Der "Sagt man das bei euch?"-Thread

(14.11.2015, 16:30:41)PeterSilie schrieb: Ich kenne das auch als Mock.

Mock hatte ich bisher nur mal als allgemeinen Begriff für Schmutz, Dreck und so weiter gehört. Kennst/verwendest du das so auch, oder tatsächlich nur für Kaffeesatz?

(14.11.2015, 19:35:06)Kevin schrieb: Bei "Mock" muss ich an niederdeutsch "Muckefuck" für Kaffeeersatz aus Getreide in der Nachkriegszeit denken. Es soll aus dem Rheinisch-Westfälischen kommen: rhein. Mucken (verwestes Holz, braune Stauberde) und rhein. fuck (faul). Die Herkunft aus franz. mocca faux wird als unwahrscheinlich angesehen. (Quelle: Sprechen Sie Hamburgisch? Band 1)

Das kenne ich zwar, war aber gar nicht auf die Idee gekommen, dass das zusammenhängen könnte, danke für den Tipp. Wrede (1956) behauptet, dass es eine Art Verballhornung von 'Mutt' ist und findet die französische Herleitung ebenfalls fraglich:

Zitat:Muckefuck m.: Muck, Schlammiges im Teich, übertragen Kaffeesatz, verächtlich dünner, auf bereits ausgekochten Kaffeebohnen oder einem Ersatzmittel (Zochire) aufgeschütteter [sic! :) ] Kaffee; entstellt aus Mutt (Mudd), der zweite Teil fuck ist bloßes Reimwort zu Muck. Herleitung aus frz. mocca faux, falscher Mokka, Ersatzmittel für Kaffe, aus der Zeit der Napoleonischen Kontinentalsperre, ist oft zu hören, aber nicht bewiesen, eine bloße Volksetymologie

(13.12.2015, 15:12:44)Psyvy schrieb: Gibt es eigentlich das Wort Lorenz für Sonne in anderen Gegenden Deutschlands?

Das ist mir völlig unbekannt (...gibt aber der Loren(t)zkraft eine ganz neue Bedeutung ;) )

(14.12.2015, 08:19:01)thf schrieb:

(14.11.2015, 16:30:41)PeterSilie schrieb: Ich kenne das auch als Mock.

Mock hatte ich bisher nur mal als allgemeinen Begriff für Schmutz, Dreck und so weiter gehört. Kennst/verwendest du das so auch, oder tatsächlich nur für Kaffeesatz?

Für Schmutz und derlei kenne ich 'Mocke'. Das Schwa ist hier tatsächlich bedeutungsdifferenzierend.

Kennt ihr den Ausdruck "Der Zug hält an jeder Milchkanne" für Züge, die an jedem noch so kleinen Bahnhof halten? Dachte immer, das wäre allgemein, aber als eine Bekannte aus Münster das neulich im Freundeskreis verwendet hat, war ich als Rheinländerin die einzige, die etwas damit anfangen konnte.

(23.12.2015, 15:05:12)Doriana schrieb: Kennt ihr den Ausdruck "Der Zug hält an jeder Milchkanne" für Züge, die an jedem noch so kleinen Bahnhof halten? Dachte immer, das wäre allgemein, aber als eine Bekannte aus Münster das neulich im Freundeskreis verwendet hat, war ich als Rheinländerin die einzige, die etwas damit anfangen konnte.

Dieser Spruch ist spätestens Allgemeingut, seit Hartmut Mehdorn Chef der Deutschen Bahn AG war.
http://www.zeit.de/2002/37/Betonierer_co...er/seite-2
Mehdorn selbst hatte bis dato und auch danach mit dem Rheinland herzlich wenig zu tun, wie man seinem Lebenslauf entnehmen kann.

Hallo, ich frage mich gerade, ob das Präfix /dad-/ in Wörtern wie "dadrin", "dadrunter", "dadrauf" etc. in ganz Deutschland verbreitet ist, oder ein norddeutsches Phänomen ist. Woher kommen diese Formen eigentlich, ist es nicht ursprünglich eine Doppelung?

Ich glaube, es hieß ursprünglich "darin", "darunter" etc. Das a fiel weg und es wurde zu "drin", "drunter" etc. 
Anschließend wurde wieder ein "da" angefügt. Es handelt sich also nicht um das Morphem /dad-/, sondern vielmehr um /da-/.
Eigentlich heißt "dadrin" "dadarin", wenn ich mich nicht irre.

