Ein Beispiel wäre -- wobei es in der Tendenz eher im Laiendiskurs vorkommt -- dass lexikalische oder grammatische Kategorien, die eine Sprache nicht besetzt hat, dazu führen, dass die Sprecher/innen dieser Sprachen das Konzept nicht haben oder nicht „denken“ können. Beispiel: Sprache X hat kein Wort für Y, oft im Kontext für uns exotischer Sprachen. Meist sind das so Verweise auf Sprachen, die in uns völlig fremden Kulturen gesprochen werden und die angeblich keine Wörter für
Rache,
Kapitalismus,
Neid oder
Missgunst haben. Die Erklärung ist dann immer: wir sind eine so rachsüchtige Gesellschaft, andere halt nicht. Denke an
Schadenfreude, die wir Deutschen haben, aber nicht die englischsprachige Welt. Ein Beispiel für grammatische Kategorien aus eurozentrischer Sicht wäre die Abwesenheit von für uns „natürlicher“ Kategorien wie grammatischer Vergangenheits- oder Zukunftsmarkierung. Das Problem auf größerer Ebene: es bedient kulturelle Stereotype. Klassiker ist die Diskussion um Wörter für Schnee in Eskimosprachen.
Hier habe ich mal was kurzes dazu geschrieben, mit Links zu anderen Diskussionen.
(Auch die schwache Form der SWH wird oft missverstanden. Es geht vielleicht eher darum, welchem Aspekt einer Situation wir mehr aufmerksamkeit schenken, weil unsere Sprache diese Unterscheidung macht; im Englischen z.B.
I go vs.
I'm going.)
Für die Gender-Einflüsse gibt es viele Studien, die den direkten Einfluss von Genus auf das Denken nicht bestätigen können, wohl aber Unterschiede in der Reaktion auf derartige Stimuli auf Basis des Genus
systems. Soll heißen, wenn es (schwache) Effekte gibt, müssen diese nicht unbedingt auf Genus per se zurückgeführt werden, sondern darauf, dass die Sprachen, in denen Effekte nachgewiesen werden können, ein binäres Genussystem haben. So gibt es z.B. Effekte für Französisch und/oder Spanisch, aber nicht oder deutlich weniger für Deutsch.)
Literatur:
Gumperz, John J. & Stephen C. Levinson (eds.). 1996.
Rethinking linguistic relativity. Cambridge University Press.
Zu Gender:
Bender, Andrea, Sieghard Beller & Karl Christoph Klauer. 2011. Grammatical gender in German: a case for linguistic relativity?
Quarterly Journal of Experimental Psychology 64(9). 1821–1835. doi:10.1080/17470218.2011.582128.
Koch, Sabine C., Friederike Zimmermann & Rocio Garcia-Retamero. 2007. El sol - die Sonne.
Psychologische Rundschau 58(3). 171–182. doi:10.1026/0033-3042.58.3.171.