Hm, ich versuchs mal so:
Markiertheit ist kein fester Wert, den eine Struktur/ein Laut/ein Wort/eine Konstruktion/… hat oder nicht hat, sondern Markiertheit ist eine Eigenschaft, die ein Laut/eine Struktur/… erst durch andere Laute/Strukturen/… bekommt.
Nehmen wir mal ein Beispiel: der ich-Laut ist global gesehen eher selten im Vergleich zum ach-Laut. Typologisch gesehen ist der ich-Laut damit „markiert“, der ach-Laut „unmarkiert“. Die Abfolge i+ich-Laut ist phonologisch betrachtet weniger stark markiert als die Abfolge i+ach-Laut.
Wenn ich nun wissen will, ob das Wort „ich“ (i+ich-Laut) eine markiertere Struktur (also eine markierte Folge von Lauten) ist als „i+ach-Laut“, muss ich mir anschauen, von welcher Art von Markiertheit ich spreche: Betrachten wir die Laute, so ist i+ich markiert: es steckt ein markierter Laut drin (der ich-Laut). Betrachten wir den phonologischen Aspekt, so wäre „a+ich-Laut“ markierter: Es werden Harmoniebedingungen verletzt.
Bei der Frage, welche Form von „Markiertheit“ markierter ist als andere, kommen die Einzelsprachen ins Spiel, die sich in genau dieser Frage unterscheiden: Ist „Typologische“ Markiertheit markierter als Harmonie oder umgekehrt? In der einen Sprache ist der ich-Laut markierter, in einer anderen ist a+ich-Laut markierter.
So kann es vorkommen, dass eine global markierte Form (z.B. der ich-Laut im Deutschen) anzutreffen ist obwohl sie eben markiert ist, um zu verhindern, dass eine in der Sprache viel wichtigere Markiertheit (z.B. die Komination a+ich-Laut) ausgeschlossen oder verhindert wird.
Ebenso in der Diachronie: Eine markierte Struktur entsteht, wenn (oder gerade weil) dadurch eine für die Srpache noch markiertere Form verhindert wird.
Ist das so einigermaßen verständlich?