.wikipedia.org/wiki/Indo-European_sound_laws

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https://chridd.nfshost.com/diachronica/all

Ich glaub, das Poster wird so groß wie ein Fußballfeld, wenn man das alles einträgt

Das C+[j] steht für die Kombination aus dem Konsonanten vorne und dem Laut [j]; im Gegensatz dazu meint "normal" den Konsonanten alleine. Z.B. 

idg. /p/ > griech. /p/, aber idg. /pj/ > griech. /pt/

und idg. /k/ > griech. /k/, aber idg. /kj/ > griech. /s/; /ss/ / /tt/.

Schöne Beispiele liefern in der Regel Verben und verwandte Substantive, etwa

φύλαξ (phylax) /'pʰylaks/ ("der Wächter") mit dem ursprünglichen Stammauslaut /k/ + Nominativendung /s/

vs.

φυλάττω (phylatto) /pʰy'latto/ ("ich bewache") mit Stammauslaut /tt/, da die Form frühgriechisch *φυλακ-j-ω (phylak-j-o) /pʰu'lakjo/ lautete, mit Stammauslaut /k/ + Verbalsuffix /j/ (/-o/ ist die Personalendung der 1. Person Singular, die Wandlung von /u/ zu /y/ ist später, aber immernoch frühgriechisch).


Ein anderes typisches Beispiel ist der Gott Zeus (Ζεύς) mit /z/ im Anlaut, der indogermanisch etwas in die Richtung *djeus hieß. Die indogermanische Kombination /dj/ ist griechisch zu /z/ geworden, wohingegen einfaches indogermanisches /d/ im Griechischen als /d/ erhalten blieb.

Vielen Dank für die tolle Erläuterung und die Beispiele!

Also ich hab jetzt die erste Tabelle mit den PIE-Soundlaws bunt gefärbt, was beim Lernen / Sich-Zurechtfinden wirklich hilft.

Grundsätzlich funktioniert es beim Testen recht gut, man kriegt irgendwann ein Gefühl, wie man die Wörter zerlegen (oder auch erweitern oder kürzen) muss, um anschließend mit Hilfe der Tabelle möglichst gute Vermutungen anzustellen.

Vorhersage-Tests mit Wörtern wie "Licht -> leuk -> weiß" oder "brechen -> Fragment" funktionieren jedenfalls gut. Von Boden auf frnz. plafond zu kommen, erfordert aber dann doch mehr Geschick, ich kam jedenfalls nicht drauf.

Wer die Tabelle haben will (darf kopiert und via Google veröffentlicht werden zur Bearbeitung durch Dritte), kann sich gern melden. Sie ist aber eher im Frühstadium.

Hallo,
ich hab beim Aufräumen meiner hunderten Ordner am PC das PDF hier gefunden. Da geht es auch um eine Auflistung diachroner Lautwandlungen in allen (?) Sprachfamilien. Vielleicht interessiert dich das auch.

VG, Kevin

Hallo Kevin, das scheint dasselbe zu sein wie das, was ich weiter oben unter https://chridd.nfshost.com/diachronica/all verlinkt habe, nur anderes Format (pdf / nicht grün...). Ob eins etwas neuer ist, hab ich jetzt nicht geprüft. Ich meine Fehler darin gefunden zu haben, Wiktionary und Wikipedia ist glaub ich die bessere Quelle i.d.R.

Was ich noch gefunden hab, ist dieser Channel, die Videos sind z.T. sehr neu:
https://www.youtube.com/watch?v=7My8EnkJEDU
(auch in den Kommentaren findet man evtl. ein zwei interessante Hinweise.)

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Bonus: https://www.youtube.com/watch?v=FDFHver__S8 (must-see ) (Kenn ihr eigentlich PIE-Enthusiasten, die PIE sprechen können, wie Esperanto oder so?)

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Schon witzig, bei EN.Wiktionary und Etymonline wird behauptet, Gewähr, Garantie, warranty seien von "fend off" (also wehren), und bei Duden Herkunfs-WB; DE.Wiktionary und Merriam-Webster heißt es, sie seien von "wahr" (true). Jeweils mit "ausführlicher" Begründung / Rückverfolgung.

