Liebes Expertenteam,
ich versuche gerade folgende Aufgabenstellung zu bearbeiten:
"Jugendsprache sowie Frauen- vs. Männersprache sind besonders aktuelle Forschungsgegenstände der modernen Soziolinguistik. Diskutieren Sie anhand von linguistischen Merkmalen jugend- bzw. geschlechtsspezifischen Sprachverhaltens, ob es sich hierbei um 'Varietäten' oder 'Stile' handelt. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit die Anwendung des Begriffs 'Varietät' gerechtfertigt ist? Welche linguistischen Argumente (Grammatik vs. Pragmatik) sprechen für eine Einordnung unter 'Stile'?"
--> Ich beziehe mich in meiner Antwort jetzt erstmal nur auf die Jugendsprache.
Ich wäre die Aufgabe jetzt einmal so angegangen, dass ich erst einmal die beiden Begriffe "Varietät" und "Stil" definiere.
Definition:
Varietät als eine bestimmte Ausprägung einer Einzelsprache, die diese Einzelsprache ergänzt, erweitert oder modifiziert, jedoch nicht unabhängig von dieser existieren kann. Von Varietät spricht man jedoch nur, wenn die Sprachformen einer untersuchten Gruppe eindeutige sprachliche Gemeinsamkeiten aufweisen.
Wenn man von der Jugendsprache als einer Varietät spricht, impliziert dies dann automatisch, dass die Jugendsprache als homogene Gruppensprache aufgefasst wird?
Also wie hängen die Begriffe "Varietät", "Gruppensprache" und "Sondersprache" zusammen?
Ist "Varietät" demnach der Überbegriff?
Und was unterscheidet eine "Gruppensprache" von einer "Sondersprache"?
Die Jugendlichen können ja als Gruppe betrachtet werden, deswegen wohl Gruppen- und nicht Sondersprache, oder?
Zum Stilbegriff habe ich bislang nur Folgendes gefunden (in Dittmar, 2006):
Typisch fiir die die soziale Identität (Gruppenidentität) indizierenden Stilmittel sind auch die Verweise auf nicht-sprachliches Verhalten, die Art der Kleidung etc.: „Zum sozialen Stil gehören ebenso Eigenschaften des nicht-sprachlichen Verhal¬tens, der körperlichen Bewegung, des Distanzverhaltens, der Kleidung, der Eiiuichtung, der Ernährung u.s.w." (Kallmeyer 1994: 31). Daraus wäre der Schluß zu ziehen, daß (a) es so viele Stile wie Gruppen gibt und damit eine Varietät 'Stil' kaum zu isolieren wäre; (b) prototypische gruppenspezifische Stile (z.B. die Hyperkorrektur der unteren Mittelschicht) als diastratische Varietäten isoliert werden könnten.
An anderer Stelle des Buches heißt es, dass der Stilbegriff eine Teilgröße des Registerbegriffs ist. Das verstehe ich rein gar nicht...Ich dachte immer, diese beiden Begriffe wären grundsätzlich verschieden...
Lange Rede, kurzer Sinn:
Zusammengefasst möchte ich antworten, dass ich die Jugendsprache als eigene Gruppensprache (Sondersprache?) nicht bestehen sehe, da es DIE Jugend als homogene Gruppe nicht gibt.
Als Beispiele könnte man zwar die teilweise eigene Lexik und den Hang zu Neologismen anführen, aber im Endeffekt ist dieser Wortschatz recht kurzlebig. Pro Gruppensprache ist vllt. noch anzuführen, dass sich die Jugendlichen bewusst von den Erwachsenen und Kindern abgrenzen möchten und durch die Sprache auch eine In-Group-Identität schaffen.
Allerdings reichen diese Punkte nicht aus, um von einer eigenständigen Gruppensprache zu sprechen, da eben eine große Heterogenität innerhalb der Gruppe vorherrscht (inkl. z.T. wieder eigener Jargons).
Auf diesem Wege würde ich zu dem Fazit kommen, dass bei der Jugendsprache von einem soziolinguistischen Stil gesprochen werden muss.
Würdet ihr mir hierbei zustimmen?
Was mir momentan wirklich noch Probleme bereitet ist die klare Abgrenzung der verschiedenen Begriffe:
- Varietät
- Stil
- Gruppen- vs. Sondersprache
- Register
--> Iwie verwendet jeder Autor die Begriffe in einer unterschiedlichen Ausprägung. Ich bin restlos verwirrt. Mal habe ich das Gefühl, die Begriffe lassen sich zueinander in Beziehung setzen (Autor A) und im nächsten Moment findet sich überhaupt keine Schnittmenge mehr (Autor B).
Gibt es irgendeinen Autor, der klipp und klar schreibt, dass Punkte xy erfüllt sein müssen, damit es sich um eine Varietät handelt und Punkte xy, damit es sich um einen Stil handelt?
In meiner bisherigen Sekundärliteratur stimmen alle Autoren überein, dass es sich eher um einen Stil handelt, aber die super Begründung hierfür liefern sich alle nicht.
Immer heißt es nur: Jugend ist keine homogene Gruppe --> deswegen keine eiegenständige Jugendsprache.
Kann man dies irgendwie auch präziser fassen?