Hallo,
ich kann dir da keine genauen, exakten Dinge sagen, aber ich glaube, dass da mindestens zwei Phänomene ineinander greifen. Du hast Recht, für viele ostfriesischen Gegenden ist der niederdeutsche Einheitsplural auf "-en". Es wäre nun interessant, wie sich die niederdeutsche Sprachkompetenz des Sprechers ausgestaltet. Denn oftmals benutzen Sprecher inkonsequenterweise manche Formen durcheinander, ganz einfach weil sie zum einen ständig mit einer Vielfalt anderer, oft ganz unterschiedlicher Dialekte konfrontiert sind als auch mit dem Deutschen. Ganz besonders "Semisprecher", die eine große passive Sprachkompetenz aber nur eine leidige aktive Kompetenz, neigen dazu Formen zu wählen, die dem Deutschen ähnlicher klingen, sowohl in der Aussprache (scht-, schp-, schl- etc. anstatt st-, sp-, sl-), im Wortschatz (hüüt anstatt vundaag, wer anstatt wokeen, wie geseggt anstatt as seggt) als auch in der Grammatik (-en als Einheitsplural außerhalb des Ostfriesischen oder Schleswigschen, oder auch 3. P. Pl. Objektfall se anstatt jem/jüm, oder sogar Dativ und Akkusativ bei verschiedenen Deklinationen (Adjektiv, Nomen, Pronomen) anstatt dem reinen Objektfall). Das ist etwas, das vor allem bei Semisprechern vorkommt, die zwar viel Sprachkontakt hatten, aber aktiv nur schlecht Platt sprechen und fehlendes Sprachwissen durch deutsches ersetzen.
Auf der anderen Seite ist der Einheitsplural auf "-en" im Vergleich zum "-t"-Einheitsplural eher in der Unterzahl und das auch vor allem, wenn man den zwar kleinen aber dennoch vorhandenen Literaturapparat und andere öffentlichen Sprachgebräuche betrachtet, wo sich inoffiziell das Nordniedersächsische zwischen Hamburg und Bremen als häufigste Varietät und somit als Orientierungsstandard etabliert hat. Da kommt es selbst bei eingefleischteren Ostfriesischsprechern vor, dass sie ad-hoc die Einheitsplurale vertauschen, weil sie beständig mit dem auf "-t" konfrontiert werden.
Und vorletzterens kommt es auch darauf an, woher aus Ostfriesland er kommt. Denn es gibt wie gesagt auch Gegenden, wo der Einheitsplural auf "-t" lautet, zum Beispiel östlich von Ostfriesland und ohnehin an den Dialektgrenzen.
Und zu guter letzt zur "wi hebb"-Form: Auch hier ist es interessant, welche Kompetenzen der Sprecher hat, auch im Missingsch (eine Mischsprache zwischen Deutsch und Niederdeutsch). Im Missingsch zum Beispiel wird niederdeutsche Aussprache und Grammatik auf den deutschen Wortschatz übertragen. Manche niederdeutschen Aussprachephänomene werden sogar ziemlich weit getrieben, zum Beispiel das Tilgen eines fast jeden wortfinalen "-t"s, wenn ein Konsonant davor kommt, außer in den meisten Fällen bei der 3. P. Sg. Flektion oder beim Partizip: "Du lies selbs nich gern innie Zeitunk, richtich? - Dascha verrück! Ich auch nich." In niederdeutschen Dialekten kommt es vor allem in der zweiten Person Singular vor: z. B. "du hes" nebst "du hest". Bei den Pluralpersonen ist es allerdings eher seltener, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass im ganzen Varietätenkomplex zwischen Niederdeutsch-Deutsch-Missingsch die wortfinale t-Tilgung bei dem Sprecher auch in den Pluralpersonen vorkommt. Das ist aber weder kanonisch, noch wirklich häufig. (Zumindest von meiner Warte aus.)
Ich hoffe, ich konnte dir damit ein wenig helfen. Wenn du mehr Fragen hast, hau ruhig raus. :)
Viele Grüße,
Kevin