vielen Dank an alle für kompetente Hinweise.
Hier noch einmal zum Hintergrund meines Postings:
Schade, dass Deutsch in Gesamt-Europa nicht besonders beliebt ist,
immerhin ist Deutsch die in Europa inzwischen die mit Abstand meistgesprochene Mutter-Sprache, vor Englisch und Französisch, das gilt auch separat für die EU-Länder.
Die direkte Kasus-Markierung im Deutschen
- wie auch andere grammatische Besonderheiten – ist mit ein Grund, dass die deutsche Sprache bei Ausländern als schwierig zu lernen gilt.
Auch bei fortgeschrittenen Deutsch-Lernern kommt es bei der Kasus-Markierung immer wieder zu Fehlern,
im mündlichen wohl noch mehr als im schriftlichen.
Wenn die weltweite Bedeutung der deutschen Sprache wächst, ist gleichzeitig die Frage, wie diese Sprache für Lernende attraktiver werden kann.
Ein Hintergrund meiner Fragestellung ist eine vergleichende Betrachtung der historischen Entwicklung des Deutschen und der romanischen Sprachen (hier: Französich und Italienisch).
Deutsch als Sprache war eine Art Klammer der deutschen Nation – spätestens seit dem Mittelalter. Wenn die Kurfürsten sich trafen, um den deutschen König zu wählen, konnten sie und ihre Hofschranzen sich auf Deutsch verständigen.
Deutsch wurde – einschl. regionaler Dialekte – in ganz D gesprochen.
Somit gab es in der Entwicklung des Deutschen eine Kontinuität über viele Jahrhunderte,
wie es auch aus einer großen Zahl von schriftlichen Zeugnissen ergibt.
Italien:
Vom Latein zum Volgare Dantes gab es eine lange Entwicklung, die bis auf wenige schriftliche Zeugnisse nur sehr schwierig nachzuvollziehen ist.
"Volgare" bitte nicht als (im heutigen Sinn) vulgäre Sprache missverstehen, es waren zunächst einmal einfache Volkssprachen – in den Dialekten der Appenin-Halbinsel - abgeleitet vom Latein der Gelehrten Oberschicht und des Klerus.
Dante, der sehr wohl des lateinischen mächtig war, erkannte die Schönheit der Volkssprache.
Die Vorstellung von der Entwicklung einer Sprache fällt uns heute sehr schwer, wenn es kaum schriftliche Zeugnisse gibt.
Die Sprecher der Volkssprache waren Analphabeten.
Ich habe noch nirgendwo eine Antwort auf folgende Frage gefunden:
Kann man irgendwie nachvollziehen, wie der Begriff "italienisch" für diese, aus dem Toscanischen hervorgegangene
Sprache entstanden ist?
Die Herausbildung einer einheitlichen “italienischen“ Sprache begann erst mit der Reichseinigung 1861. Im ersten gesamt - ital. Parlament in Turin wurde noch Französisch gesprochen, während das erste Italienisch sich von der Toscana aus stetig weiterverbreitete.
In allen anderen Regionen wurden – und werden noch heute - Dialekte gesprochen, mehr oder weniger stark vom Lat. abgeleitet. Sehr produktiv für die Dialekte waren auch Entlehnungen bei anderen Völkern und aus anderen Regionen.
Erst ab dem Ende des Faschismus 1945 wurde Italienisch in allen Grundschulen verbindlich.
Frankreich:
Erst die Jakobiner setzten im Zuge der Neuorganisation des Reichs die Sprache durch, die wir heute als Französich bezeichnen.
Abgeleitet von der Gelehrtensprache Latein setzte sich die Sprache zuvor zuerst bei Hofe durch, während es in der "Provence" eine quasi babylonische Sprachverwirrung gab.
Einerseits merkwürdig, andererseits kein Wunder, dass die aus gebildeten Kreisen
stammenden Revolutionäre dem höfischen Französich für die Grande Nation den Vorzug gaben.
Auch im nachrevolutionären Reich dauerte es ca. 150 Jahre, bis die neu verordnete Sprache in den Departements der Provinz als neue Volkssprache angekommen war.
Und die Academie Francaise versucht bis heute - eigentlich als lebendige Nachwirkung der Revolution -
alle außerfranzösischen Einflüsse abzuwehren.
Aus diesem Vergleich ergibt sich durchaus eine Sonderstellung in der historischen Entwicklung der deutschen Sprache in Mitteleuropa.
Zitat Kevin:
"Und ebenso wie viele neuhochdeutsche heute noch als umgangssprachlich wenn nicht sogar 'falsch' angesehen werden wie 'Claudia ihr Buch' aber in einiger Zeit auch normal sein werden. Ohne es dir zu unterstellen, aber in deinem Beitrag klang es fast so an, als sei das Deutsche ehrenvoll aus der Entwicklung vom Indogermanischen hervorgegangen, während romanische Sprachen 'Vulgärsprachen' sind. Und auch kam die Konnotation rüber, dass das Deutsche durch seine Kasusrelikte dem 'Romanischen' übergestellt sei. Ich kann dem beiden nicht zustimmen."
Es kann nicht darum gehen, eine Sprache der anderen "überzustellen" oder "herabzustufen",
eine sinnlose Idee.
Ich frage mich nur, was man tun kann um die Verbreitung des Deutschen in Europa und in der Welt angemessen voranzubringen.
Und das ist bestimmt keine negative "Konnotation" ggü anderen Sprachen.