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Bei Wikipedia ist unten eine leider nur begonnene Liste mit Beispielen.
Ich würde gern diese Liste erweitern, aber dafür benötigt man ja PIE-Wurzeln, wo es in möglichst allen Sprachfamilien (Lat, Gr, Germ. usw) geeignete Descendants gibt. Zusätzlich muss auch noch sichergestellt sein, dass bei keiner Familie eine Ausnahme zutrifft (siehe C1 ... C n in den Fußnoten).
Und darüber hinaus fände ich es besonders hilfreich, auch für die Ausnahmen Beispiele aufzuführen - hier macht es aber wenig Sinn, für alle anderen Sprachfamilien die Kognaten aufzuführen. Sinnvoller wäre da folgendes Vorgehen
PIE: wort a...
Familie 1: wort a'
Familie 2: wort a''
Familie 3.1: wort a'''
Familie 3.2: wort a''''

Ausnahmen:
Familie 1:
- PIE b - wort b'
- PIE c - wort c'

Familie 3.1 (z.B: Gothic)
- PIE d - wort d'''
Familie 3.2 (z.B. English (daher beide 3.x))
- PIE d - wort d'''' (sinnvollerweise wenn gleiche situation wie bei 3.1)

Also dass man für die Ausnahmen Beispiele in einem zweiten Abschnitt für jeden PIE-Konsonanten anführt, und dabei dann also nur die Familien auflistet, die Ausnahmen haben, und jeweils ein geeignetes PIE-Wurzelwort angibt, bei dem diese Ausnahme in Erscheinung tritt. Um Verwirrung zu vermeiden, sollte vermieden werden, dass zufällig eine bestimmte PIE-Wurzel bei mehreren Sprachfamlien zu Ausnahmen führt, obwohl diese Ausnahmen gänzlich voneinander unabhängig sind. Stehen die Ausnahmen hingegen miteinander in Beziehung (weil sie getriggert werden durch eine Eigenschaft der PIE-Wurzel), dann sollte dieselbe PIE-Wurzel verwendet werden.

Was haltet ihr von diesem Vorgehen? Was mich halt abschreckt, ist, dass ich möglichst PIE-Wurzeln finden muss, die alle Sprachfamilien abdecken, auch welche, von denen ich keine Ahnung habe (Indo-Iranian).

https://en.wikipedia.org/wiki/Indo-European_sound_laws

Bei *t steht bei English: "th; d; [C6]"

Stimmt da was nicht? Auf was bezieht sich das C6 (Verner)?

NACHTRAG:
Ich glaube, ich habe das Problem gefunden. Ich glaube:
1. Das C6 bezieht sich in der tat auf das d (Strichpunkt sollte entfernt werden, wohl)
2. Die Verwirrung kommt daher, dass gern ausführlich "Mutter/Vater/Bruder" verwiesen wird bei Verner's Law (bei Wikipeida: zweite lautverschiebung, und bei (en) verner's law).
Gleichzeitig scheinen aber just jene Wörter zu Verwirrung zu führen:

Spelling with -th- (15c.) reflects widespread phonetic shift in Middle English that turned -der to -ther in many words, perhaps reinforced in this case by Old Norse forms; spelling caught up to pronunciation in 1500s (compare mother (n.), weather (n.), hither, gather). (etymonline)

Also just die Wörter, die einem einfallen als Beispielkognaten, sind ungeeignet.

So,

hier meine farbcodierte Tabelle für Lautverschiebungen einzelner Konsonanten.

* Ich habe mir bei der Farbwahl viele Gedanken gemacht, die Farben sind nicht willkürlich.
* Die Tabelle hat das Ziel das Latein-, Deutsch-, Englisch- und Französischlernen zu erleichtern, indem sie alle Zusammenhänge bei einzelnen Konsonanten aufzeigt.

Folgende Fragen sind für mich offengeblieben: 

1) Proto-Germanisch fehlt in der WP-Tabelle. Die PG-Spalte ist daher NICHT zuverlässig, sondern mehr schlecht als recht von mir zusammengeschustert aus anderen WP-Artikeln. Zur Referenz habe ich daher Gothisch mal noch dringelassen.

