Grammatische Bedeutung

Liebe (angehende) Linguisten,

ich habe einige Fragen an Euch.

Frage: Was haben die intransitiven Verben in (1) und die transitiven Verben in (2) semantisch gemeinsam?
(1)                                                                             (2)
a) Peter läuft.                                                          a) Peter liebt Sabine.
b) Peter springt.                                                     b) Peter sieht Sabine.
c) Peter lacht.                                                         c) Peter beneidet Sabine.
 
Frage: Was ist der gemeinsame Bedeutungsaspekt der intransitiven Adjektive in (3) und der Substantive in (4)?
(3) Peter ist groß/ schlank/ blond.
(4) Peter ist Student/ Arzt/ Fußballer.


Vielen Dank!

Hallo, Günther!

Hilfreich wäre eine Einschränkung der Aufgabenstellung oder ein Kontext.
So weiß ich nicht, ob Dir folgende Listen helfen.
Ein paar Vorschläge also:

Gemeinsamkeiten der drei intransitiven Verben:

• Verben der Aktivität
  
• persönliche Verben
  
• sichtbare Handlungen
  
• willentliche Beteiligung des Agens
  

Gemeinsamkeiten der drei transitiven Verben:

• Verben der Wahrnehmung
  
• persönliche Verben
  
• nicht direkt sichtbare Handlungen
  
• nicht zwingend willentliche Beteiligung des Agens
  

Ich nehme an, mit "Bedeutungsaspekt" ist die Denotation und die Konnotation gemeint?

Denotativ haben die Adjektive gemein, dass sie die Qualität beschreiben. Spezifischer: Körpermerkmale.
Konnotativ, würde ich sagen, sind sie alle drei in diesem Kontext relativ neutral.

Die Denotation der drei Substantive lässt sich zum Beispiel so zusammenfassen: 
"für unbestimmte Zeit regelmäßig durch das Agens ausgeführte nicht hobbymäßige Tätigkeit, die gesellschaftlich etabliert ist".
Konnotativ sind alle drei wieder neutral.

Gehen die Anregungen in die richtige Richtung?


Liebe Grüße
Yaouoay



PS:

Zitat:der intransitiven Adjektive

Was sind denn (in)transitive Adjektive? ^^

@Günther Weiß: Ergänzend zu dem, was Yaouoay schrieb, ist es -- wenn noch nicht bekannt -- zu Beantwortung der Fragen vielleicht interessant, sich mit Situationstypen (nach Vendler bzw. darauf aufbauend) zu befassen. Siehe zum Beispiel: https://www.christianlehmann.eu/ling/lg_...litaet.php

Für die zweite Gruppe wären Psychverb und Experiencer-Verb Stichworte für einen tieferen Einstieg.

@Yaouoay: Dass bei Adjektiven von "Transitivität" gesprochen wird, ist mir z.B. in generativen Grammatiktheorien bei der Analyse von Adjektiv-Phrasen begegnet. Da geht es dann um Konstruktionen wie "Sie sind sauer auf ihn", die als transitive Adjektive charakterisiert werden. Allgemeiner geht es darum, dass manche Adjektive nicht (nur) monovalent [EDIT] sind, was verglichen mit Verben weniger häufig thematisiert wird. Inwiefern man da von Transitivität sprechen kann, ist m.M.n. noch mal eine andere, komplexe Thematik.

Zitat:Da geht es dann um Konstruktionen wie "Sie sind sauer auf ihn", die als transitive Adjektive charakterisiert werden. Allgemeiner geht es darum, dass manche Adjektive nicht (nur) avalent sind, was verglichen mit Verben weniger häufig thematisiert wird. Inwiefern man da von Transitivität sprechen kann, ist m.M.n. noch mal eine andere, komplexe Thematik.

Verstehe. Ich kannte "transitive Adjektive" nur aus dem Englischen (to be worth sth.), und selbst da ist diese Terminologie umstritten.
Aber klar, im Deutschen gibt es das wohl auch.
Von Transitivität zu sprechen, finde ich irreführend, weil sie ja nur als Prädikative valent sein können.
Oder sind Konstruktionen wie 
       ?Der ihm ähnliche Bruder
oder
       ?Die dort wohnhafte Schwester
grammatisch?