Also wie du sagtest: Es handelt sich um eine Doppelung.

Ja, genau. Das meine ich, also quasi die verlexikalisierte Form /drin/ wurde nochmal präfigiert durch das gleiche Morphem. Hast du eine Ahnung, inwieweit sich das regional ausgestaltet?

Naja, ich lebe in Berlin, da trifft man auch darauf. Aber du fragtest ja, ob es das auch außerhalb von Norddeutschland gibt. Da kann ich dir leider nicht helfen.
Ich finde auch im Internet auf Anhieb nichts dazu.

Okay, danke. Ich frage nur, weil ich es immer für ein norddeutsches Phänomen gehalten habe und eine niederdeutsche Verbindung bei norddeutschen Dingen ja oft naheliegt, hier aber eher nicht. Im Niederdeutschen wird nämlich gerade nicht gedoppelt oder präfigiert: "Daar is een Twieg an." - "Da ist ein Zweig dran.", "Du büst an." - "Du bist dran." etc.

Ich könnte mir vorstellen, dass der Unterschied darin liegt, dass im Deutschen von dem Präfix "dâr" - 'da' das /r/ nur vor Vokalen erhalten geblieben ist: "dazwischen" versus "darauf". Dadurch, dass die Vorsilbe unbetont ist, war eine Verschleifung zu "dr-" (darauf > drauf) und die 'Monosyllabisierung' mit /dr-/ im Auftakt möglich, während das bei Päpositionen mit Konsonantenauftakt nicht möglich war. Dadurch wurden die Formen mit /dr-/ zu lexikalisierten, monomorphematischen Präpositionen: "drin, drauf, drunter, dran", im Gegensatz zu den bimorphematischen Formen "dazwischen, dahinter, dadurch". Deswegen können nur Präpositionen mit "dr-" verstärkt werden durch erneute Präfigierung durch "da-", da "dr-" keine Betonung mehr zulässt, im Gegensatz zu den unverschliffenen Formen "darauf, darunter, darin". Im Großen und Ganzen sind "drin, drauf, drunter, drüber" zu Synonymen von "in, auf, unter, über" geworden. (Zumindest in den meisten Funktionen.)

Im (Nord-)Niederdeutschen blieb das /r/ aber immer erhalten: "daar / dor" (je nach Orthographie), "daarin, daarünner, daarop" versus "daartwüschen, daardöör", egal also ob die Präposition mit Vokal oder Konsonant beginnt, die Vorsilbe blieb eigensilbig mit /r/ in der Koda. Dadurch konnten nicht wie im Deutschen "drin" und "in" zu (überwiegenden) Synonymen werden. 

Kurz gesagt: Ich finde es immer interessant, im Norddeutschen Phänomene/Eigenschaften auszumachen, die nicht auf das Niederdeutsche zurückgehen. Während Plattdeutschland nämlich größtenteils ohne wirkliche deutsche Dialekte daherkommt (bedingt durch die erst neuere Sprachgebietserweiterung des Deutschen im Norden), ist es interessant zu schauen, wie sich die norddeutsche Umgangssprache immer weiter verändert (und verdialektisiert), in großen Teilen natürlich durch niederdeutschen Sprachkontakt, aber manchmal mit eigenen Neuerungen. Wenn die Doppelung "dadrin" nun wirklich nur im Norden vorkommt, ist das ein interessantes Ding, finde ich.

Deine etymologischen Überlegungen sehen logisch aus; woanders kann ich dazu nichts finden.
Eine Frage bleibt mir aber noch: Du schriebst, "drin" z. B. sei eine Präposition und werde Synonym zu "in" verwendet. Sagst du also: 
"Das Brot ist drin dem Toaster."
oder
"Drin Kuchen gehört Backpulver."
?
So etwas habe ich noch nie gehört oder gesehen. "drin", "drunter" etc. sind Adverbien, sie kommen höchstens ergänzend zu entsprechenden Präpositionen vor:
"Das Brot ist im Toaster drin."

