Hier unsere Vorüberlegungen zu dem Gedankenexperiment...
Erste Hürde ist die Schrift. Aber egal welches Schriftsystem das Neue Volk benutzt, ob nun Logogramme, Silbenschrift, Abugida oder ein Alphabet... es ist vielleicht nicht allzu schwer, herauszufinden, dass es sich bei unseren lateinischen Buchstaben (das kyrillische oder griechische können wir vielleicht erstmal außen vor lassen) um ein Alphabet handelt. Allein schon wegen der Zeichenanzahl. Schließlich stellen die Linguisten durch Vergleiche von Texten und Wörtern fest, das wir offenbar 2 verschiedene Zeichenarten verwenden: Groß- und Kleinbuchstaben. So kommt man schnell darauf, dass Sinnabschnitte (vielleicht Sätze?) mit einem großen Buchstaben anfangen, manche Wörter immer groß geschrieben werden (sind das Götternamen? Oder vielleicht einfach nur Eigennamen?)... eine 1:1-Übertragung der Groß- und Kleinbuchstaben ist schnell gefunden.
Eventuell ist das bereits ein großer Sprung nach vorn, aber es ist sicher möglich, die Bedeutung schon von vielen Wörtern aus dem Kontext zu erschließen, angefangen bei EXIT, EINGANG, Rauchen verboten! usw.; hier kann man erkennen, dass unsere Wörter aus Morphemen aufgebaut sein könnten, weil Endungen oft verschieden sind. So sieht man die Pluralendungen (in vielen Sprachen Europas auf -s oder -en), die Bedeutung kleiner grammatischer Wörter wie "de", "von" usw. — ich denke, findige Linguisten können so eine ganze Menge über die Sprache herausfinden, wie wir heute über Sumerisch, Mitteägyptisch und Co. Und da braucht's noch kein phonetisches Wissen, denn die Linguisten sehen, das Wort "Ausgang" schreibt sich in der Sprache aus England mit "einer Kralle", "einem Kreuz", "einem Strich" und "einem Nagel". Plurale enden auf "eine Schlange" oder "eine Kralle und eine Schlange" und so weiter...
Durch Zeilentrennungen, Analyse von Liedtexten/Notenblättern und ähnlichem kommt man vielleicht darauf, was zu einer Silbe gehört. Sofern das Neue Volk doch irgendwie Wissen über Typologie hat, oder irgendwie auf die Idee kommt, dass es vermutlich mehr Konsonantenphoneme als Vokalphoneme gibt, kann über eine Analyse des Italienischen, in dem ja (fast) jedes geschriebene Wort auf einen von 5 verschiedenen Zeichen endet, die auch immer in der Mitte einer Silbe vorkommen, und für die es in nicht wenigen Sprachen Wörter gibt, die eben NUR aus diesen Zeichen bestehen... äh... jedenfalls kommt man so darauf, was Vokale in der Sprache sein dürften: AEIOU, wie auch immer diese ausgesprochen werden.
Durch Sprachvergleich findet man heraus, dass Y z.T. so ähnlich wie I geklungen haben könnte, PH wie F, CH und C manchmal wie K, TH wohl oft wie T und weiteres. Durch Gedicht- und Liederanalyse kann man herausfinden, wie die Metrik der Sprachen so ungefähr funktioniert (lange Vokale z.B.), sieht so z.B. vielleicht durch statistische Methoden die betonten Silben. Im Deutschen, Türkischen und ähnlichen Sprachen kann man bei reimenden Gedichten sehen, dass D-T, G-K, B-P am Wortende so ähnlich ausgesprochen worden sein könnte; die Idee Stimmhaft-Stimmlos ist vllt. naheliegend.
Vielleicht findet man irgendetwas heraus, wenn man sieht, was in welcher Sprache wie umlauten kann, z.B. wird der Plural von APFEL (eine Frucht) mit zwei Punkten auf dem ersten Vokal gebildet wird. Aber kann man herausfinden, was die Punkte bedeuten? Die könnten ja auch für Nasalität, einem Diphthong mit -i oder -u oder sogar Creaky Voiced stehen. ÄÖÜ gibt's in vielen Sprachen, z.B. Türkisch, Estnisch, Deutsch, Ungarisch (dort sieht man lange Vokale auch supereinfach!), Schwedisch... evtl. ließe sich daraus was erschließen, z.B. dass die Punkte für eine Verschiebung des Vokals nach vorne stehen. Kann man so schließen, welche Vokale das dann sein könnte?
Naja... so in etwa ist nun der Stand der Neuvolk-Linguisten. Kann man irgendwie über kleine Schritte noch mehr über die Aussprache der Grapheme herausfinden, und seien es auch nur einzelne Features wie [+voiced], das Puzzle wird sich nach und nach ergeben.
Fällt euch noch was ein? Oder geht ihr vllt. davon aus, dass es überhaupt nicht möglich sein wird, auch nur grob die Aussprache (d.h. zu wissen, dass ein R ein /r/-Laut ist, aber vllt. nicht ob nun Flap, Tap, uvular oder alveolar etc.) herauszubekommen? Jede kleine Idee ist hilfreich... :)