LG~Y

(30.09.2018, 10:15:30)Yaouoay schrieb: Von Transitivität zu sprechen, finde ich irreführend, weil sie ja nur als Prädikative valent sein können.

Wie kommst Du denn darauf? Valenz heißt ja erst einmal (so auch in der Chemie, woher die Metapher kommt) nur "Bindungsfähigkeit", d.h. wie viele andere "Mitspieler" sich mit einer Entität verbinden können/müssen. In diesem Sinne ist intransitiv, was eine Verbindung eingehen kann/muss (Minimalvoraussetzung für den Satzbau), und transitiv, was eine darüber hinaus gehende^[1] Verbindung eingehen kann/muss und ditransitiv dasselbe mit Zweien. Avalent, d.h. ohne jedwede Bindungsfähigkeit, sind wohl nur Interjektionen.

(30.09.2018, 10:15:30)Yaouoay schrieb: Oder sind Konstruktionen wie 
       ?Der ihm ähnliche Bruder
oder
       ?Die dort wohnhafte Schwester
grammatisch?

Ja wieso denn nicht?

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Fußnoten:

1. daher der Name transitiv

Zitat:

Zitat:Von Transitivität zu sprechen, finde ich irreführend, weil sie ja nur als Prädikative valent sein können.

Wie kommst Du denn darauf? Valenz heißt ja erst einmal (so auch in der Chemie, woher die Metapher kommt) nur "Bindungsfähigkeit", d.h. wie viele andere "Mitspieler" sich mit einer Entität verbinden können/müssen. In diesem Sinne ist intransitiv, was eine Verbindung eingehen kann/muss (Minimalvoraussetzung für den Satzbau), und transitiv, was eine darüber hinaus gehende[1] Verbindung eingehen kann/muss und ditransitivdasselbe mit Zweien. Avalent, d.h. ohne jedwede Bindungsfähigkeit, sind wohl nur Interjektionen.

Oh, ja, klar. ^^ Ich meinte natürlich "bivalent".

Zitat:

Yaouoay schrieb: schrieb:Oder sind Konstruktionen wie 
       ?Der ihm ähnliche Bruder
oder
       ?Die dort wohnhafte Schwester
grammatisch?

Ja wieso denn nicht?

Hm, die aufgeführten Beispiele kommen mir noch am wahrscheinlichsten vor, grammatisch zu sein.
Aber was ist mit "?Der seiner Sache gewisse Bruder"?
Vielleicht irre ich mich auch. 
Ich kannte "(in)transitiv" nur ausschließlich als Terminus für verbale Valenz, deshalb war ich verdutzt "intransitive Adjektive" zu lesen.


LG~Y

Lieber @Yaouoay und @thf,

vielen Dank für Eure hilfreichen Antworten, die mir sehr geholfen haben.

(30.09.2018, 11:42:19)Yaouoay schrieb: Aber was ist mit "?Der seiner Sache gewisse Bruder"?
Vielleicht irre ich mich auch. 
Ich kannte "(in)transitiv" nur ausschließlich als Terminus für verbale Valenz, deshalb war ich verdutzt "intransitive Adjektive" zu lesen.

Der seiner Sache gewisse Bruder ist grammatisch ;)

Über Verbvalenz wird am meisten diskutiert, aber genauso spricht man davon, dass Adjektive oder Substantive eine Valenz haben können. Verben werden dabei auch primäre Valenzträger, Adjektive und Substantive sekundäre Valenzträger genannt. Aber auch hier werden die 'Argumente' nicht vom Verb gefordert sondern eben vom Adjektiv bzw. Substantiv. Unter Valenz bei Substantiven fällt z.B. die Präpositionalphrase, die nach Entscheidung folgen muss (eine Entscheidung über etwas) oder auch Genitivattribute (die Gefahr des Regengusses), bei Adjektiven gibt es z.B. solche wie stolz, die immer eine Präpositionalphrase mit auf fordern (stolz auf etwas). Schön beschrieben ist diese Sicht auf Syntax bei Helbig/Buscha, wie ich finde.