Ich gebe noch einen Denkanstoß: Was hat es mit der Ausnahme dieses Phänomens mit "(da)rein" auf sich?  Gibt es noch mehr Adverbien mit "dar-" die keinen Wegfall von /a/ dulden? Und die als *Präpositionaladverbien nicht mit /da/ präfigiert werden?
"Im Schrank liegt ein Buch."
aber
"In den Schrank lege ich ein Buch rein."
und
"Drin/darin liegt ein Buch."
aber
"Darein lege ich ein Buch."
...

Sorry, das war mal wieder meine undeutliche/falsche Fachschreibung. Da muss ich mir in der Tat mal mehr Mühe geben. Ich bin mittlerweile aus der Übung :( Ich meinte natürlich Adverbien. Und wahrscheinlich meinte ich nicht einmal "Synonyme" in meinem Kopf. Ich sage natürlich "im Toaster" oder zur Verstärkung "im Toaster drin".

Zu deinem Ausnahmefall: Ich bin mir da nicht ganz sicher. Also es gibt ja aber monosyllabische Formen von "darein" wie in "obendrein". Allerdings entstammt das /r/ hier, würde ich sagen, nicht dem alten "dâr-", denn dann gäbe es auch eine unpräfigierte Form "ein" als Präposition, die es aber nicht (mehr) frei gibt. Es gibt sie nur nach als Vorsilbe wie bei "eintreten". Das "da-" wird also schon an die Grundform "rein" gesetzt, die sich als Kurzform aus "herein" ableitet. Deshalb gilt das gleiche hier wie bei den konsonantisch anlautenden Präpositionen oben auch: Es ist die Präposition (in diesem Fall wohl eher Postposition, im Plattdeutschen ist beides möglich "rin de Opfaart" vs. "de Opfaart rin") "rein" wie in "und dann die zweite Auffahrt rein" (für "raus" gilt das gleiche), oder eine Verstärkung durch /da-/ "Ich tue es darein", "Da lege ich das Buch rein." wie in den sonstigen Fällen "Ich tue es dazwischen." und "Da tue ich es zwischen."

Ein Blick auf die fundierte Etymologie  (Quelle duden.de) verrät, dass "darein" aus mhd. /dar-/+/in/ entstanden ist. Nach dem normalen Muster, wonach die Dativadverbien (drunter, drüber etc.) den Akkusativadverbien (drunter, drüber etc.) entsprechen.
Nur dass bei "darin" für den Akkusativ ein e hinzugekommen ist: "darin" (Dativ) > "darein" (Akkusativ). D. h. "in wem" oder "worin" und "in wen" oder "worein".
Nach dem gleichen Muster ist das Präfix /ein-/ in z. B. "eintreten" entstanden: aus mhd. /in-/, was im Falle des Akkusaitv (bzw. der Bewegung) gedehnt wurde zu /ein-/. Das ahd. in kommt aus dem Lateinischen bzw. Griechischen. Im Lateinischen beobachten wir keine Dehnung des Präfix /in-/: inīre (hineingehen, eintreten).

Überdies gibt es die Form von einem widermorphemisch geteilten darunter, darüber etc.:
"Da geht es runter." (zu "Darunter geht es.")
"Da geht es rein." (zu "Darein geht es.")
Und natürlich gibt es den (umgangssprachlichen) Wegfall von /da-/, wobei nur das r übrig bleibt:
"Es geht runter."
"Es geht rein."
Diese Formen repräsentieren den Wegfall von /da-/ aber auch von */he-/ (urspr. /her-/) und /hin-/:
"Geht rauf [=hinauf]." (und: "Geht darauf [=dahinauf]."?)
"Kommt [he]rein."
Dieses /r/, welches umgangssprachlich vom Morphem /dar-/ oder /her-/ abgetrennt ist, bildet heutzutage schon fast ein eigenes Morphem, oder ein *Semimorphem. Man beachte auch den Wegfall von /r/ bei /dar-/ vor Konsonanten: dazwischen, dagegen, dazu etc. Das Morphem /dar-/ existiert aber noch als Präfix vor (konsonantisch anlautenden) Verben: darbieten, dartun, darlegen, darstellen etc. Es ist das gleiche Präfix wie bei "darein", "daraus", "darunter" etc. und gehört zum Wortstamm "der" (Artikel). 

Mit liebem Gruß
Yaouoay