Zitat:Ich hoffe, du nimmst mir folgende Fragen nicht übel, und möglicherweise stelle ich damit meine Ignoranz zur Schau, aber ich bin da tatsächlich etwas neugierig: War's leicht das auf Niederdeutsch zu schreiben? Wie funktioniert das mit den Fachwörtern? Musstest du da lange überlegen, wie du die (danke an janwo für das Wort Zwinker ) nativierst? Und wie funktioniert das in Bezug auf Register; soweit ich weiß, gibt es zwar auch niederdeutsche Literatur, aber wissenschaftliche eher nicht, oder? Schleppt man da nicht irgendwie "Hochdeutsche"-Inferenzen ein?
Wieso sollte ich es dir übel nehmen? Das sind doch genau die richtigen Fragen. ;)
Da Niederdeutsch meine Muttersprache ist, bzw. ich auch einen großen Teil zusätzlich noch aktiv gelernt habe, fiel es mir relativ leicht. Es hat auch einen Vorteil, da man quasi mehr Fantasie in seinen Stil einbringen kann, wohingegen im Deutschen man auf bereits bestehenden Stil festgenagelt wird. Es fällt in manchen Domänen daher leichter, in manchen schwerer als im Vergleich zum Hochdeutschen.
Fachwörter kommen sicherlich vor, aber nicht in dem Ausmaße wie man es erwartet. Und die meisten sind eh latein-basierend und da muss man oft nicht unbedingt noch à la Isländisch neue Wörter inventieren, so bleibt "Reduplikation" "Reduplikatschoon", anders kann man aber auch gerne damit spielen und anstatt "Etymologie" "Herkamen" sagen. Es muss natürlich jeweils geschaut werden, ob es nicht zu aufgesetzt ist, wenn ich nun niederdeutsche Eigenkreationen nehme. Gleiches kennt man aus früheren puristischen Phasen im Hochdeutschen, wo man anstatt "Nase" "Gesichterker" sagen wollte. ;)
Die Fachwörter waren weitaus weniger schwierig als manche anderen Wörter. So gibt es im Niederdeutschen die Vorsilben "ent-" und "er-" nicht mehr, welche meinem Gefühl nach in feinsprachlicheren Kontexten häufiger vorkommen. Da dann neue Wörter zu finden, war nicht immer so ganz leicht und ich habe nebenbei alle neuen Wörter in eine Datei eingefügt, mit der ich meine Wörterbucharbeit ergänzen werde.
Am meisten habe ich mich doch eher am Niederländischen orientiert, weil ich darin einen weitaus näheren Verwandten sehe als im Deutschen. Und da Niederländisch ziemlich weit ausgebaut ist, lohnt sich ein Blick eher auf diese Sprache, die dem Niederdeutschen ähnlicher ist, als zum Deutschen. Zumal das Deutsche das Niederdeutsche gerade infiltriert und dermaßen viele deutsche Einflüsse mit einbringt. Da neige ich lieber zu Entlehnungen und Interferenzen mit dem Englischen oder Niederländischen. Ansonsten kann ich natürlich keinen Einfluss aus dem Hochdeutschen ausschließen und gehe auch davon aus, dass er mich, was das Register oder den Satzbau betrifft, durchaus beeinflusst. Ich muss aber sagen, dass man sich bei einem Ausbau meistens an "fertig" ausgebauten Sprachen orientieren müsste. Ein eigener Ausbau würde noch viel mehr Aufwand beanspruchen.
Daher ist die Varietät, von der ich anstrebe, dass sie der Standard sein wird (s. De Plattfoorm, die Standard-Orthografie steht schon, am Wörterbuch arbeite ich), wahrscheinlich selbst für manche Plattsnackers eher befremdlich. Das ist aber ein sehr häufiges Phänomen bei Ausbauten und in meinen Augen mehr als notwendig, bevor die Deutsche Sprache die Niederdeutsche Sprache noch mehr auffrisst.
Die Niederdeutschen sind ja der Ansicht, dass sie bereits einen Stil haben, siehe Narichten op Platt. Allerdings ist das Mumpitz. Bei denen ist das meistens reine, verschriftlichte Dorfsprache. Ein wirklich neues Register wurde da nicht geschaffen, viel eher wird nur scherzhaft mit fekalsprachlichen und "witzigen" sprichwörtlichen Ausdrucksweisen gearbeitet. Das macht mich jedes Mal rasend, die Plattdeutschen sind einfach dermaßen faul, ihre Sprache akkurat auszubauen.