2) Deutsch fehlt ebenfalls in der WP-Tabelle. Auch hier habe ich das primär aus dem Artikel zur zweiten Lautverschiebung zusammengeschuster. Ggf. ist hier die Zuverlässigkeit etwas besser.

3) Um Englisch "entschlüsseln" zu können, benötigt man diverse Entwicklungsstufen des Französischen. Diese fehlen ebenfalls in der Wikipedia-Tabelle und ich habe das noch noch gar nicht begonnen auszufüllen. 

4) Ich bin mir oft unsicher, was die Aussprache betrifft: also z.b. z vs. /z/ vs [z] --> bei allen dreien gibt es ja konventionen, wie es auszusprechen und zu interpretieren ist. (Unsicherheiten habe ich u.a. auch bei g / j / ɣ / i / y).

5) In der Tabelle sind auch einige Fragezeichen und wie gesagt wohl auch ungekennzeichnete Fehler. Generell sind die Spalten PIE / GR / LAT / EN aber weitgehend korrekt, und DE wohl auch relativ weitgehend.

6) Spanisch wäre natürlich noch eine nette Ergänzung für viele Lerner, aber ich habe das jetzt nicht priorisiert.

7) Wer den Link auf die Tabelle haben möchte, kann ihn gern haben und nach Belieben ergänzen. Ich werde eingetragene Informationen sorgfältig behandeln und nicht ohne Rücksprache verändern.

Korrektur: "haben" gehört zur PIE-Zeile *p (und zwar in das blaue Verner-Kästchen bei German), nicht in die PIE-Zeile zu PIE *bh. Nabel ist weiterhin korrekt bei *bh.

   

Nebenkriegsschauplatz: Könnte mir jemand, der sich mit Griechisch auskennt, erklären, wie genau sich das t in "oto-" erklärt?
Laut Tabelle gilt bei End-*s (Beispielwort "Ohr/Auris") für Griechisch -s, was auch stimmt beim Nominativ. Es ist jetzt einleuchtend, dass bei bestimmten Fällen/Deklinationen ein t aus dem s wird.
Aber warum steht bei Wiktionary: From ὠτ- (ōt-), the stem of the Ancient Greek οὖς (oûs, “ear”), sowie "Nominative singular -ς (-s) arose by reduction of the original cluster *-ts."
PIE sei *h₂ṓws .
also ōt- sei der "Stamm", und Nominativ Singualr sei oûs bs. oûst. Ich verstehe nicht wirklich, wo das "t" herkommt, und warum der "Stamm" (mit dem t) nicht in der Tabelle zu finden ist.

Es geht mir hier nur darum, exemplarisch eine Fragestellung für griechisch zu behandeln, um ein besseres Gefühl für die "Griechisch"-Spalte zu bekommen. Leider sind Wörter mit griechischer Etymologie manchmal besonders schwer zu "entschlüsseln" einfach deshalb, weil (bei mir und wohl den meisten Sprachen"lernenden") wenig Vorwissen besteht / wenig Gefühl für die Sprache da ist. Vielen Dank, falls jemand das kurz beleuchten könnte. Oder ist "Ohr" ein besonders schlechtes Beispiel, weil es nicht den Regeln folgt?


Third declension of τὸ οὖς; τοῦ ὠτός (Attic)
Singular Plural

Nominative
τὸ οὖς τᾰ̀ ὦτᾰ
tò oûs tà ôta

Genitive
τοῦ ὠτός τῶν ὤτων
toû ōtós tôn ṓtōn

Dative
τῷ ὠτῐ́ τοῖς ὠσῐ́ / ὠσῐ́ν
tôi ōtí toîs ōsí(n)

Accusative
τὸ οὖς τᾰ̀ ὦτᾰ
tò oûs tà ôta

Vocative
οὖς ὦτᾰ
oûs ôta

Notes:
This table gives Attic inflectional endings. For declension in other dialects, see Appendix:Ancient Greek dialectal declension.
Nominative singular -ς (-s) arose by reduction of the original cluster *-ts.
===
Oder hat es etwas hiermit zu tun:
https://en.wiktionary.org/wiki/Appendix:...declension

