Komitativ oder nicht?

Hallo zusammen,

ich zerbreche mir seit einiger Zeit über folgenden grammatikalischen Sachverhalt den Kopf:

Es geht um die fettmarkierten Satzglieder:

1) Peter spricht mit Andrea Englisch.

2) Ich ging mit meinem Sohn an den Strand.

Laut Pittner (2000: 102, "Adverbiale im Deutschen") und Musan (2013: 6; "Satzgliedanalyse") handelt es sich in Beispiel 2 bei "mit meinem Sohn" um einen Komitativ, einem Modaladverbial, welches eine Form der Begleitung ausdrückt.

Ich frage mich nun, ob es sich bei Beispiel 1 ebenfalls um einen Komitativ handelt ("mit Andrea") oder ob es sich um ein Präpositionalobjekt handelt, oder um einen Komitativ, der in einer Präpositionalphrase kodiert ist. Pittner weist darauf hin, dass Verben wie 'sprechen', 'verhandeln' usw. reziproke Relationen ausdrücken und somit ein Argument des Verbs darstellen und daher als eine Art Objekt bezeichnet werden müsste. Deshalb bin ich mir nach wie vor unsicher, als was für ein Satzglied "mit Andrea" definiert werden muss.

Spontan könnte man denken: "mit Andrea" sei ein indirektes Objekt/Dativobjekt und "Englisch" sei ein direktes Objekt/Akkusativobjekt (Beispiel 1)

Über eine kurze Antwort wäre ich sehr dankbar.

semicolon

Ja, wenn (1) ein Komitativ wäre, würde ich den Satz so verstehen: Die beiden reden gemeinsam (aber nicht notwendigerweise miteinander) Englisch.

Im Kontext war es so gedacht, dass beide tatsächlich miteinander reden.

Mir sieht das erste Beispiel nicht nach einem Komitativ aus. Es ist ein Präpositionalobjekt, aber "mit jmdm. sprechen" ist nicht komitativ sondern eher direktiv (im allativen Sinne). Man kann stattdessen auch sagen "zu jmdm. sprechen", was auf keinen Fall einen komitativen Charakter hat.
Wenn das "mit Andrea" heißen soll, dass beide vor Publikum zusammen englisch sprechen, wäre es ein komitatives Adverbial, aber du schriebst ja, dass dem im vorliegenden Kontext nicht so sei.
Ich stimme zu, dass "mit jmdm. ... (z. B. englisch) sprechen" reziproken Charakter hat, was aber nicht auf einen Komitativ schließen lässt.

Hilft dir das?
Yaouoay

(24.09.2017, 09:46:43)Yaouoay schrieb: Mir sieht das erste Beispiel nicht nach einem Komitativ aus. Es ist ein Präpositionalobjekt, aber "mit jmdm. sprechen" ist nicht komitativ sondern eher direktiv (im allativen Sinne). Man kann stattdessen auch sagen "zu jmdm. sprechen", was auf keinen Fall einen komitativen Charakter hat.

mit jemandem sprechen ist mehrdeutig, impliziert aber normalerweise ein Wechselgespräch (Dialog); das klingt für mich eigentlich schon komitativ in dem Sinne, dass beide gemeinsam in der Dialogsituation sind
zu jemandem sprechen ist eher eine einseitige Sache (Monolog)

(24.09.2017, 09:46:43)Yaouoay schrieb: Ich stimme zu, dass "mit jmdm. ... (z. B. englisch) sprechen" reziproken Charakter hat, was aber nicht auf einen Komitativ schließen lässt.

Reziprozität liegt vor, wenn zwei oder mehr Aktanten die gleiche Handlung wechselseitig an einander vornehmen, jeder Aktant also Ziel der Handlung des anderen Aktanten ist.
Komitativ liegt vor, wenn zwei oder mehr Aktanten gemeinsam dieselbe Handlung an einem nicht mit (einem von) ihnen identischen Handlungsziel vornehmen.

janwo schrieb:Reziprozität liegt vor, wenn zwei oder mehr Aktanten die gleiche Handlung wechselseitig an einander vornehmen, jeder Aktant also Ziel der Handlung des anderen Aktanten ist.
Komitativ liegt vor, wenn zwei oder mehr Aktanten gemeinsam dieselbe Handlung an einem nicht mit (einem von) ihnen identischen Handlungsziel vornehmen.

Eben.

semicolon schrieb:Im Kontext war es so gedacht, dass beide tatsächlich miteinander reden.

Das ist reziprok, also nicht komitativ.

janwo schrieb:mit jemandem sprechen ist mehrdeutig, impliziert aber normalerweise ein Wechselgespräch (Dialog); das klingt für mich eigentlich schon komitativ in dem Sinne, dass beide gemeinsam in der Dialogsituation sind

Da widersprichst Du Dir ein bisschen; weiter unten hattest Du gemeint, dass Reziprozität und Komitativ einander ausschließen.

janwo schrieb:

Yaouoay schrieb:Man kann stattdessen auch sagen "zu jmdm. sprechen", was auf keinen Fall einen komitativen Charakter hat.

mit jemandem sprechen ist mehrdeutig, impliziert aber normalerweise ein Wechselgespräch (Dialog); das klingt für mich eigentlich schon komitativ in dem Sinne, dass beide gemeinsam in der Dialogsituation sind
zu jemandem sprechen ist eher eine einseitige Sache (Monolog)

Natürlich hat "zu jemandem sprechen" nicht den gleichen Bedeutungsinhalt wie "mit jemandem sprechen", da gebe ich Dir Recht.


Liebe Grüße
Yaouoay

(15.12.2018, 14:06:02)Yaouoay schrieb:

janwo schrieb:mit jemandem sprechen ist mehrdeutig, impliziert aber normalerweise ein Wechselgespräch (Dialog); das klingt für mich eigentlich schon komitativ in dem Sinne, dass beide gemeinsam in der Dialogsituation sind

Da widersprichst Du Dir ein bisschen; weiter unten hattest Du gemeint, dass Reziprozität und Komitativ einander ausschließen.

Narf. Ich habe semantische und grammatische/formale Ebene zusammengewürfelt.