Neuters
Neuter nouns of the third declension are nearly identical to their masculine and feminine counterparts except for the nominative, accusative, and vocative cases in the singular and plural. Since the stem often ends with a sound which an Ancient Greek word cannot end on, the final sound is often dropped or changed in unmarked forms. The simplest and most common third declension neuters are the dental stems, such as ὄνομα (ónoma, “name”), stem ονοματ- (onomat-). Interestingly, the τ in the stem is a common feature of Ancient Greek words derived from PIE neuter n stems, which is not well explained.

Hallo Etymonix,

da hast du dir eine harte Nuss ausgesucht. Ich bin leider kein studierter Indogermanist, aber ich bin Gräzist mit Interesse für Indogermanistik. 

Als solcher würde ich zunächst einmal bemerken, dass die Vereinfachung von -ts zu -s im Griechischen (wie auch im Lateinischen) absolut üblich ist. Ein Beispiel dafür ist etwa das maskuline Partizip Präsens Aktiv mit den Endungen Nom. -ους / -ous, Gen. -οντος / -ontos, wo sich die Nominativendung aus ursprünglichem -onts > -ons > -ōs > -ous entwickelt hat. Grundsätzlich braucht dich ein t im Stamm bei gleichzeitigem s ohne t im Nominativ also nicht zu wundern.

In deinem Fall scheint die Etymologie aber eine andere zu sein. (Die folgenden Informationen stammen aus dem Wörterbuch Frisk Etymology German, hier zusammen mit vielen anderen Wörterbüchern abrufbar: https://lsj.gr/wiki/Main_Page )

Frisk führt wie Wiktionary den Nominativ οὖς/ous auf idg. *ōus zurück, das mit Schwachstufe *ous auch gut zu lat. aur-is und aus-culto passt.

Der Genitiv wird von einer Form *ōus-n-tos mit einem erweiterten Stamm und silbischem n hergeleitet. Die Theorie wäre also, dass das Wort für "Ohr" im Indogermanischen bzw. zumindest einigen Dialekten des Indogermanischen zwei Stämme besaß, nämlich *ōus für den Nominativ/Akkusativ/Vokativ Singular und *ōusnt- für die anderen Kasus (der Genitiv *ōusntos erklärt sich dann mit der regulären idg. Genitivendung *-os/-es).
Solche Wörter mit Supplementstämmen sind an sich nichts außergewöhnliches, vgl. dt. sein/ist (Stamm (i)s-), bin/bist (Stamm b-) und war etc. (Stamm war-) oder lat. esse (sein) mit Präsens sum (ich bin) und Perfekt fui (ich war).

Der Weg von *ōusntos zu ὠτός / ōtos erklärt sich dann in etwa so:

*ōusntos > *ōusatos (silbisches n > a im Griechischen) > *ōuatos (zwischenvokalisches s fällt im Griechischen aus) > ōtos (im attischen Griechisch kontrahiert o-Laut + a zu langem ō)

Der dialektale griechische Genitiv οὔατος/ouatos erklärt sich, wenn die letzte Vokalkontraktion nicht stattfindet und ōu > ou gilt.

Weiterhin scheint laut Frisk dieser zweite Stamm mit n-Erweiterung auch in anderen Sprachen belegt zu sein, so armenisch un-kn (ignoriere den kn-Teil, der analog zum Wort für Auge angehängt wurde; Disclaimer: ich spreche kein Armenisch) und gotisch mit Nom. auso, Gen. ausin-s (Disclaimer: Auch Gotisch spreche ich nicht).

Für weitere Verwandtschaften lässt sich noch anmerken, dass der Dual mit der Schwundstufe oder Schwachstufe des Stamms gebildet wurde und daher *us-i / *ous-i lautete. Daher polnisch ucho mit Nom. Pl. uszy und lat. auri-s (und wohl auch awestische Formen).